Bereits zum fünften Mal läd RTL uns zu Beginn der kühlen Jahreszeit ein, heißen Körpern in heißen Gefilden beim Flirten zuzusehen. Die Quoten waren zuletzt kein Problem, doch wohin bewegt sich das Niveau? Wir haben hingeschaut.
Wähle weise
Wundern darf man sich schon ein wenig. Da hatte Gina-Lisa Lohfink gerade erst Anfang 2017 das «Dschungelcamp» hinter sich gebracht, schon zieht sie erneut für RTL in das nächste voyeuristische Format ein.
Nun ist es nicht so, dass dies Einzelfälle in der Karriere der ehemaligen Kandidatin von «Germany's Next Topmodel» wären. Sie veredelte seit 2008 Shows wie «Die Alm», «Das perfekte Promi-Dinner», «X-Diaries» oder diverse ProSieben-Formate von «TV Total» bis «Die große Völkerball Meisterschaft». Zu ihrem zehnjährigen Dienstjubiläum im Dienste der Unterhaltungsindustrie lässt sie nun also final alle Hüllen fallen: Als Promi in der fünften Staffel von «Adam sucht Eva», das bereits zum dritten Mal auf einen Mix aus Normalos und TV-Prominenz setzt.
Im Interview mit dem produzierenden Fernsehsender ließ Lohlink jüngst verlauten:
"Negative Kommentare tun mir weh!". Ein absolut verständliches Statement, das jedoch auch zu denken geben sollte. Gibt es wirklich keinen Karriereweg abseits von Formaten, die Menschen wie in Käfigen ausstellen und teils auch der Lächerlichkeit preisgeben? Gerade für sanfte Gemüter scheint das ewige Abklappern von noch einem weiteren Trash-Format keine allzu gute Idee zu sein. Dennoch ist Frau Lohfink natürlich keine Einzeltäterin.
Rückblick
Gestartet 2014 mit dem Untertitel «Gestrandet im Paradies», schickte RTL zunächst Singles auf das Atoll Tikehau. Moderiert wurde das Ganze von Nela Lee. Die Einschaltquoten bewegten sich zwischen 1,35 und 1,95 Millionen beim Gesamtpublikum.
2015 dann gab es drastische Veränderungen: Das Atoll blieb, allerdings entfiel die Moderation und man teilte die Handlung auf zwei Inseln auf: Die "Insel der Versuchung" und die "Insel der Liebe". Die Kandidaten blieben dem Format nun auch länger erhalten, was verschiedene Geschichten über mehrere Episoden hervorbrachte. Die Quoten waren bombig und konstant: Zwischen 2,34 und 2,58 Millionen Fans zog das Format bei allen an.
Ein Jahr später kam dann erstmals der Promifaktor ins Spiel, der sich auch im Untertitel «Promis im Paradies» niederschlug. Gleich sieben bekannte Gesichter ließen sich auf elf Normalos ein: Leonore Bartsch, Janni Hönscheid, Sarah Joelle Jahnel, Daniel Köllerer, Peer Kusmagk, Ronald Schill und Janina Youssefian. Mit 2,39 bis 2,89 Millionen Fans lief das Format erneut erfreulich.
Im vergangenen Jahr blieb man dem eingeschlagenen Weg dann weitestgehend treu und holte mit Patricia Blanco, Natalia Osada, Djamila Row, Bastian Yotta, Martin Kesici, Timur Ülker, Leo Rojas, Melody Haase und Marius Hoppe erneut mehr oder weniger bekannte Fernsehgesichter als Prominenz an Bord. Die Teilnehmerzahl (21) und die Zahl der Episoden (8) war in dieser Staffel am höchsten. Erfreulich für die Macher: Mit 1,93 bis 3,63 Millionen Zuschauer lief noch keine Staffel besser als diese.
Ewig läuten die Glocken
Doch kommen wir zur Gegenwart: In der neuen Staffel treffen - erstmals auf einem Segelschiff (der Queen Atlantis) und nicht im Pazifik, sondern im Mittelmeer - neben Model Gina-Lisa Lohfink die Ex-«DSDS»-Kandidatin Emilija Mihailova sowie der Ex-Gewinner von «Love Island» Jan Sokolowsky auf zehn Normalos. Man könnte auch ketzerisch sagen: Zwölf Normalos treffen auf Frau Lohfink. Somit wurde nicht nur die Anzahl der Kandidaten insgesamt reduziert, sondern auch der die Zahl der Promis.
