Die Goldene Stadt soll das Auslandskrimi-Portfolio im Ersten erweitern: Die Geschichte der Auftaktfolge hätte eine Tour de Force werden können, hätte man sie nur konsequent erzählt.
Cast & Crew
Vor der Kamera:
Roeland Wiesnekker als Jan Koller
Gabriela Maria Schmeide als Klára Majerova
Dirk Borchardt als Frank Müller
Hendrik Heutmann als Jörg Müller
Alina Levshin als Jitka Müllerova
Tom Keune als Rene Wagner
Max Hegewald als Sven Müller
Hinter der Kamera:
Produktion: Schiwago Film GmbH
Drehbuch: Jaroslav Rudis, Martin Behnke und Felix Benesch
Regie: Nicolai Rohde
Kamera: Hannes Hubach
Produzenten: Michal Pokorny und Martin LehwaldIn Prag wird der deutsche Polizist Frank Müller (Dirk Borchardt) tot aufgefunden. Er war als Draufgänger bekannt gewesen, soll impulsiv und „anfällig für Korruption“ gewesen sein. Quatsch, sagt sein ob der Todesnachricht schockierter ehemaliger Partner Jan Koller (Roeland Wiesnekker), den nicht nur seine persönliche Nähe zum Opfer ideal geeignet scheinen lässt, zusammen mit den Prager Kollegen den Fall aufzuklären: Koller stammt selbst aus Tschechien, kennt Sprache, Kultur und Menschen. Also auf in die Goldene Stadt.
Frank Müllers Bruder Jörg (Hendrik Heutmann) lebt dort seit einiger Zeit und ist gerade im Begriff, seine langjährige Partnerin Jitka (Alina Levshin) zu heiraten, als Kommissar Koller und seine betont bodenständige tschechische Kollegin die Feier sprengen und unangenehme Fragen stellen. Die illustre Hochzeitsgesellschaft – allesamt angespannte Typen aus der Kunstszene samt dem entfremdeten Sohn des Opfers – waren die letzten Personen, die den toten deutschen Polizisten lebend gesehen haben. Um die Ermittlungen abzukürzen sowie dem Brautpaar und dessen Gästen zwei Tage Untersuchungshaft zu ersparen, bietet Koller einen unorthodoxen Deal an: Gemeinsam sollen sie Jörgs fatalen Junggesellenabschied nachstellen, in dessen Rahmen Frank Müller zu Tode gekommen ist. Weil Polizisten immer klüger sind als selbstbesoffene Künstler und die Dramaturgie es verlangt, willigen sie ein.
© ARD Degeto/Hannes Hubach
Jan Koller, ein theaterverliebter Kommissar beim BKA in Berlin, soll den Tod seines in Prag ums Leben gekommenen Kollegen Frank Müller (Dirk Borchardt) aufklären.
Daraus hätte eine Tour de Force werden können, schließlich haben sich in der Familie Müller über die Jahre zahlreiche Konflikte und persönliche Aversionen angestaut: Frank war in schöner Regelmäßigkeit bei seinem Künstlerbruder und dessen Galeristenumfeld vorstellig geworden, um sich größere Geldbeträge zu leihen. Unverhofft und eingeladen war er auch zur Hochzeit erschienen. Und so tingelte die verschroben-intellektuelle Meute mit dem prolligen Störfaktor durch Prag, der es verstand, in den gediegenen Abendplan Unruhe zu bringen und aus einem halbwegs zivilisierten Anlass eine degenerierte Orgie zu machen: Strip-Clubs, Saufläden, Paintball, Kokainschnupfen von weiblichen Gesäßen.
Doch statt eine Tour de Force wird aus diesem Abriss ein ungelenkes Mäandrieren, dessen ziellose Schlenker einem Abhaken möglicher Ideen gleichen. Die Galeristenmeute gerät bald in Verdacht, im großen Stil in Kunstfälschungen involviert gewesen zu sein. Frank Müller hadert mit der Homosexualität seines Sohnes und versucht seinem Bruder die geplante Ehe auszureden. Und Jan Koller wacht nachts schreiend auf, wenn er sich in unruhigen Träumen daran erinnern muss, wie ihm zu Kommunistenzeiten in der Tschechoslowakei der Vater entrissen wurde, als er noch ein kleiner Junge war.
Doch aus diesen beliebigen Motiven ergibt sich weder eine kohärente Geschichte noch eine interessante Charakterstudie: Das ist bei dieser neuen Reihe besonders schade; schließlich brilliert Hauptdarsteller Roeland Wiesnekker gerade in ambivalenten, rauen, schwierigen Rollen. Diese Figur bietet ihm jedoch nur Gelegenheiten zum fast theaterhaften Deklamieren und zu übertriebenen Straßenköter-Anklängen, wenn sie die Tatverdächtigen aus der Reserve locken soll.
Das Erste zeigt «Der Prag-Krimi – Wasserleiche» am Donnerstag, den 6. Dezember um 20.15 Uhr.