Die Autoren und der Regisseur der aufwändigen Sky-Serie «Das Boot» über Erwartungen, Herausforderungen und mediale Aufmerksamkeit.
Regisseur Andreas Prochaska über die Inszenierung:
Ich gehe nicht an einen Film oder eine Serie heran und überlege: 'Welche geilen Einstellungen brauche ich denn jetzt?' Meine Aufgabe liegt darin die richtige visuelle Sprache für den Inhalt zu entwickeln. Die Frage nach visueller Abwechslung oder ähnlichem ordnet sich dem unter. Ich denke, die wichtigste Entscheidung bei «Das Boot» war es, das Boot 1:1 nachzubauen, so dass die Kamera nur da hinkommt, wo auch ein Crewmitglied hingelangt. Außerdem war es entscheidend, die Kamera so einzusetzen, dass sie stets im Geschehen ist, und nicht von außen darauf blickt. So entwickelt sich ganz organisch ein inszenatorischer Stil, der auch aufgrund des Schauplatzes nur begrenzte Möglichkeiten bietet.
Weshalb Regisseur Andreas Prochaska zur Vorbereitung mehrmals Wolfgang Petersens «Das Boot» gesehen hat:
Den Petersen-Film habe ich zur Vorbereitung auf unseren Dreh sehr oft gesehen. Nicht aber, um mir den Stil abzuschauen. Außer den Wochenschauberichten der Nazi-Propaganda habe ich wenig brauchbares Material über das wirkliche Leben und die Abläufe im U Boot gefunden, daher habe ich mir Petersens Film genau angeschaut, um die Vorgänge zu verstehen. Ergänzend habe ich mich mit unseren Beratern ausgetauscht, um zu erfahren, was ich verwenden kann und wo Petersen von den akkuraten Vorgängen abweicht.
Die größte Herausforderung an der Serie für Regisseur Andreas Prochaska:
Die für mich größte Herausforderung war es, sich darüber Gedanken zu machen, wie ich über acht Stunden eine zusammenhängende Geschichte erzähle und die Spannung erhalten bleibt. Physisch und Psychisch hat es mich an meine Grenzen gebracht.
Autor Johannes Betz über die Schauplätze und Handlungsfäden, die die Serie vom Petersen-Film unterscheiden:
Als wir die Serie entwickelt haben, wurde uns schnell klar, dass wir die Hermetik des U-Boots nicht acht Folgen lang durchziehen können und wollen. Stattdessen haben wir uns vorgenommen, auch widerzuspiegeln, was sich zu dieser Zeit auch drumherum im Krieg abgespielt hat. Daher kam uns die Idee einer Parallelhandlung über die Daheimgebliebenen in La Rochelle, die nicht nur den Stoff ergänzt, sondern auch unsere Abgrenzung zum Kinofilm von Petersen zu verdeutlichen. Darüber hinaus hatte es den positiven Nebeneffekt, interessante Frauenfiguren in diesen Historienstoff einzubinden, woran es ja anderen Serien und Filmen über diesen Zeitabschnitt oft mangelt.
Autor Johannes Betz über den Umgang mit Petersens «Das Boot»
Es wäre sicher auf der einen oder anderen Ebene klug gewesen, den Petersen-Film gänzlich zu ignorieren und einfach eine U-Boot-Serie zu machen. Aber das war aus mehreren Gründen keine Option. Zunächst einmal, da muss man ehrlich sein, zieht halt die 'Marke', und für solch einen Stoff kann es im heutigen Markt nur von Vorteil sein, wenn er sich so Aufmerksamkeit sichert. Hinzu kam, dass wir den Film ganz genau kennen und bewundern. Da sind ein paar Verweise nicht zu vermeiden, dann kann man auch so ehrlich sein und auf die Inspiration verweisen. Dennoch: Es ist eine sehr eigenständige Serie geworden. In solch einer Hermetik wie Petersen kann man heute keine ganze Serie erzählen. Und wir haben eine andere Grundlage. Bei Petersen geht eine eingeschworene Gruppe an Bord, die sich aufeinander verlassen kann. Stoff wie aus dem klassischen Abenteuerkino. Bei uns interagieren Charaktere, die das Miteinander erst lernen müssen, und daher geraten sie in Konflikte wie es sie bei Petersen nicht gab.
