Regisseur Ed Herzog legt nach: «Sauerkrautkoma» ist der neueste Eberhofer-Krimi in Filmform und knüpft qualitativ an die solide «Grießnockerlaffäre» an.
Filmfacts: «Sauerkrautkoma»
- Start: 09. August 2018
- Genre: Komödie/Krimi
- Laufzeit: 97 Min.
- FSK: 12
- Kamera: Sebastian Edschmid
- Musik: Martin Probst
- Buch: Stefan Betz, Ed Herzog
- Regie: Ed Herzog
- Darsteller: Sebastian Bezzel, Lisa Maria Potthoff, Enzi Fuchs, Eisi Gulp, Simon Schwarz, Frederic Linkemann, Max Schmidt
- OT: Sauerkrautkoma (DE 2018)
Der bayerischen Romanautorin Rita Falk ist mit ihren Eberhofer-Krimis der ganz große Wurf gelungen. Erst vor wenigen Monaten kam mit «Kaiserschmarrndrama» ihr nunmehr neuntes Werk rund um den Dorfpolizisten Franz Eberhofer in den Handel. Seit einigen Jahren erfahren ebendiese Krimikomödien auch eine Leinwandadaption, die sich vor allem im bajuwarischen Raum eine große Fangemeinde aufgebaut haben. Kämen die Filme auch über den Weißwurstäquator hinaus so gut an, wären sie jedes Jahr ganz oben in den deutschen Kinocharts zu finden. Und selbst wenn sich Falk demnächst eine Auszeit gönnen sollte: Noch liegen vier bislang unverfilmte Bücher bereit, die auf ihre Kinoauswertung warten. Zunächst einmal folgt jetzt aber das «Sauerkrautkoma» – und einmal mehr muss die mit jeder Menge trockenem Humor ausgestattete Hauptfigur nicht bloß einen Mordfall aufklären, sondern sich auch mit ihren privaten Problemen auseinandersetzen.
Nach der innerhalb der Reihe besonders gelungenen «Grießnockerlaffäre» knüpft der neueste Film genau an diese Stärken an und findet wieder die Balance zwischen dem kriminellen und dem amourösen Aspekt der Story, der bei «Schweinskopf al dente» fast kaum noch funktionierte. Das macht «Sauerkrautkoma» auch diesmal wieder zu perfekt auf sein Zielpublikum zugeschnittener Schmunzelkrimiunterhaltung, die bislang noch ganz ohne Ermüdungserscheinungen daherkommt.
Franz zieht's nach München
Provinzpolizist Franz Eberhofer (Sebastian Bezzel) wird neuen, nervenzerfetzenden Belastungen ausgesetzt: Er wird nach München „strafversetzt“. Das bedeutet für ihn Wohngemeinschaft mit seinem eigenwilligen Kumpel Rudi (Simon Schwarz) und seine Widersacherin Thin Lizzy (Nora Waldstätten) als strenge Chefin. Kein Wunder, dass Franz zurück will nach Niederkaltenkirchen. Dort wartet die größte Herausforderung auf ihn: Karl-Heinz Fleischmann (Gedeon Burkhard), früher der pickelige „Fleischi“ und nun erfolgreicher Geschäftsmann, ist wieder aufgetaucht und macht sich an seine Susi (Lisa Maria Potthoff) ran. Diesmal gibt es keinen Ausweg: Franz ist seiner ewigen On-Off-Freundin den längst überfälligen Heiratsantrag schuldig. Zum Glück findet sich bald eine Frauenleiche im Kofferraum vom Papa (Eisi Gulp), die den Eberhofer zurück in die Heimat und an Omas (Enzi Fuchs) Kochtöpfe führt. Die Aufklärung erledigt der Franz so lässig wie immer, die abführende Wirkung von Sauerkraut lässt er besser Rudi ausprobieren, wenn es aber darum geht, bei der Susi einen ordentlichen Heiratsantrag zu vollstrecken, stößt er doch an seine Grenzen.
Das Problem des Vor-Vorgängers von «Sauerkrautkoma» war der, dass der Nebenhandlungsstrang um Franz‘ und Susis Beziehungsprobleme einfach viel zu viel Erzählzeit beanspruchte. Die Dynamik des eigentlich im Mittelpunkt stehenden Mordfalls geriet ins Stocken und «Schweinskopf al dente» kündigte an, das schleichende Ende der Eberhofer-Krimifilme einzuläuten. Doch schon mit «Grießnockerlaffäre» änderte der Regisseur seinen Kurs und im Falle von «Sauerkrautkoma» finden die Autoren Ed Herzog und Stefan Betz («Grenzverkehr») nun wieder den optimalen Mittelweg aus Schmunzelkrimi und Liebes-Wirrwarr. Das hängt vor allem damit zusammen, dass es zwischen den beiden Turteltäubchen diesmal nicht länger um die langsam ermüdende Frage
„Kriegen sie sich, oder kriegen sie sich nicht?“ geht, sondern um Hochzeitsvorbereitungen. Und dass ein so wichtiges Ereignis Franz‘ Gemütszustand beeinflusst, ist nachzuvollziehen.
