Baden-Baden, Moskau, Watutinki: So läuft die Fußball-WM im Fernsehen

Ganz Deutschland fiebert mit: Am Donnerstag startet die WM, am Sonntag die Mission Titelverteidigung. Wie ARD, ZDF und Sky die Übertragung der Livespiele planen...

So aufwändig produziert die FIFA die Spiele

  • Insgesamt 37 Kameras im Einsatz
  • Acht mit dualer Ausgabe (UHD/HDR und 1080p/SDR) und weitere acht mit dualer Ausgabe (1080p/HDR und 1080p/SDR)
  • Acht Superzeitlupen-Kameras
  • Zwei Ultrazeitlupenkameras
  • Eine Cineflex-Helicopterkamera
  • Eine Cablecam (befestigt an zwei Schnüren, kann mit Tempo dem Geschehen folgen)
  • Erstmals werden alle 64 Spiele in UHD produziert
25 Sendetage, 64 Spiele. Das wohl wichtigste Sportturnier der Welt (gemessen nach Zuschauerzahlen bedeutender als die Olympischen Spiele) steht vor der Tür. Die Welt ist zu Gast in Russland, so die Nicht-Aktiven die Einladungen denn angenommen haben. Das von Wladimir Putin regierte Land hatte einst die Ausschreibung für die WM gewonnen und wird in den kommenden knapp fünf Wochen als Gastgeber für 32 Mannschaften von A wie Argentinien bis U wie Uruguay sein. Das Eröffnungsspiel zwischen Russland und Ägypten wird am Donnerstag, 14. Juni um 17 Uhr deutscher Zeit beginnen. Das Finale ist für Sonntag, 15. Juli – ebenfalls um 17 Uhr deutscher Zeit – angesetzt.

Haupt-Rechteinhaber in der Bundesrepublik sind ARD und das ZDF. Nachdem die Stationen 2006 und 2010 nicht alle Spiele exklusiv anbieten konnten, hat man nun zum zweiten Mal in Folge das volle Paket erworben. Über die Kosten ist nichts Genaues bekannt; pro Spiel belaufen sie sich aber wohl auf einen siebenstelligen Bereich. Ein bisschen einsparen kann man daher bei der Produktion. Der wesentliche Teil der Rahmenberichte wird nicht aus Russland kommen, somit werden zahlreiche Mitarbeiter beider Sender während des Turniers in Deutschland sein. Wie schon beim Confed-Cup vor einem Jahr, der ja als WM-Generalprobe gilt, werden sowohl Das Erste als auch das ZDF ein Studio in Baden-Baden nutzen. Neben dem finanziellen Vorteil betonten ARD und ZDF im Vorfeld auch immer wieder, dass man somit unabhängiger von nicht ganz auszuschließenden störenden äußeren Einflüssen sei.

Abstand zu FIFA und Russland


Skepsis in Richtung Russland besteht also durchaus. SWR-Sportchef Harald Dietz erklärt: „Ein wenig Distanz zur FIFA sowie dem Ausrichterland ist ob der nicht-sportlichen Begleiterscheinungen journalistisch sicher nicht schädlich. Und die Erfahrungen beim Confed Cup waren extrem positiv, so dass wir optimistisch sind, auch die einige Nummern größere WM technisch und inhaltlich perfekt aus Baden-Baden zu stemmen.“ Gespart werde dadurch laut Dietz allein im TV-Bereich mehr als 80 Prozent Fläche im International Broadcast Center (IBC) in Moskau – im Vergleich zu Rio de Janeiro 2014 – sowie rund 20 Prozent ARD-Redaktionspersonal insgesamt.

Watutinki

Eigentlich wollte der DFB ja in Sotchi am Schwarzen Meer residieren. Aber: Für die Spielorte der Elf war Watutinki besser geeignet. Unweit vom Hotel befindet sich das Trainingszentrum von ZSKA Moskau; und somit optimale Bedingungen.
Mit einer entsprechend kleineren Crew sind die Sender direkt vor Ort. An Tagen, an denen die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw nicht im Einsatz ist, werden Katrin Müller-Hohenstein (ZDF) und Gerhard Delling (ARD) vom deutschen Quartier berichten. Die Nationalmannschaft residiert 40 Kilometer abseits von Moskau in Watutinki. Auch dort haben Techniker längst für optimale und zeitgemäße Bedingungen gesorgt. Die Übertragung des TV-Signals erfolgt über eine voll redundante Glasfaserverbindung direkt ins WM-Sendezentrum Baden-Baden. Darüber hinaus steht als mobile Sendeeinheit eine 3-Kamera-SNG zur Verfügung, die via Satellit mit dem NBC in Baden-Baden verbunden ist. Informationen von dort werden nicht nur in den regulären WM-Sendungen abgegriffen, sondern auch für «Morgenmagazin» und «Mittagsmagazin» sowie für die zahlreichen ARD-Hörfunkprogramme.

2x4: Wer kommentiert?