Die Regeln sind immer noch die gleichen und nicht unnötig kompliziert: Alle Teilnehmer sind nackt und sollen flirten, streiten und für satte Quoten sorgen. Das neue Setting an Bord des Schiffes sorgte dann auch direkt für Drama: Der erste Adam, den man der Lohfink an Bord schickte, wurde direkt seekrank und verließ freiwillig die Show. Übergeben statt verlieben? Kein guter Start ins erotische Abenteuer. Wie gut, dass man gleich für Nachschub sorgte.
Nachenklich machte aber vor allem früh, wie wenig Feingefühl die Redaktion bewies. Angesichts der Äußerungen von Gina-Lisa Lohfink im RTL-Interview hätte man vielleicht nicht unbedingt erwartet, dass die weibliche Stimme aus dem Off jede Peinlichkeit nutzt, um die bekannte Kandidatin lächerlich zu machen (Stichwort: "Schiffsglocken", "natürliche Materialien"). Die Frage ist auch immer: Wie geschieht so etwas? Hier zumindest ohne die Treffsicherheit der Gagschreiber des Dschungels und weit jenseits geringster Niveauansprüche. Beispiel gefällig? RTL blendet eine Katze ein und die Off-Stimme sagt: "Sogar ne Pussy gibt es hier zu sehen." Aua. In gewisser Weise sind solche Sprüche aber auch ein Hilferuf nach besseren Autoren. Freiwillige vor, die Talsohle ist bereits erreicht. Der Rest des Auftakts bestand aus den üblichen intimen Geständnissen, Zickereien und ersten Annäherungen, untermalt mit Popsongs.
Fazit
Keine Frage: «Adam sucht Eva» bleibt auch im fünften Anlauf ein letztlich harmloser Spaß gegen den Herbstblues; zumindest wenn man von den Aussetzern der Gagschreiber absieht. Doch weiß natürlich prinzipiell jeder Kandidat, auf was er sich einlässt. In diesem Fall auf eine vollständige Zurschaustellung in allen Einzelheiten, garniert mit pubertärem Humor. Darf man mögen, muss man aber nicht.
In der Summe zelebriert RTL den gewohnten Edeltrash, der gut produziert daherkommt, sich nicht allzu ernst nimmt und auf einem grenzdebilen Level Spaß machen kann. Auch ohne wirklich neue Ideen ist nicht davon auszugehen, dass die Quoten Schaden nehmen könnten. Die Kernkompetenzen der Show liegen ohnehin woanders und sind nicht abhängig von Innovationen und überbordender Kreativität. Und wenn gar nichts mehr geht, hilft immer das Läuten der Schiffsglocken.
Das gut zusammen gecastete Entblätterungskommando sollte allerdings auch so problemlos über die Staffel tragen und das Publikum bei Laune halten können. Als kleiner «Dschungelcamp»-Anheizer bleibt das Format somit eine sichere Bank für RTL.
Wohin geht die Reise?
Ein Gedanke noch am Rande: Egal an welchem Ort RTL im kommenden Jahr den Nackedei-Reigen veranstalten wird, das Ende der Fahnenstange ist noch lange nicht erreicht. Ab der sechsten Staffel könnte der Sender aufs Ganze gehen und nur noch Zuschauern den Zugang zur Show erlauben, die vor dem Fernsehschirm selber nackt sind und dies per Webcam in die sozialen Netzwerke übertragen. Der Nackedei-Gold-Pass sozusagen. Ein neues Alltime-Low in Sachen Niveau wäre damit fraglos möglich: Willkommen zu «Adam sucht Eva: Deutschlands großes Nackt-Experiment»? Der Autor verzichtet in jedem Fall auf Tantiemen, sollte es irgendwann dazu kommen. Freuen wir uns für den Moment einfach, dass in der aktuellen Staffel ausschließlich Teilnehmer die Hüllen fallen lassen.
«Adam sucht Eva» läuft in den kommenden Wochen immer Samstags zu unterschiedlichen Zeiten. Die komplette Staffel ist allerdings seit Ausstrahlung der Auftaktfolge auch bei TVNow im Abruf erhältlich.