In «Manhattan Queen» muss Jennifer Lopez als unverhoffte neue Mitarbeiterin eines Kosmetikkonzerns eine Wundercreme erfinden. Das Ergebnis ist eine Art fiktive Dauerwerbesendung mit halbgarem Subplot und negativem Beigeschmack.
Filmfacts: «Manhattan Queen»
- Start: 17. Januar 2019
- Genre: Tragikomödie
- FSK: o.Al.
- Laufzeit: 103 Min.
- Musik: Michael Andrews
- Kamera: Ueli Steiger
- Buch: Justin Zackham, Elaine Goldsmith-Thomas
- Regie: Peter Segal
- Darsteller: Charlyne Yi, Jennifer Lopez, Leah Rimini, Milo Ventimiglia, Vanessa Hudgens
- OT: Second Act (USA 2018)
Was genau darf man eigentlich in einer Inhaltsangabe verraten und worüber sollte man lieber den Mantel des Schweigens hüllen, um dem interessierten Kinogänger nicht mit ungewollten Spoilern zu vergraulen? Spätestens seitdem der Hype um komplex geschriebene Fernsehserien in schwindelerregende Höhen geschossen ist, entbrennt um diese Frage immer wieder eine Diskussion. Die Einen sind der Meinung, einer wirklich gut geschriebenen Geschichte könne auch das vorab Verraten wichtiger Details und Entwicklungen nichts anhaben. Die anderen ergreifen Partei dafür, dass alles, was auch nur einen Hauch von Überraschung im Film oder der Serie generieren könnte, doch bitte vorab geheim bleiben soll. Nun stellt uns ausgerechnet die auf dem Papier und im Trailer sehr vorhersehbar anmutende Komödie «Manhattan Queen» für das Dilemma „Reden oder schweigen?“ – und das, obwohl sich in den USA bereits viele Kollegen darüber einig waren, dass man einen entscheidenden Subplot des Films sehr wohl vorab verraten darf.
Wer also wissen will, worum wir uns in der folgenden Argumentation herummanövrieren, der schaue sich bitte eine der zahlreichen Reviews der aus Übersee stammenden Kollegen an, denn dort geht man mit dem größten Schwachpunkt von «Manhattan Queen» weitaus offenherziger um, als es uns der deutsche Verleih Tobis Film ans Herz gelegt hat.
Auch ohne Abschluss hoch hinaus
Maya (Jennifer Lopez) ist Anfang 40 und ziemlich frustriert. Sie hat sich im größten Supermarkt von Queens bis zur stellvertretenden Filialleiterin hochgearbeitet, doch den Chefposten kann sie sich ohne vernünftigen Schulabschluss abschminken. Da bekommt sie eine zweite Chance: Ohne ihr Wissen poliert der Sohn ihrer besten Freundin Joan (Leah Remini) Mayas Lebenslauf auf und verpasst ihr gleich auch noch den passenden Social Media-Auftritt. Prompt erhält sie eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch nach Manhattan, und ehe sie sich versieht, findet sie sich als Marketing-Beraterin mit eigenem Büro bei einem Kosmetikkonzern wieder. Maya erfindet sich von Grund auf neu, um der Welt zu zeigen, dass Cleverness mindestens so wertvoll ist wie ein College-Diplom. Doch wie lange kann sie ihre falsche Identität aufrechterhalten?
Es ist nicht das erste Mal, dass Schauspiel- und R’n’B-Ikone Jennifer Lopez («The Boy Next Door») in die Hauptrolle eines Films schlüpft, der den Terminus „Manhattan“ im Titel trägt. Anfang der Zweitausender war sie die Protagonistin in Wayne Wangs RomCom «Manhattan Love Story», worin sich für ein Zimmermädchen der Lebenstraum von der ganz großen Liebe erfüllt, bloß weil sie in den Kleidern eines reichen Hotelgasts plötzlich für eine vermögende Prominente gehalten wird. Auch in «Manhattan Queen» geht es darum, dass von heute auf morgen ein Wunsch wahr wird. Nur wäre die märchenhafte Annahme von der von einem Mann aus ihrer misslichen Situation befreiten Frau heutzutage wohl kaum noch zeitgemäß, weshalb in «Manhattan Queen» keine amourösen Verwicklungen im Mittelpunkt stehen, sondern die Karriere der von J.Lo verkörperten Maya. Dieser Umstand ändert dennoch nichts daran, dass der Weg ihrer Figur von Beginn an vorgezeichnet ist. In dem Moment, in welchem sie mithilfe eines verfälschten Lebenslaufes bei einem großen Kosmetikkonzern anheuert und dort direkt ein prestigeträchtiges Projekt leiten darf, weiß man um die darauf vermutlich folgende Läuterung und alles was sonst noch folgt.