Live aus den Stadien melden sich für Das Erste die Kommentatoren Tom Bartels (etwa beim Eröffnungsspiel), Steffen Simon, Gerd Gottlob und Florian Nass. Für das ZDF sind Bela Rethy, Martin Schneider, Thomas Wark, Oliver Schmidt und Claudia Neumann im Einsatz. Die ersten drei deutschen Spiele begleiten Schmidt (Mexiko am Sonntag), Bartes (23. Juni gegen Schweden) sowie Rethy (Mittwoch, 27. Juni gegen Südkorea). An ZDF-Spieltagen sind in den Stadien unter anderem Sven Voss, Katja Streso und Alexander Ruda unterwegs, Das Erste setzt hier auf Julia Scharf und Ralf Scholt. Expertisen kommen auf beiden Sendern von bekannten und neuen Gesichtern. So hat sich Das Erste für Thomas Hitzlsperger, U-Nationaltrainer Stefan Kuntz sowie den frischgebackenden Trainer des Jahres Hannes Wolf entschieden. Im ZDF sind Fußballer-Spieler und Weltmeister Christoph Kramer, Oliver Kahn, Holger Stanislawski und natürlich Urs Meier für Schiri-Themen griffbereit. Hauptmoderatoren werden Matthias Opdenhövel sowie Alexander Bommes im Ersten sowie die von der Champions League im ZDF bekannten Oliver Welke und Jochen Breyer sein. Die Sendezeiten der ZDF-Live-Übertragungen in der Vorrunde liegen in der Regel zwischen 14.00 und etwa 23.00 Uhr, an den Parallelspieltagen, im Achtelfinale und im Viertelfinale zwischen 16.00 und 22.00 Uhr.

Spielereien im Web


Die WM Stadien

  • Jekaterinburg, Zentralstadion (35.700 Zuschauer)
  • Kaliningrad, Kaliningrad-Stadion (35.200 Zuschauer)
  • Kasan, Kasan-Arena, (45.000 Zuschauer)
  • Nischni Nowgorod, Stadion Nischni-Nowgorod (45.000 Zuschauer)
  • Moskau, Olympiastadion Luschniki (81.000 Zuschauer),
  • Spartak-Stadion (45.400 Zuschauer)
  • Rostow am Don, Rostow-Arena (45.000 Zuschauer)
  • Samara, Kosmos-Arena, (45.000 Zuschauer)
  • Saransk, Mordowia-Arena (45.000 Zuschauer)
  • Sotschi, Olympiastadion (47.700 Zuschauer)
  • St. Petersburg, St. Petersburg-Stadion (69.000 Zuschauer)
  • Wolgograd, Wolgograd-Arena (45.000 Zuschauer)
Online bieten die Sender derweil wieder einige Spielereien an; fraglich, wie oft diese aber wirklich während wichtiger Partien genutzt wird. Der „Taktik-Blick“ zeigt die Verschiebungen auf dem Spielfeld unmittelbar – fast wie im Stadion. Die „Coach-Cam“ begleitet beide Trainer 90 Minuten lang parallel in einem Bild und die „Spider-Cam“ lässt den User während der Partie über den Platz fliegen und liefert beeindruckende Perspektiven. Nicht vermeiden lässt sich dabei die im Internet-Stream grundsätzlich vorhandene zeitliche Verzögerung, die im besten Fall bei 20 Sekunden, im schlechteren Fall bei deutlich mehr liegt. In der Rubrik „My View“ hat man Zugriff auf die Highlights oder strittige Szenen des Spiels. Dort wird jede wichtige Aktion aus verschiedenen Kamera-Blickwinkeln als Abrufvideo angeboten – und dies schon während der Partie. Außerdem ist es möglich, sowohl nach Spielen als auch nach Aktionen zu filtern – auf der Webseite sogar nach Teams und Spielern.

Abgerundet werden die großen WM-Tage durch zahlreiche Dokumentationen, in denen auch ein kritischer Blick versprochen wird – Das Erste liefert Spaßhaftes immer ab etwa 23 Uhr in der von Micky Beisenherz und Jörg Thadeusz moderierten Late-Night-Show «WM Kwartira». Eines bieten ARD und ZDF derweil nicht. Die Rechte für die Spielübertragung in Ultra HD werden von den Sendern nicht genutzt – beide betreiben keinen Kanal in dieser hochauflösenden Form. Von daher hat man 25 Spiele an Sky sublizensiert. Sky wird an jedem WM-Tag eine Partie zeigen – und sich schon mal festgelegt, dass somit alle Auftritte Deutschlands auf Sky Sport UHD zu sehen sind.

4K, also Ultra HD - 2014 noch ein Novum, heute Standard


Für Sky Deutschland ist dies somit nach 2002 und 2006 (damals noch als Premiere) sowie 2010 schon die vierte Weltmeisterschaft. Ohnehin für den Sky-Sportnachrichten SSNHD vor Ort sind die beiden Reporter Uli Köhler und Marc Behrenbeck, die den kompletten Tag über das Wichtige rund um das DFB-Team im Blick haben. Die direkten Rahmenberichte vor den von Sky gewählten Spielen fallen daher etwas kleiner aus. Sky wird in der Regel 15 Minuten vor Spielbeginn mit der Übertragung beginnen. Wolff Fuss wird als Kommentator durch den Vorlauf und letztlich auch durch das Spiel führen. Fuss wird nach jetzigem Stand alle 25 Spiele kommentieren; was zugleich ein neuer Rekord für ihn wäre. Einzig die Geburt seines Kindes, die in den kommenden Tagen und Wochen erwartet wird, könnte das noch verhindern. In diesem Fall stünde, so sagt Sky, ein Back-Up für Fuss zur Verfügung.
12.06.2018 14:58 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/101443