Einer Frau wird nachgestellt: Doch anstatt sich vornehmlich damit zu beschäftigen, was diese Bedrängung aus ihr macht, will der Film ein Rätsel erzählen, welcher Mann dahinersteckt.
Cast & Crew
Vor der Kamera:
Sophie von Kessel als Eva Kormann
Marcus Mittermeier als Tom Berger
Matthias Koeberlin als Erich Czernig
Michael Wittenborn als Klaus Widermann
Anna Schäfer als Britta
Fritz Karl als Roman
Heinz-Josef Braun als Herr Reindl
Hinter der Kamera:
Produktion: Die Film GmbH
Drehbuch und Regie: Johannes Fabrick
Kamera: Helmut Pirnat
Produzenten: Uli Aselmann und Sophia AldenhovenDie Gymnasiallehrerin Eva Kormann (Sophie von Kessel) bringt gerade eine unangenehme Scheidung hinter sich. Ihr Ex-Mann, ein schnöseliger, besitzergreifender Typ, hatte sie betrogen, und sehr zu seinem Leidwesen sah Eva danach keine Grundlage mehr für ein gemeinsames Zusammenleben. Während sie sich aus der alten Beziehung löst, sehnt sie sich bereits nach einer neuen, wie sie ihrer Freundin bei einem gemeinsamen Club-Abend an der Bar erzählt – aber kein One-Night-Stand, sondern ein Mann, der sie aufrichtig liebt.
Eva hat bald ganz andere Probleme. Vor ihrer Tür werden Rosen deponiert. Gegenüber zieht ein Nachbar ein, bei dessen grimmigem Anblick ihr ganz anders wird. Und bald wird es noch erschreckender: Denn eines Morgens findet sie auf dem Türabsatz einen Umschlag mit Fotos, die sie in intimen Momenten zeigen; dazu ein Kärtchen: „Du bist nicht allein.“
Das Stalking des Unbekannten wird rasch intensiver. Doch obwohl dieser Film seine Hauptfigur und ihre Lebensumstände wie ihre psychischen Befindlichkeiten sehr bedacht zeichnet, reicht ihm diese dramatische Situation – einer alleinstehenden Frau wird nachgestellt – offensichtlich nicht aus.
Stattdessen will er diesen Stoff auch als Rätsel erzählen: Wer steckt hinter der erzwungenen Intimität? Neben dem Ex-Mann werden als potentielle Kandidaten eingeführt: ein sexbesessener Schüler aus der Oberstufe; ein gleichaltriger Kollege, der ihr mit seinen Einladungen zu romantischen Wochenenden auf den Zeiger geht; ein älterer Kollege, der abgestandene Strickjacken trägt und ihr intellektuelle Bücher leiht; der angsteinflößend schweigsame neue Nachbar von Gegenüber; und ein alter Ex-Freund, den sie zufällig auf der Straße trifft und der wieder ein Teil ihres Lebens werden möchte.
Doch an dieser Rätseldramaturgie scheitert schließlich die ganze Narrative: Denn im Kern ist es unwichtig und uninteressant, welcher dieser Männer ihr nachstellt, sie bedrängt, in ihre Intimsphäre einzudringen versucht – und schließlich vielleicht durchdreht, sie kidnappt und ihr Weiß-der-Teufel-was antut. Viel spannender ist, wie diese intelligente, aber neurotische und verletzte Frau damit umgeht.
Durch ihre panisch-pathologische Angst vor Spinnen wird bereits früh etabliert, dass sie besonders leicht aus der Bahn zu werfen ist, während ihr literarisches Interesse und ihre stilvollen, aber unprätentiösen Umgangsformen sie als geistesstarke Figur kennzeichnen. Doch aus dieser Diskrepanz aus intellektueller Überlegenheit, aber psychologisch-neurotischer Ängstlichkeit macht der Film nicht sonderlich viel. Die Betrachtung seiner Figur bleibt Stückwerk und begnügt sich mit dem altbackenen Fahrwasser einer einfältig-überkommenen Gegenüberstellung von männlicher Übergriffigkeit und weiblicher Hilflosigkeit.
Umso mehr Sendezeit räumt «Du bist nicht allein» seinen Mitknobelelementen ein, samt all den losen Fäden, die im nichts verlaufen: Der neue Nachbar gegenüber streitet nachts beherzt mit seiner Frau, der Ex-Freund dient sich aus eigennützigen Motiven als Retter in der Not an, der sonderbar dreinblickende Schüler will im Unterricht beim Thema „Albert Camus und das Absurde“ seine sexuelle Frustration thematisieren. All das ist jedoch nichts als unkaschierte dramaturgische Notwendigkeit, damit dieser Film seine unnötige Krimi-ähnliche Struktur abspulen kann, und wird seinem eigentlichen Untersuchungsfeld nicht gerecht.
Das ZDF zeigt «Du bist nicht allein» am Montag, den 3. Dezember um 20.15 Uhr.