«The Domestics» - Brutale Hatz durch die zerstörten USA

In «The Domestics» kämpfen die letzten Überlebenden eines zerstörten Amerika um ihre Freiheit und ihr Land. Regisseur Mike P. Nelson fährt dafür viele kraftvolle visuelle Ideen auf, doch die Erzählung selbst präsentiert sich nur halb so durchdacht.

Filmfacts: «The Domestics»

  • Start: 23. August 2018
  • Genre: Thriller/Horror
  • Laufzeit: 95 Min.
  • FSK: 16
  • Kamera: Maxime Alexandre
  • Musik: Nathan Barr
  • Buch & Regie: Mike P. Nelson
  • Darsteller: Tyler Hoechlin, Kate Bosworth, Sonoya Mizuno, David Dastmalchian, Lance Reddick
  • OT: The Domestics (USA 2018)
Egal ob logische Konsequenz, Zufall oder beides: «The Domestics» ist bis über beide Ohren ein Film aus der „Ära Trump“. Regisseur Mike P. Nelson («Studio Luma») entwirft ein Szenario auf Basis von Zuständen, bei denen man noch nicht einmal ein Zyniker sein muss, um die Vermutung anzustellen, dass die Vereinigten Staaten von Amerika heutzutage deutlich weniger weit davon entfernt sind, als noch vor ein paar Jahren. Zu Beginn wirft Nelson, der auch das Drehbuch verantwortete, all das in die Waagschale, was nicht nur in seinem Heimatland, sondern auch in vielen anderen Ländern auf der Welt gerade schiefläuft beziehungsweise zu einem Zustand führt, der nur einen Steinwurf von bürgerkriegsähnlichen Spannungen entfernt scheint: politische Konflikte, Rassenunruhen, Armut, Verschuldung, Gewalt Überbevölkerung und schwindende Ressourcen, um nur einen Teil zu nennen. In einer Filmreihe wie «The Purge», in der es schon lange auch direkte Querverweise auf die aktuelle Weltpolitik gibt, mündeten derartige Zustände in eine einzige Nacht im Jahr, in der für 12 Stunden alle Verbrechen erlaubt sind.

In «The Domestics» entwirft der Autorenfilmer daraus ein irgendwo zwischen «Mad Max» und den pervers-unterhaltsamen Fantasien eines Rob Zombie angesiedeltes Endzeitszenario, in dem das Recht des Stärkeren gilt. Doch mehr als ein Sammelsurium an Versatzstücken bekannter Genrevertreter ist sein Film, abseits der atmosphärischen Weltenbildung, nicht geworden.

Dystopie für Fortgeschrittene


Die USA sind am Ende. Als Teil von menschengeschaffenen, katastrophalen Ereignissen werden Toxine über den gesamten Vereinigten Staaten freigesetzt. Während die meisten sterben, sind manche seltsamerweise immun. Die Überlebenden flüchten im Norden oder Süden über die Grenze, lassen dabei alles und das Leben, wie sie es kennen, zurück. Ohne Stromnetz sind die letzten Verbliebenen machtlos in dem weiten und leeren Gebiet, das sie ihr Zuhause nannten. Großstädte bleiben als Grabstätten zurück. Überlebende schließen sich in ländlichen Gruppierungen zusammen und bilden eine primitive Konter-Kultur gleichgesinnter Banden, die im Land verstreut sind und eine neue Landschaft plündern. Unter ihnen die Eheleute Nina (Kate Bosworth) und Mark (Tyler Hoechlin), die auf der Suche nach Sicherheit verzweifelt durch die verwüstete und gesetzlose Landschaft hetzen. Sie müssen zusammenarbeiten, während sie bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit getrieben werden, um zu überleben.

Das Worldbuilding in «The Domestics» gerät tatsächlich äußerst stimmig. In dreckige Sepia-Farben eingehüllt, besteht die Kulisse vorwiegend aus menschleeren Straßen und verfallenen Städtchen, in deren Winkeln und Ecken zu jeder Zeit gefährliche, sadistische Gangs lauern können. Unterwegs treffen die Protagonisten hin und wieder auf ebendiese brutalen Widersacher, die sich vorwiegend in zu Kampfmaschinen hochgerüsteten Monster-Vehikeln fortbewegen und dabei nicht selten gruselige Masken und furchteinflößende Kostümierungen tragen. Über allem sorgt der offenbar letzte verbliebende Radiomoderator für einen süffisanten Kommentar der endzeitlichen Ereignisse, was allerdings nicht halb so bissig ausfällt, wie es im Anbetracht der Zustände angebracht wäre.

