Mit «Einstein Junior» hat RTL am Samstagabend eine US-Show adaptiert, in der hochbegabte Kinder gegeneinander antreten. Dazwischen: Der hochbegabte Parodist Max Giermann, dessen Einspieler hier jedoch wie ein Fremdkörper wirken.
Das deutsche Fernsehen hat mal wieder eine neue Show mit talentierten Kindern, juhu. RTL hat nämlich ein solches Format vom US-Sender NBC adaptiert: «Genius Junior», eingedeutscht heißt das Ganze also einfach
«Einstein Junior». Darin zu sehen sind hochbegabte Kinder (8 bis 13 Jahre alt), die perfekt gecastet wurden: Dabei sind Basketballspieler, Sprachkünstler sowie Nachwuchserfinder und sogar ein Fan von Michael Jackson hat sich daruntergemischt. Bevor Sie fragen: Ja, der Moonwalk wurde vorgeführt.
Drei Dreier-Teams müssen insgesamt fünf Spielrunden überstehen; das beste Team zieht ins Finale ein, das allerdings erst am Ende der vierteiligen Staffel zu sehen sein wird. Bis zu 60.000 Euro winken dann, mit Sicherheit freut das auch ein klein wenig die mit angereisten und daueranfeuernden Eltern. Hust.
Was in den USA mit «How I Met Your Mother»-Star Neil Patrick Harris in einer knackigen Stunde passiert, muss in Deutschland leider unnötig aufgebläht werden. Fast das Doppelte der US-Sendezeit benötigt «Einstein Junior» hier. Weil man sich wohl irgendwie gedacht hat: Wir haben Comedian Max Giermann als Moderator, der ist „vielseitiger als der Thermomix“. Also muss er auch gefälligst seine Parodien machen und lustig sein. Ob das da reinpasst? Nicht so wichtig. Die Figur Albert Einstein hat sich Giermann ja sogar extra für die Show drauf geschafft.
Also sieht man zwischen den Spielrunden, wie zwei ungleiche Typen in einer WG zusammenleben: Jorge González (der Typ von «Let’s Dance» und «Germany’s Next Topmodel», Sie wissen schon) und Albert Einstein (der Typ, der die Relativitätstheorie gedroppt hat). Ebenfalls dabei: Promi-Kommentare in «Chartshow»-Manier, inklusive einem deutschsprechenden Donald Trump. Weird.
Auch in seinen Moderationen wechselt Giermann gelegentlich seine Persönlichkeit, besonders gerne vor den Werbepausen. Giermann ist weiterhin ein Meister seines Fachs, das steht außer Frage. Doch seine Parodien zünden zumindest in diesem Umfeld nicht wirklich. Einige Gags gehen unter; teils abgestandene Bohlen-, Raab- oder Kahn-Nachahmungen wirken irgendwie oft erzwungen. Diese Einschübe sollen womöglich kompensieren, dass die Spielrunden alleine ziemlich schnell ausgelutscht sind. Die Kleinen haben unter anderem Bahnstrecken und Mau-Mau-Karten auswendig gelernt, Wörter wie „Feuersalamander“ oder „Erdbeerjoghurt“ können sie rückwärts buchstabieren. Kopfrechnen liegt ihnen ebenfalls, wobei Punkt-vor-Strich-Rechenfanatiker am besten gleich alle beide Augen zudrücken sollten.
© Screenshot RTL
Das üben wir nochmal ...
Bitte nicht falsch verstehen: Dass die Kleinen so viele Dinge so schnell und gut können, ist durchaus beeindruckend. Beim ersten Mal Zusehen. Doch schon beim zweiten und dritten Mal ist der Zauber verpufft. (Und in den kommenden Wochen werden dieselben Spiele wiederholt!) Zumal man als Otto-Normal-Zuschauer auch nicht groß miträtseln kann, da viele der Antworten binnen Sekunden kommen und vielleicht nicht jeder Zuseher passionierter Bahnfahrer ist und alle möglichen Haltestellen Deutschlands im Kopf hat.
Als Moderator muss sich Giermann noch finden: Beim Smalltalk-Teil mit den Kindern springt der Funke nicht immer über, was eventuell mitunter daran liegt, dass die Kinder auf Teufel komm raus abliefern wollen. Letzteres geht sogar so weit, dass ein Team ein vergeigtes Spiel unbedingt wiederholen will – nur um zu zeigen, dass sie es eben doch besser können. Giermann lässt das zu, wirklich glücklicher sehen die Kids danach aber auch nicht aus.
Was man «Einstein Junior» auf jeden Fall zu Gute halten muss: Es ist unaufgeregte Familienunterhaltung, an der sich keiner stören wird. Außer vielleicht solche Leute, die eine Klugscheiß-Kinder-Allergie haben. (Davon gab es am Samstagabend ja offensichtlich so einige bei Twitter.) Trotzdem: Eine gänzlich runde Angelegenheit ist «Einstein Junior» nicht. Glauben Sie mir, denn ich kann „Rentner“ rückwärts buchstabieren!