Auch aus der David-gegen-Goliath-Prämisse entwickelt sich folgerichtig keine Spannung, denn dass hier am Ende wohl kaum der unsympathische Gegner zum Favoriten aufsteigt, sondern sich diese mit «Prakti.com» vergleichbaren Ereignisse mehr und mehr zu Gunsten von Mayas Außenseitern entwickeln, ist nun mal Genrestandard. Und von dem weichen die Autoren Justin Zackham («Das Beste kommt zum Schluss») und Elaine Goldsmith-Thomas (produzierte unter anderem «Mona Lisas Lächeln») partout nicht ab.
Zwei Filme in einem
Doch so spannungsarm dieser Plot auch verläuft, er gestaltet sich immerhin die meiste Zeit über unterhaltsam. Die Chemie innerhalb des Ensembles ist hervorragend, wenngleich sich die Nebenfiguren allesamt nur über einzelne Spleens definieren lassen: Mayas Assistentin Ariana (Charlyne Yi, «The Disaster Artist») leidet unter schlimmer Höhenangst, Leah Rimini («The Clapper») mimt mit ihrer besten Freundin Joan das Klischee der großmäuligen aber liebenswerten besten Freundin. Auch über Mayas Freund Trey (Milo Ventimiglia, «Wild Card») erfährt man nicht mehr als dass es zwischen ihm und seiner Freundin ständig zu Diskussionen über die Frage kommt, ob die beiden nun eine Familie gründen sollen oder nicht (dass er sie verlässt, nachdem sie es verneint und sie am Ende des Films erst wieder zurücknimmt, als sie es sich anders überlegt hat, ist übrigens jener Aspekt, den wir zu Beginn meinten, als von einem „faden Beigeschmack“ die Rede war). Tiefgreifende Charakterzeichnung sieht natürlich anders aus.
Doch der gesamte Cast, zu dem auch [[High School Musical“-Star Vanessa Hudgens gehört, über deren Rolle wir allerdings nichts sagen können, ohne vorab zu viel zu verraten, hat sichtbar Freude an dem seichten Vergnügen. Und obwohl sich die konstruierten Ereignisse im weiteren Verlauf in immer hanebüchenere Sphären begeben, in denen immer dann ein glücklicher Zufall folgt, wenn sich die Autoren gerade in eine erzählerische Sackgasse geschrieben haben, wäre all das nur halb so schlimm, würden die Schreiber von „Manhattan Queen“ nicht noch weitaus ambitionierter denken. Und hier zerfällt der Film schließlich in zwei Teile.
Nachdem sich eine für einige vielleicht überraschende, für andere meilenweit gegen den Wind zu riechende Entwicklung bereits in der Mitte des Films inszenatorisch unspektakulär auflöst (und damit zu bezweifeln ist, dass die Macher hier überhaupt so etwas wie einen überraschenden Twist im Sinn hatten), wendet sich «Manhattan Queen» in der zweiten Hälfte dramatischeren Gefilden zu. So zumindest scheint es der Plan der Macher gewesen zu sein, denn nur, weil hier fortan eben nicht mehr die einzelnen Bestandteile und Vorzüge von Kosmetikprodukten im Mittelpunkt stehen, bedeutet das natürlich noch lange nicht, dass der anvisierte zweite Erzählpart funktioniert, in dem es grob um Familienzusammengehörigkeit geht. Im Gegenteil: Alles was bis dahin passiert, ist mit derart grobem Pinselstrich gezeichnet, dass sich die beabsichtigten Emotionen zu keinem Zeitpunkt entfalten können.
Und so ganz ohne Plausibilität und unter Zuhilfenahme möglichst vieler Zufälle lässt sich das Geschehen nun mal nicht ernst nehmen. Am Ende bleibt «Manhattan Queen» ein vorwiegend seichtes Vergnügen an dem man vor allem dann Spaß haben dürfte, wenn man auf erzählerische Kohärenz so überhaupt keinen Wert liegt und es einem ausreicht, dass sich hier zwei Stunden lang schöne Menschen vor schöner Kulisse Problemen hingeben, von denen unsereins froh wäre, wenn er sie hätte.
Fazit
Peter Segals Komödie «Manhattan Queen» zerfällt in zwei Teile. Die erste ist seicht und sympathisch, die zweite konstruiert, unglaubwürdig und hanebüchen. Aufs Gesamtergebnis betrachtet bedeutet das leider, dass sich der mit einigen fragwürdigen Moralitäten gespickte Film allenfalls mit sehr geringem Anspruch genießen lässt. Immerhin Jennifer Lopez gefällt in ihrer Rolle der charismatischen Hochstaplerin.
«Manhattan Queen» ist ab dem 17. Januar in den deutschen Kinos zu sehen.