Nicht vom Bild täuschen lassen: Klaas tritt in «Late Night Berlin» nun leger auf, bringt aber auch Frust aus der Sommerpause mit, dem er mit Haltung Luft macht.
Bloß keine Zeit verlieren: Folge 13 von «Late Night Berlin», die erste Ausgabe nach der Sommerpause, verknappt einfach so den schnieken Vorspann, mit dem die ProSieben-Show während ihres ersten Dutzends an Ausgaben beeindruckte. Nach dem verkürzten Opener zeigt sich Klaas Heufer-Umlauf leger im weiten Hemd, das nicht in die Hose gestopft ist – und ohne Anzug. Eine sehr kurze Anmoderation folgt, dann kommt es schon zum ersten Einspieler des Abends. Die Ansage ist klar: «Late Night Berlin» will nach der Sommerpause flott vorwärts kommen, das Publikum direkt ins Material schubsen und jedes noch so kleine Gefahrenpotential, piefig zu wirken, ausklammern.
Der so zügig gebotene Einspieler versprüht dann auch eher «Circus HalliGalli»-Stimmung: «Moonrise Kingdom»-Musik erklingt, während Klaas und zwei Statisten in «Royal Tenenbaums»-Kostümen gekleidet sind – Filmreferenzen ganz nach alter Florida-TV-Schule. Der Rest des Einspielers zeigt, wie Klaas (nahezu) sämtliche Medien- und PR-Katastrophen der vergangenen Monaten verursacht – ein schlichter Gag, mit genüsslicher Vehemenz durchgezogen. Erst nach diesem Einspieler konfrontiert «Late Night Berlin» sein Publikum mit dem politisch angehauchten Stand-up, wie ihn Klaas in diesem Format etablieren möchte. Er fragt, ob man heutzutage noch "Guten Abend" sagt, oder mittlerweile wieder "Heil Hitler" und ulkt über die Unfähigkeit Maaßens – um danach mit dem Wendler doch wieder ein Boulevardthema anzupacken.
Dieser tonale und thematische Tanz setzt sich auch im Rest der Folge fort: In einem weiteren Einspieler führt Klaas die aggressive, tumbe Art der "besorgten Bürger" vor, die stets nur in wütende, aggressive Parolen verfallen, aber dann, wenn sie kritisiert werden, großäugig flunkern, sie würden ja den friedlichen Dialog suchen, um ihre fundamentalen Probleme anzubringen. Dabei wird mit Originalzitaten aus Reportagen gearbeitet – aber "das Volk" wird sicher weiter versuchen, apolitische Menschen für ihre Zwecke zu instrumentalisieren und «Late Night Berlin» Lügen vorzuwerfen.
Das ist die Realität, in der wir uns befinden – und gerade daher ist es zu feiern, wenn die «Late Night Berlin»-Redaktion einen kurzweiligen, pointierten Einspieler wie diesen kreiert. Dieser wird selbstredend keinen überzeugten Neo-Nazi umstimmen, aber Klaas' Aussage, mit solchen Leuten sei kein Dialog mehr möglich und wir müssten uns darum kümmern, die Opposition zu stärken, kann die erreichen, die noch unbeschriebene Blätter sind. Und allein das ist schon von Wert.
Vom Schreibtisch aus scherzt Klaas danach noch über einen Fußballverein, bei dem mehrere Mitglieder auf dem Mannschaftsfoto "nur aus Spaß" den Hitler-Gruß gemacht haben, ehe er den Abend wieder auflockert und Studiogast Anke Engelke hereinbittet, die «Das schönste Mädchen der Welt» in ihrer lockeren Art bewirbt. Daraufhin gibt es ein Improspiel – analog zu Engelkes Vergangenheit mit den «Blind Date»-Specials im ZDF: Klaas Heufer-Umlauf und Anke Engelke spielen ein Paar, das ein Candle-Light-Dinner hat, und bekommen unregelmäßig Gesprächsthemen sowie Tonalitäten vorgegeben. Ein sehr kurzweiliges (und leider viel zu kurzes) Studiospiel, das die «Late Night Berlin»-Redaktion perfekt zum Gast passend ausgesucht hat und für einen Großteil der Lacher dieser Ausgabe sorgt. Wäre da nicht noch der obligatorische Musikgast gewesen, wäre das Spiel der feierliche Abschluss der Folge.
Alles in allem weckt die erste «Late Night Berlin»-Folge nach der Sommerpause Neugier: Wo wird der Kurs in den kommenden Ausgaben hingehen? Will man lockerer werden, was Klaas' Auftreten suggeriert, oder wird man im Angesicht der Stimmungslage in Deutschland schärfer, was der Einspieler über "besorgte Bürger" andeutet? Oder versucht die Sendung einen Spagat – und wie wird der aussehen? Die kommenden Wochen werden es zeigen ...