Was Autor Johannes Betz als die größte Herausforderung empfand:
Die größte Herausforderung war es, dem Namen gerecht zu werden und dennoch etwas Eigenes zu erarbeiten, sich Situationen auszudenken, die spannend sind und die in eine Erzählung zu bringen. Aber: Das ist genau die Herausforderung, die man als Autor liebt.
Autor Tony Saint über seine Aufgabe:
Es gab keine richtige 'Arbeitsteilung'. Wir saßen immer zusammen, wenn wir über die Serie gesprochen haben, und arbeiteten Hand in Hand. Das ging von Anfang an so, als wir die Themen der Serie erarbeitet haben, uns über die Erzählstruktur Gedanken machen mussten und darüber, wie die Figuren ticken und was die Seele von «Das Boot» ausmacht. Wir haben auch die Episoden gemeinsam verfasst – nur, dass Johannes natürlich die finalen deutschsprachigen Dialoge geschrieben hat und ich die englischsprachigen.
Autor Tony Saint über den Schatten, den Wolfgang Petersens «Das Boot» wirft:
Es hat einen Film gegeben? (lacht) Kleiner Scherz – er ist mir natürlich bestens bekannt. Und er schwebte wie ein Schatten über uns. Wir wussten aber genauso sehr: Zum Wohle unseres Projekts, unserer eigenen Karrieren und unseren Rufs dürfen wir kein Remake abliefern und genauso wenig eine direkte Fortsetzung der Petersen-Handlung. Stattdessen galt es, die Marke zu nehmen und auf deren Grundlage etwas Neues und Einzigartiges zu erarbeiten.
Was für Autor Tony Saint die kniffligste Herausforderung war:
Die größte Herausforderung wartete in meinen Augen bereits ganz zu Beginn: Wir mussten uns bewusst machen, dass wir für eine packende, neuartige Erzählung zu diesem Thema nuancierte, weibliche Figuren sowie nicht-deutsche Rollen brauchen. Dann aber eine Struktur zu finden, die diesen Figuren und der deutschen U-Boot-Crew gerecht wird und alle Handlungsstränge narrativ verbindet, während klar wird, welch unterschiedliche Welten dies sind – das war sehr schwer.
Autor Johannes Betz über die Aufmerksamkeit, die die Serie erhält:
Es ist in jeglichem Wortsinne überwältigend, welch großes Presseinteresse mit dieser Serie einhergeht. Aber es ist auch sehr befriedigend, besonders für mich als Autor. Denn dass Mengen an Journalisten auf uns zukommen, ist für Autoren in Deutschland noch immer eine sehr unübliche Situation. Da besteht noch Nachholbedarf – und ich denke, dass wir alle in der Branche da mit anpacken müssen. Außerdem sehe ich den deutschen Branchenjournalismus in der Bringschuld. Aber wir sind auf dem richtigen Weg. In den vergangenen paar Monaten wurden viele Probleme im Umgang mit uns Autoren angesprochen und ich glaube, dass auf allen Seiten Verständnis für unsere Sorge besteht.
Regisseur Andreas Prochaska über die Unterschiede, wie in Deutschland Autoren und Regisseure wahrgenommen werden:
Das Ärgernis, dass Autoren nicht stets den verdienten Stellenwert erhalten, hängt ja auch immer von den beteiligten Personen ab. Bei den Produktionen an denen ich beteiligt war, habe ich immer darauf geachtet, dass nicht nur ich im Rampenlicht stehe. Ich bin kein Freund dieser Generalisierungen: Es liegt an 'den Regisseuren', an 'den Produzenten', an 'den Sendern'. Ich finde, es ist immer wichtig, Brücken zu bauen, zwischen den Metiers. Daher finde ich auch, dass es total bescheuert ist, wenn im Kino am Anfang steht 'Ein Film von …', und dann wird der Regisseur genannt. Ein Film ist eine große Zusammenarbeit von AutorInnen, ProduzentInnen, der Besetzung, der Crew, und so weiter, genauso sehr wie der Regie.