Die glorreichen 6 – Episodenfilme (Teil I)

Diese Episodenfilme begeistern uns. Zum Auftakt: Der Weihnachtsklassiker «Tatsächlich… Liebe».

Der Film


Filmfacts: «Tatsächlich… Liebe»

  • Regie und Drehbuch: Richard Curtis
  • Produktion: Duncan Kenworthy, Tim Bevan, Eric Fellner, Debra Hayward, Liza Chasin
  • Darsteller: Hugh Grant, Liam Neeson, Colin Firth, Laura Linney, Emma Thompson, Alan Rickman, Keira Knightley, Martine McCutcheon, Bill Nighy, Rowan Atkinson
  • Musik: Craig Armstrong
  • Kamera: Michael Coulter
  • Schnitt: Nick Moore
  • Veröffentlichungsjahr: 2003
  • Laufzeit: 135 Minuten
  • FSK: ab 6 Jahren
Im strengen, ursprünglichen Wortsinne ist «Tatsächlich… Liebe» kein Episodenfilm, da er keine einzelnen, kurzfilmartigen Kapitel umfasst. Stattdessen spinnt «Tatsächlich… Liebe» zahlreiche Handlungsstränge, die sich gelegentlich kurz überschneiden. Doch der Charme und Erfolg von «Tatsächlich… Liebe» hat seinen Teil dazu beigetragen, dass solche Filme mit Riesenensemble und kleinen Vignetten, die bunt durcheinandergewürfelt erzählt werden, auch gehäuft produziert und als Episodenfilme aufgefasst werden. Und wieso sollten wir bei dieser weihnachtlichen Romantikkomödie über zahlreiche Menschen, die in den letzten Wochen vor Weihnachten unterschiedliche Liebesgeschichten erleben, katholischer als der Filmpapst sein?

Zu den "Episoden" in «Tatsächlich… Liebe» gehören : Ein Witwer hilft seinem Stiefsohn, sich mit den Tücken der ersten Liebe zu arrangieren. Eine junge Ehefrau wundert sich über die Kälte, die ihr der beste Freund ihres Gatten entgegenbringt. Ein abgehalfteter Rockstar versucht sein Comeback mit einem kitschigen Weihnachtslied, das er hasst. Ein Schriftsteller verkriecht sich in ein anderes Land, um den Schmerz darüber zu vergessen, dass er betrogen wurde. Und der Premierminister verliebt sich in eine Bedienstete.



Seine glorreichen Aspekte


«Tatsächlich… Liebe» lebt unter anderem, wie alle Filme von Richard Curtis, von seiner verzerrten Tonalität: Richard Curtis erschafft in seinen Werken stets eine Filmlogik und Persönlichkeiten, die der Wirklichkeit leicht entrückt sind. Alle sind eine Spur schnippischer, schlagfertiger, quirliger – und dadurch, dass alles etwas gewitzter ist, wird der genregemäß unvermeidliche Kitsch verdaulicher: Wenn etwa Hugh Grant als der wohl sympathischste, zugänglichste Politiker der britischen Filmgeschichte knuffig herum stammelt, nach einem außenpolitischen Sieg tanzt und am Festtag für seine Bürger singt, vermittelt Curtis dies mit einer eleganten Spritzigkeit, so dass sich daraus die folgenden, im realen Leben kaum zu duldenden, großen romantischen Gesten ganz organisch daraus entwickeln. Wer schon in normalen Situationen so filmisch-agil agiert, der darf auch in Liebesdingen überzogener handeln.

Zudem nutzt Curtis in «Tatsächlich… Liebe» sehr intuitiv die erzählerischen Möglichkeiten eines Episodenfilms aus: Durch die Vielzahl der Handlungsstränge bedient er auch eine große emotionale Bandbreite, womit Curtis ein weiteres Gegengewicht zum Liebes- und Weihnachtskitsch bietet. Und dadurch, wie behände er von Story zu Story wechselt, vermeidet der Filmemacher aller tonalen Variationen zum Trotz allzu harsche Stimmungsgefälle. In «Tatsächlich… Liebe» mischt sich die Geschichte eine fremdflirtenden Familienvaters nahtlos zwischen die hoch sarkastische Story eines zynischen Rockers, der mit einem Pop-Weihnachtscover und viel Kalkül die Chartspitze erklimmen will, und die mit Dialogwitz und Slapstick gespickte Geschichte eines tollpatschigen Schriftstellers, der ein Auge auf seine Urlaubs-Haushälterin wirft.

Dieser breiten Gefühlswelt stellt sich Komponist Craig Armstrong voll in den Dienst: Ja, Armstrong trägt in «Tatsächlich… Liebe» zuweilen sehr dick auf, aber seine Stücke passen perfekt in Curtis' kauzige Filmwelt. Nicht zuletzt dank seiner Auffälligkeit gehört der «Tatsächlich… Liebe»-Score bis dato zu den letzten denkwürdigen Instrumentalmusiken in der Liebesfilmhistorie. Sei es das verletzliche, leise 'Glasgow Love Theme', da variantenreiche 'Portugese Love Theme' oder etwa das anschwillende Liebesthema des Premierministers.

Doch all dies wäre nichts wert ohne den formidablen Cast voller Stars, der ruhige wie gewitztere oder emotional aufgeladene Momente gleichermaßen beherrscht.

«Tatsächlich… Liebe» ist auf DVD und Blu-ray erschienen sowie via Amazon, maxdome, iTunes, Netflix, Google Play, Sky Store, Microsoft, Rakuten TV, Sony, Chili, freenet Video, Videoload und videociety abrufbar.
16.12.2018 14:20 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/105939