Kann nackte Haut im Fernsehen punkten? Oder sind die Konzepte an den Quotenerfolgen "schuld"?
Mit dem Thema „Nacktheit“ haben einige Personen nachwievor ein Problem. Schön öfters gab es Schlagzeilen, dass einige Schulen besonders kurze Röcke verbieten wollen. Auf der anderen Seite soll es laut einer Studie 30 Millionen Saunagänger geben, die von zu viel nackter Haut völlig gelassen sind. Quotenmeter fragt sich, ob nackte Haut ein Quotenbringer ist.
«Naked Attraction»
Im vergangenen Jahr schickte der Grünwalder Sender RTL II erstmals «Naked Attraction» auf Sendung. Das Format machte Schlagzeilen, weil das moderne «Herzblatt» und «Geld oder Liebe» sich nicht um Gemeinsamkeiten dreht, sondern die Genitalien in den Mittelpunkt stellt. Einige Zuschauer machten große Augen, was die Produktionsfirma Tower Productions gecastet haben.
Apropos Casting: Das ist sehr komplex, denn allzu viele Bewerber fanden die Verantwortlichen nicht. Daher greifen die Macher oftmals auf Stripperinnen oder Erotikdarsteller zurück. Der Unique-Selling-Point von «Naked Attraction» ist tatsächlich die Darstellung von nackten Menschen. Der Zuschauer kommt mit einigen Welten in Berührung, die er vielleicht noch nicht gekannt hat.
Ansonsten ist das Format allerdings harmlos. Es werden zwar die Geschlechtsmerkmale zeitweise im Vordergrund, aber das Format bemüht sich um sexuelle Aufklärung in Einspielfilmen und lässt auch die Kandidaten zu Wort kommen. Schließlich gibt es am Ende der Sendung noch ein Date in einer Bar, in der sich entscheidet, ob die Beiden in Kontakt bleiben wollen. Sowohl den Zuschauer als auch den Akteuren ist klar, dass man hier nicht die große Liebe findet.
«Adam sucht Eva»
Die deutsche Adaption von «Adam Looking For Eve» wurde schon im Vorfeld kritisiert. Im Format, das damals noch von Nela Lee moderiert wurde, treffen zwei Singles aufeinander. Ein weiterer Single folgt im Laufe der Show und am Ende muss sich beispielsweise eine Frau für einen Mann entscheiden. Für Michael Hanfeld von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung war die Sendung ganz und gar nicht „öbszön“. „Obszön ist hier vor allem die Zurschaustellung von Gefühlen, von denen niemand weiß, ob sie echt sind“, schrieb er zur ersten Staffel.
«Adam sucht Eva» war in den ersten zwei Staffeln ein nettes Format, das eine Liebesgeschichte erzählen sollte. Die Nacktheit der Teilnehmer wurde zwar thematisiert und mit der Kamera eingefangen, allerdings standen die Geschlechtsteile nie im Mittelpunkt. Seinen Höhepunkt fand das Format mit der Konzeptänderung ab der dritten Runde.
Fortan wurden Promis und Normalos auf die schönen Insel verfrachtet. Das Format entwickelte sich zu einem «Ich bin ein Star – Holt mich hier raus»-Klon, indem die menschlichen Beziehungen und auch Lästereien im Vordergrund standen. Die Nacktheit der Darsteller ist in den Hintergrund geraten. Ein weiterer Einschaltimpuls ist natürlich auch das Setting. Schon bald steht die fünfte Staffel an, die den Zuschauer wieder in einen Sommer entführt. Während es in Deutschland wieder kalt wird, kann man im Wohnzimmer auf ein Atoll bei Französisch-Polynesien im Südpazifik gedanklich verreisen.
«Love Island»
Obwohl die Einschaltquoten bei der ersten «Love Island»-Staffel nur mäßig waren, setzte RTL II auf eine zweite Staffel. Diese schlug quotentechnisch voll ein, denn die jungen Kandidaten waren beim Publikum beliebt. Diese mussten zwei Wochen in einer abgeschiedenen Villa leben und Pärchen bilden. Wer alleine dasteht, muss das Haus verlassen.
Es wurde geknutscht, den Partner getauscht und wieder neu verliebt. Für die junge Generation ist dies nichts Besonderes, die älteren Generationen bekommen davon schon Falten auf der Stirn. Dennoch: Das Format spielt am Puls der Zeit, hat hervorragend gute gecastete Kandidaten und passt zum Sender RTL II.
Nicht nur RTL II ist glücklich: Ein Paar der ersten Staffel, Stephanie Schmitz und Julian Evangelos, sind es weiterhin. Sie haben in der Sendung zueinander gefunden und möchten auch weiterhin nicht voneinander lassen.
Das Fazit
In Zeiten vom mobilen Internet kann jeder mit seinem Mobiltelefon auf einer Wiese das Internet durchstöbern und sich Millionen von nackten Menschen anschauen. Die drei vorgestellten Formate haben tatsächlich – jedes für sich – ein sehr gutes Konzept. Bei «Naked Attraction» sind es die skurrilen Kandidaten, bei «Adam sucht Eva» schweift man in die Ferne und lässt sich durch die Geschichten unterhalten. «Love Island» verzichtet auf nackte Haut, fordert die Akteure aber auf, Paare zu bilden. Mit der starken Verzahnung zwischen Online und Fernsehen hat RTL II eine starke multimediale Sendung geschaffen.