Darüber hinaus sorgt das Erscheinungsbild der Hinterweltlergangs zwar tatsächlich hier und da für Angst und Schrecken, doch mit der Zeit ereilt ein mehr und mehr der Eindruck, ein Rob Zombie hätte aus dieser Szenerie einfach deutlich mehr an perfidem Gewalt-Eskapismus herausgeholt. Denn wann immer es in «The Domestics» so richtig gefährlich zu werden droht, bricht Mike P. Nelson seine Szene einfach ab. Erst im Finale lässt der Filmemacher endlich jene Anarchie walten, die sich in den achtzig Minuten zuvor nur erahnen lässt. Doch wer bis dahin bereits die Lust am Leinwandgeschehen verloren hat, dem lässt sich daraus kein Vorwurf machen.

Für eine gute Welt muss man kämpfen. Wirklich?


Das liegt vor allem daran, dass es sich mit den beiden Hauptfiguren Nina und Mark West nur schwer mitfiebern lässt. Dass das längst völlig zerstrittene Ehepaar über die furchtbaren Ereignisse mit der Zeit wieder zusammenfindet, ist vor allem im Katastrophenfilm ein gängiges Motiv. Es schweißt einen eben zusammen, wenn man gemeinsam etwas Schlimmes durchsteht. In «The Domestics» ist nur leider das Problem, dass man von der einstigen Liebe zwischen den Eheleuten nie etwas bemerkt. Und so starren die beiden auf ihrer Odyssee durch die Vereinigten Staaten vorwiegend schlecht gelaunt geradeaus. Dass zwischen Kate Bosworth («Before I Wake») und Tyler Hoechlin («Fifty Shades of Grey: Befreite Lust») also zu keinem Zeitpunkt so etwas wie eine Chemie entsteht, ist daher nicht nur der Tatsache geschuldet, dass Bosworth sich ihre Gesichtsmimik ganz offensichtlich mit Nervengift hat lahmlegen lassen und Tyler Hoechlin nicht der stärkste Schauspieler ist.

Es sind vor allem das Skript und die Umstände, die den beiden keinerlei Möglichkeiten geben, sich auch über das gegenseitige Anschweigen hinaus zu profilieren. Irgendwann ist man daher über jede noch so lahme Attacke dankbar, denn dann passiert auf der Leinwand endlich einmal etwas.

Es ist nicht so, als wäre «The Domestics» völlig frei von guten Momenten. Ein aus dem Ruder laufendes Dinner und auch das anarchische Finale zeigen nicht nur, dass Mike P. Nelson Action stimmig inszenieren kann, sondern auch, dass er durchaus in der Lage ist, Spannung und Atmosphäre zu schüren, indem er das Publikum über seine Pläne im Unklaren lässt. Vorhersehbar ist sein mit Horroranleihen versehener Thriller nämlich ganz und gar nicht und damit hat er vielen anderen Genrevertretern dieser Art etwas voraus. Gleichwohl wird vor allem im Schlussakt deutlich, dass «The Domestics» in seiner pessimistischen Weltensicht noch weitaus radikaler ist, als zum Vorbild genommene Filme wie «Mad Max» und Co. Mike P. Nelson verweigert sich einer optimistischen Auflösung und entlässt seine Protagonisten in eine ungewisse Zukunft, aus der sich vor allem eines ableiten lässt: Die Gesellschaft ist am Ende! Soviel pessimistisches Denken muss man erst einmal schlucken.

Genauso wie einige zuvor eingestreute Aussagen und Storydetails, die einen den Unterhaltungswert von «The Domestics» schon mal in Frage stellen lassen. Und um das zu verdeutlichen schließen wir diese Review mit einem Zitat: „Wenn die Welt vor die Hunde geht, werden die Guten verrückt. Die Cleveren aber werden böse.“

Fazit


«The Domestics» ist ein atmosphärisch stimmiger Endzeit-Thriller, der dem Genre erzählerisch jedoch keine neuen Impulse hinzuzufügen hat und an dem man aufgrund der austauschbaren Hauptfiguren schnell die Lust verliert.

«The Domestics» ist ab dem 23. August in den deutschen Kinos zu sehen.
22.08.2018 10:00 Uhr  •  Antje Wessels Kurz-URL: qmde.de/103186