Murphy's Law war gestern, nun gilt «Arthurs Gesetz»: Die schwarzhumorige Krimiserie zeigt Jan Josef Liefers als Versager, der eine Mordserie in Gang setzt. Zudem mit an Bord: Nora Tschirner, Martina Gedeck und Cristina do Rego.
Serienfacts: «Arthurs Gesetz»
- Regie: Christian Zübert
- Darsteller: Jan Josef Liefers, Martina Gedeck, Nora Tschirner, Christina do Rego, Robert Gallinokwski, Ronald Kukulies
- Drehbuch: Benjamin Gutsche (Headautor), Ceylan Yildirim, Sebastian Bleyel
- Kamera: Ngo The Chau
- Musik: Christoph Blaser
- Schnitt: Andrea Mertens
- Ausführende Produzenten: Moritz von der Groeben, Nataly Kudiabor, Anke Greifeneder, Hannes Heyelmann
Zwei «Tatort»-Größen irren durch die neue Serie «Arthurs Gesetz»: Jan Josef Liefers, auch bekannt als der exaltierte Pathologe Prof. Boerne aus Münster, und Nora Tschirner, die im Weimarer «Tatort» die rastlose Kriminalkommissarin Kira Dorn spielt. In dieser schwarzhumorigen Serie, übrigens die bisher teuerste Produktion von Turner in Deutschland, geben sie aber nicht weiter die eigenwilligen, aber integren Ermittler. Ebenso wenig bleibt die beliebte Schauspielerin Martina Gedeck in diesem Format ihrem allgemeinen Rollenimage treu. «Arthurs Gesetz» bürstet die drei Publikumslieblinge gegen den Strich und lässt sie vor gräulicher Kulisse durch einen (positiv) staubtrockenen, pechschwarzen Plot voller makabrer Tode stolpern …
Es ist ein trister Ort, in dem der arbeitslose, nur noch eine Hand sein Eigen nennende Arthur Ahnepol (Jan Josef Liefers) sein Dasein fristet. Tiefste Provinz. Leblos. Und in seiner Ehe findet der ewige Pechvogel auch keine Erlösung: Seine Frau (Martina Gedeck) ist ein selbstsüchtiger, das wenige vorhandene Geld verprassender Drachen. Als Arthur an seinem 50. Geburtstag beim Amt von der dauergenervten Frau Lehmann (Nora Tschirner) runter gebuttert wird, trottet er daher erstmals in eine nahe gelegene, runtergekommene Kneipe. Dort lernt er die freundliche, von einer Gesangskarriere träumende Jesse (Cristina do Rego) kennen, die eine Schwäche für ältere Männer hat. "Ab 40 schwingen die Eier so schön frei". Arthur denkt über einen kleinen Seitensprung nach. Ein Gedanke, der schwere Folgen haben sollte …
Ohne, dass es je ausgesprochen wird, zeigt sich schon früh in dieser sechsteiligen Serie, das ein ungeschriebenes Gesetz Arthurs Leben bestimmt: Wann immer er ein Problem aus dem Weg räumt, zieht die Lösung weitaus schlimmere Folgen nach sich. «Lammbock»- und «Lommbock»-Regisseur Christian Zübert skizziert so einen Domino-Effekt aus desaströsen Ereignissen. Doch alles, was die zentralen Figuren von «Arthurs Gesetz» tiefer ins Elend treibt, darf uns an den Mattscheiben ein diabolisches Grinsen ins Gesicht zaubern. Denn «Arthurs Gesetz» hat solch einen staubtrockenen, pechschwarzen Humor wie die britische Serienmörder-Komödie «Sightseers» oder die Coen-Kultfilme «Blood Simple» und «Fargo».
Das Autorenteam, bestehend aus Chefautor Benjamin Gutsche sowie aus Ceylan Yildirim und Sebastian Bleyl, findet immer wieder absurd-überraschende Pfade, um den Hauptfiguren das Leben schwer zu machen, und die Todesarten, die Christian Zübert hier genüsslich-spröde in Szene setzt, sind ebenso schmerzhaft wie gewollt-bescheuert. Dass «Arthurs Gesetz» seinen diffizilen Tonfall-Balanceakt meistert, ist aber nicht nur Züberts Zurückhaltung zu verdanken, der diese Miniserie mit einer dramatischen Ruhe umsetzt, wodurch die grafischen Gewaltspitzen ebenso komödiantisch herausstechen wie die kauzigen Charaktereigenschaften der so mitleiderregend orientierungslosen Figuren.
Auch die Ausstattung ist bemerkenswert: «Arthurs Gesetz» spielt in einem versifften, irgendwo im Kurz-nach-der-Wende-Muff stehen gebliebenen Zerrbild deutscher Dörfer – und ist in den überfrachteten Einrichtungen der offenbar völlig ungelüfteten Räume auf so beiläufige Weise so karikaturesk übertrieben, dass es für die gesamte Serie den Tonfall vorgibt. Ähnlich verhält es sich mit der Musikuntermalung durch Komponist Christoph Blaser («Der Nachtmahr»), der eine exzentrische, auf paradoxe Weise sehr quirlig Trübsinn ausdrückende Klangtapete für «Arthurs Gesetz» erschaffen hat.
Ohne das befreit aufspielende Ensemble wäre all dies aber nur viel Schall und Rauch. Jan Josef Liefers gibt einen wundervollen Versager, der dank der unvergleichlichen Kauzigkeit des «Tatort»-Stars all seinen Makeln zum Trotz ein Sympathieträger bleibt. Martina Gedeck brilliert in einer Doppelrolle als Drachen von einer Ehefrau (der dennoch dann und wann im Recht liegt) und als Polizistin, die verzweifelt gegen ihren Berufsethos ankämpfen muss. Nora Tschirner ist als rotzige, arrogante und egozentrische Frau vom Amt kaum wiederzuerkennen (und dennoch so lustig wie eh und je) und Cristina do Rego gibt die wohl am unschuldig-freundlichsten klingende, derb-ehrliche Prostituierte der deutschen Seriengeschichte.
Vom begnadeten Kameramann Ngo The Chau («Berlin Falling», «Die Mitte der Welt», «Stereo») in kränklichen Farben festgehalten und leinwandreif-komplex ausgeleuchtet, ist «Arthurs Gesetz» durch und durch eine Ausnahmeerscheinung im deutschen Komödienfernsehen. Dass die dritte Episode ein bisschen auf der Stelle trampelt, ist nach den hervorragenden Auftaktfolgen und vor der die Figuren dramatisch vertiefenden vierten Episode glatt vergeben: «Arthurs Gesetz» ist unverhohlen und mit dreistem Genuss in ihrem Humor staubtrocken sowie tiefschwarz.
Fazit: Anschaubefehl! «Arthurs Gesetz» zeigt, was Fernseh-Deutschland in Sachen Comedy drauf hat.
«Arthurs Gesetz» ist ab dem 31. August 2018 exklusiv bei EntertainTV verfügbar. Im Fernsehen wird das Format ab Mitte Dezember auf TNT Comedy ausgestrahlt.
Diese Kritik basiert auf den ersten vier Episoden der Serie. Die zwei finalen Folgen wurden der Presse nicht vorab zur Verfügung gestellt.