Gegen die Live-Übertragungen aus Russland war in den vergangenen Tagen kaum ein Kraut gewachsen. Wer bekam die meisten verbliebenen Krümel vom Quoten-Kuchen ab, wer verhungerte elendig?
Sie dürften es am Rande mitbekommen haben, liebe Leser: Seit gut einer Woche steigt die Fußball-Weltmeisterschaft in Russland, was für viele Menschen trotz des zumeist eher überschaubaren fußballerischen Niveaus die Frage rasch erübrigt, was denn zu den jeweiligen Anstoßzeiten um 14, 17 und 20 Uhr im Fernsehen konsumiert wird. Aber bekanntlich hat der deutsche Fernsehmarkt ja noch den einen oder anderen Sender mehr zu bieten als den Einen, der sich schon am frühen Nachmittag regelmäßig über gut vier Millionen Zuschauer und rund 40 Prozent Marktanteil in beiden wichtigen Zuschauergruppen (ab 3 Jahren, 14-49 Jahre) freuen kann. Und genau auf dieses televisionäre Beiwerk zum obligatorischen Marktführer wollen wir uns fokussieren: Welches der sieben großen Vollprogramme konnte in den vergangenen Tagen um 14 Uhr seine Verluste zumindest in Grenzen halten, welches leidet unter akutem Zuschauermangel?
Sitcoms, Serie und Scripted Reality: ProSiebenSat.1 schlägt sich beachtlich
MA-Vergleich vor -> seit WM-Beginn
- S1: 11,3% / 9,8% -> 7,8% / 6,9%
- P7: 5,9% / 13,9% -> 3,8% / 8,5%
- k1: 5,6% / 7,7% -> 3,8% / 6,6%
Durchschnittliche Marktanteile der ProSiebenSat.1-Sender in den letzten fünf Tagen vor bzw. seit dem Start der Fußball-WM für ihre 14-Uhr-Formate. Sat.1 zeigte zuvor «Inspektion 5» und seither «Aus Streife».
Sehr ordentlich ziehen sich in diesen Tagen alle drei großen Sender von ProSiebenSat.1 aus der Affäre:
«Auf Streife» erreichte hierbei in den vergangenen Tagen im Schnitt über 0,8 Millionen Zuschauer, womit die Sendung aktuell das beim Gesamtpublikum mit Abstand gefragteste Angebot eines Privatsenders überhaupt darstellt und hinsichtlich ihrer Marktanteile wirklich gute 7,2 bis 8,5 Prozent vorzuweisen hat. Auch in der werberelevanten Zielgruppe liegt ein Vertreter der Sendergruppe derzeit in Front, genauer gesagt kommt hier
«Two and a Half Men» mit seiner späteren Folge gegen 14:20 Uhr auf immerhin knapp neun Prozent im Schnitt - wenngleich die Montagsausgabe mit tollen 10,9 Prozent die ansonsten vorherrschenden mäßigen 7,4 bis 8,6 Prozent ein wenig kaschiert. «Auf Streife» hat hier aktuell mit zumeist rund sieben Prozent kein großes Spektakel zu bieten, ist aber weit davon entfernt, komplett zu versagen.
Und dann wäre da noch kabel eins zu nennen, das mit alten
«The Mentalist»-Ausgaben als einziger großer Sender trotz WM auf diesem Slot aktuell fast durchgängig auf überdurchschnittliche Marktanteile in beiden Konsumentengruppen zu verweisen hat. Dafür langen beim Gesamtpublikum bereits rund 0,4 Millionen Interessenten, da diese normalerweise mit knapp vier Prozent einhergehen. Vor allem aber die Werte bei den 14- bis 49-Jährigen wissen zu begeistern, da die Crime-Serie hier zwischen Dienstag und Donnerstag mit 6,5 bis 8,2 Prozent ausnahmslos meilenweit oberhalb der Norm von rund fünf Prozent performte - erst am Freitag ging es dann auf maue 4,4 Prozent hinab. Gleichwohl ist anzumerken, dass alle drei Sender in den vergangenen Tagen klar an Zuspruch eingebüßt haben gegenüber den letzten Tagen ohne WM bei der Konkurrenz (siehe Infobox) - was dahingehend interpretiert werden kann, dass die gesendeten Formate dort schlichtweg sehr stark performen, nicht aber eine bemerkenswert stark ausgeprägte Robustheit gegenüber dem runden Leder als Kontrahenten vorweisen können.
Beim «Blaulicht Report» schrillen die Alarmglocken, VOX kämpft sich ins Mittelmaß
MA-Vergleich vor -> seit WM-Beginn
- RTL: 6,4% / 10,6% -> 5,3% / 6,2%
- VOX: 3,8% / 9,0% -> 3,0% / 7,0%
- RII: 1,9% / 5,1% -> 1,4% / 3,5%
Durchschnittliche Marktanteile der Sender der RTL-Gruppe in den letzten fünf Tagen vor bzw. seit dem Start der Fußball-WM für ihre 14-Uhr-Formate. RTL zeigte noch bis Freitag «Meine Geschichte - Mein Leben», seit Montag läuft «Der Blaulicht Report».
