'Überholte' Einschaltquoten? ProSiebenSat.1-Chef wettert gegen AGF-Messung

In einem Interview bezeichnet der ProSiebenSat.1-Vorstandsvorsitzende Max Conze die Einschaltquoten der AGF als eine "überholte Währung". Schneidet er seinem Konzern damit ins eigene Fleisch?

Vielen Fernsehschaffenden wird Max Conze in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" aus dem Herzen sprechen. Darin rechnet der Mann, der seit Juni den Vorstandsvorsitz von ProSiebenSat.1 bekleidet, nämlich knallhart mit der Quotenmessung der Arbeitsgemeinschaft Videoforschung (AGF) ab. Es fängt scheinbar harmlos an, als Conze die Messung der Quoten als "antiquiert" bezeichnet. Auf die Frage des Blatts, ob sich die Quotenmessung überholt habe, antwortet Conze mit einem klaren "Ja".

Die Aussagen bergen durchaus Brisanz, denn einerseits finanzieren sich die Privatsender der ProSiebenSat.1-Gruppe durch den Verkauf von Werbeflächen, deren Wert auf die von Conze kritisierten Einschaltquoten zurückzuführen ist, andererseits stellt ProSiebenSat.1 einen von neun Gesellschaftern der AGF dar. Vielen kleineren TV-Stationen werden diese Aussagen in die Karten spielen. Diese hinterfragen immer wieder die ermittelten Einschaltquoten, vermelden Quotenerfolge allerdings auch gerne häufig, wenn sie vom eigenen Sender stammen.

Conze begründet seine Quotenkritik damit, dass letzten Endes zähle, wie viele Menschen insgesamt bestimmte Inhalte schauen und dass es im Grunde egal sei, ob sie dies über das Fernsehen auch oder andere Kanäle tun. Nachweisen lässt sich der Abruf über mobile Endgeräte aber noch sehr mühsam, denn die AGF bleibt tagesaktuelle Zahlen zu digitalen Verbreitungswegen weiter schuldig.

Die Aussagen kommen zu einer Zeit, in der die Quoten ProSiebenSat.1 nicht wirklich viel Anlass zur Schelte geben. So verweist Conze im Interview auch darauf, dass alle ProSiebenSat.1-Sender im August gemeinsam den höchsten Wert seit drei Jahren erreicht haben, nennt die Quote im gleichen Satz aber eine "überholte Währung". So besitzen seine Aussagen zwar mehr Gewicht, um womöglich nachhaltige Änderungen in Gang zu setzen, den Vermarktern seines Konzerns, die die Werbezeiten verkaufen müssen, macht es die Arbeit allerdings wohl nicht leichter.
14.10.2018 10:30 Uhr  •  Timo Nöthling Kurz-URL: qmde.de/104458