Umso überraschender ist da das Finale: die Geburt eines Babys wird hier lediglich im Rahmen eines Epilogs abgehandelt. Dabei wäre es im Anbetracht der bisherigen Eberhofer-Filme alles andere als erstaunlich gewesen, hätte sich die Baby-Frage sowie die ganze Schwangerschaft nicht mindestens auch über mindestens drei Filme hingezogen. So aber kommt ordentlich Tempo in die bislang doch arg auf der Stelle tretende Beziehung zwischen Franz und Susi. Für zusätzliche Würze sorgt obendrein ein neuer Verehrer, der Susi ganz ungeniert schöne Augen macht.
Zwischen Mord und Hochzeit
Der in «Sauerkrautkoma» behandelte Kriminalfall, den Sebastian Bezzel (demnächst auch in der Episodenkomödie «Safari – Match Me If You Can» zu sehen) mit gewohnt trockener Ermittlerattitüde aufzuklären versucht, wird seiner Bezeichnung diesmal auch wirklich gerecht. Wenngleich die Frage nach dem Täter auch hier weniger spannend ist, als der von den spleenigen Figuren bestrittene Weg dorthin, ist die Auflösung aufgrund der zuvor sehr eindeutig gelegten Täterspur durchaus überraschend. Es wäre nicht verwunderlich, wenn selbst ein krimierfahrenes Publikum den falschen Fährten der Macher auf den Leim geht. Darüber hinaus ist es nun mal wirklich unterhaltsam, wenn Franz und sein exzentrischer Kumpel Rudi mal eben eine Klempnerfirma erfinden, nur um sich Zutritt in das Haus der Verdächtigen zu verschaffen (die beste Szene des Films).
Aber auch die Aufeinandertreffen mit dem Pathologen Günther, der, von Michael Ostrowski («Er ist wieder da») gespielt, wie ein entfernter Verwandter von Jan Josef Liefers‘ Professor Boerne aus dem «Tatort» anmutet, gehören zu ebenjenen Szenen in «Sauerkrautkoma», in denen das komödiantische Timing am besten funktioniert. Darüber hinaus ist es aber auch ungemein entlarvend, wenn Franz seinem Günther ungefragt die Leiche auf den Seziertisch knallt, in der Hoffnung, von ihm mehr über die Todesumstände zu erfahren.
Damit ist auch «Sauerkrautkoma» in erster Linie eine Aneinanderreihung von Szenen, in denen die deftig-liebevollen Karikaturen bayerischer Zeitgenossen all ihre Spleens und Eigenheiten auffahren können. Da kaum Jemand diese so hervorragend trifft, wie aktuell Rita Falk, ist der Erfolg der «Eberhofer»-Krimis absolut nachzuvollziehen. Sebastian Bezzel hat seine Figur mittlerweile perfekt verinnerlicht und agiert als zwischen permanenter Genervtheit und leidenschaftlicher Ermittlung changierender Kommissar, an dessen Stelle man sich mittlerweile niemand Anderen mehr vorstellen kann. Auch unter den Nebencharakteren gibt es ein Wiedersehen mit alten Bekannten. Franz‘ komplette Sippschaft ist wieder am Start und brilliert in den bekannten Rollen als Vater, Oma und bester Freund. In «Sauerkrautkoma» geht es nicht mehr darum, den bewährten Figuren neue Seiten abzugewinnen.
Stattdessen spielen sie alle gewohnt souverän auf und sorgen für ein Wohlgefühl der Heimeligkeit. Ebenfalls kaum verändert hat sich das audiovisuelle Erscheinungsbild. Während die Instrumentalmusiken direkt vom bayerischen Volksfest zu stammen scheinen, bleibt sich Kameramann Sebastian Edschmid («Die Abenteuer des Huck Finn») treu und setzt auf gefällige, bisweilen überbelichtete Bilder, die im Fernsehen vermutlich besser aufgehoben wären, als auf der Leinwand. Das Publikum wird das vermutlich nicht stören. Es bekommt, was es erwartet. Und aus dieser Sicherheit heraus sind die Eberhofer-Krimis nun mal zu einem soliden Unterhaltungslieferanten geworden. Wem’s gefällt…
Fazit
Außenstehende dürfte auch «Sauerkrautkoma» nicht davon überzeugen, dass die Eberhofer-Krimis mehr sind, als bayerische Leinwand-«Tatorte». Doch einmal mehr gelingt es Ed Herzog, die Gepflogenheiten rund um den Weißwurstäquator auf trockenhumorige Weise einzufangen und mit einem soliden Mordfall zu kombinieren.
«Sauerkrautkoma» ist ab dem 9. August bevorzugt in den süddeutschen Kinos zu sehen.