Den kompletten Gegenentwurf zur durchweg ordentlichen Bilanz der drei im vorherigen Kapitel angesprochenen Sender stellt RTLs
«Blaulicht Report» dar, der in dieser Woche gerade einmal noch gut eine halbe Million Zuschauer erreicht - für kabel eins oder RTL II wären das gute Werte, doch der größte werbefinanzierte Sender des Landes kann sich mit den damit einhergehenden 5,1 bis 6,4 Prozent Gesamt-Marktanteil schlichtweg nicht begnügen, auch nicht gegen eine Weltmeisterschaft. Zumal die Zahlen in der Zielgruppe mit nur 4,6 bis 7,6 Prozent ähnlich verheerend ausfallen (einzig am Freitag wurden einigermaßen akzeptable 9,7 Prozent verbucht), womit man an einigen Tagen unter den großen Privaten einzig Schwestersender RTL II mit seinen
«Köln 50667»-Reruns zu überholen weiß. Vom starken Donnerstag (6,0 Prozent) einmal abgesehen sind hier momentan nur rund drei Prozent der 14- bis 49-Jährigen zu holen, insgesamt schauen gemeinhin nicht einmal 0,15 Millionen Menschen zu - entsprechend mickrig fällt der Marktanteil mit nur gut einem Prozent aus.
Zumindest nicht ausschließlich rote Zahlen springen einem bei Betrachtung der Werte des VOX-Formats
«Mein Kind, dein Kind» ins Auge, das in der Zielgruppe in diesen Tagen zwischen mauen 5,3 Prozent und schönen 8,3 Prozent des umworbenen Publikums schwankt und im Schnitt immerhin knapp sieben Prozent verzeichnet. Das altbekannte Problem der Dokusoap: Die älteren Menschen schauen kaum zu, derzeit langen gut 0,3 Millionen etwa nur zu knapp drei Prozent Marktanteil. Der Vergleich der Marktanteilsentwicklung (siehe Infobox) lässt zudem nicht den eventuell naheliegenden Schluss zu, dass sich mit einem tendenziell frauenaffineren Format wie einer Erziehungs-Dokusoap die Verluste gegen die Männerdomäne Fußball überschaubarer halten lassen. Einzig der dramatische Abstieg des RTL-Nachmittags binnen einer Woche in der Zielgruppe sticht ins Auge - kann allerdings auch damit zusammenhängen, dass «Meine Geschichte - Mein Leben» schlichtweg weniger wenig gefragt ist als «Der Blaulicht Report».
Erste Tendenzen bei ARD und ZDF: «Rote Rosen» hält sich meist zweistellig
Äußerst schwierig mutet der Blick auf die Werte an, welche die beiden öffentlich-rechtlichen Sender an den Tagen einfahren, an denen sie die WM-Spiele nicht übertragen können und folglich mit regulärem Programm über die Runden kommen müssen. Bei
«Rote Rosen» deutet sich allerdings nach drei Ausstrahlungstagen unter verschärften Bedingungen allerdings an, dass es ein ziemlich treues Stammpublikum besitzt: Stets sahen in etwa 1,2 Millionen Menschen zu, womit man hinsichtlich seiner Reichweite noch nicht einmal signifikante Verluste gegenüber "normalen" Tagen zu verzeichnen hat. Die Marktanteile fielen mit 9,1 bis 11,6 Prozent etwas schwächer aus als im Normalfall (zuletzt meist 13 bis 14 Prozent), können sich aber dennoch sehr gut sehen lassen. Und bei den Jüngeren lief es mit 2,8 bis 4,6 Prozent zwar eher schlecht, aber auch hier lassen sich kaum relevante Unterschiede gegenüber dem Regel-Wettbewerb ausmachen - schlichtweg aus dem Grund, dass die Telenovela ein ziemlich altes Publikum anspricht.
Zweimal ging überdies im ZDF
«Stadt, Land, Lecker» auf Zuschauerjagd, wobei die Montagsfolge mit 1,30 Millionen und 10,9 Prozent noch ganz ordentlich davon kam, bevor es am Mittwoch dann auf eher triste 0,88 Millionen und 8,2 Prozent bergab ging. Am Montag ging man allerdings auch erst gegen 14:35 Uhr ins Rennen, da zuvor in einem «heute spezial» über die neuesten Entwicklungen im unionsinternen Asylstreit aufgeklärt wurde. Bei den 14- bis 49-Jährigen lief es mit 3,9 und 3,2 Prozent ähnlich mau wie im Ersten. Und normalerweise? Da kann «Die Küchenschlacht» auf knapp 1,4 Millionen Zuschauer und ordentliche Gesamt-Marktanteile verweisen, die auf ähnlicher Flughöhe wie «Rote Rosen» liegen. Bei den Jüngeren läuft es gemeinhin mit fünf bis sechs Prozent unspektakulär.