In den USA kamen kürzlich Gerüchte auf, Konzern Liberty Media könnte darüber nachdenken, die Formel 1 (teilweise?) wieder zu verkaufen. Wie fällt eigentlich die Bilanz des Rennzirkus unter den neuen Besitzern aus? Pläne gab es viele; was aber wurde echt umgesetzt? Ein Gespräch mit Formel1-Kenner Christian Menath.
Formel 1 2019 im Überblick
- Saisonstart: 17. März Australien
- Saisonfinale: 1. Dezember Abu Dhabi
- Deutschland: 28. Juli Hockenheimring
- Anzahl der Rennen: 21
- Deutsche Fahrer: 2 (Vettel & Hülkenberg)
Noch schlummert die Formel1 in der Winterpause. Mitte Februar erwacht sie, dann stehen in Barcelona die ersten Testfahrten zur neuen Saison an. Gestartet wird diese Mitte März – wie üblich in Down Under mit einem Grand Prix am frühen Morgen deutscher Zeit. Doch rund um den Rennzirkus häufen sich jetzt schon die Schlagzeilen. US-Wirtschaftsjournalisten behaupteten jüngst, Formel1-Eigentümer Liberty Media würde nach nur gut zwei Jahren schon wieder über einen Verkauf seiner Anteile nachdenken. Die Bilanz beim US-Riesen soll, so ist zu hören, nicht ganz so berauschend ausfallen. Christian Menath, Ressortleiter Formel 1 bei
Motorsport-Magazin.com, selbst ein Hardcore-Motorsportfan/Petrolhead, findet, man könne keine in schwarz oder weiß getauchte Bilanz der Liberty-Zeit in der Königsklasse des Motorsports ziehen. Er findet, man könne keine in schwarz oder weiß getauchte Bilanz der Liberty-Zeit in der Königsklasse des Motorsports ziehen. Aber: „Die Amerikaner sind sicherlich etwas blauäugig an das Projekt herangetreten.“
Liberty hatte die Formel1 von der CVC übernommen, die den langjährigen Übervater des Rennzirkus, Bernie Ecclestone, als Geschäftsführer eingesetzt hatte. Und auch wenn sich Ecclestone am Ende mit einigen Ideen und Entscheidungen gehörig verzettelt hatte (man denke an den seltsamen Quali-Modus, der in Rekordzeit wieder abgeschafft wurde), so verstand er es bestens, die großen Strippen zu ziehen. „Bernie war ein Meister darin, Teams und Hersteller erst gegeneinander auszuspielen und dann wieder zu vereinen“, sagt Menath. So machte Ecclestone über Jahre hinweg die großen Deals. „Alle Interessen unter einen Hut zu bekommen, das ist die große Kunst.“
Liberty konnte die wirklich großen Themen der Formel1 – etwa die sich immer steigernde Kostenspirale – bis dato nicht anpacken. Bis 2020 ist alles festgeschrieben. Erst danach gibt es Möglichkeiten, wesentliche Anpassungen vorzunehmen. Doch Vorsicht ist geboten. Es gilt, die großen Player immer im Boot zu behalten. „Es bringt nichts, wenn man große Ideen hat, die wichtigsten Teams dann aber mit Ausstieg drohen. Von den Querelen innerhalb des Rennzirkus wusste eigentlich jeder, nur Liberty hatte sich Vieles wohl deutlich einfacher vorgestellt. Und muss sich jetzt den Vorwurf gefallen lassen, sehr viel versprochen, aber bei Weitem nicht alles umgesetzt zu haben. Auf der Haben-Seite stehen bis dato eher kleinere Korrekturen. „Im Bereich "Social Media" oder mit "Formel1 TV" hat man viel bewegt, auch wenn Letzteres vielleicht voreilig gestartet wurde.“ Grundsätzlich, sagt Menath, sei Formel1 nicht zuletzt wegen der umfassenden Re-Live-Möglichkeiten und der freien Kameraauswahl aber ein echter Mehrwert.
Ein eigener deutscher Kommentar würde den Dienst zusätzlich aufwerten, da der bestehende Kommentar von RTL eine andere Zielgruppe anspricht. Zusätzlich wären auch länderspezifische Vorberichte ein toller Service.
Exoten gegen Traditionalisten
Grundsätzlich kommen die Einnahmen aus der Formel1 aus drei Geldtöpfen. Da wären Einnahmen aus Fernsehrechten. Mit zahlreichen TV-Anbietern hat Liberty Verträge verlängert und neue ausgehandelt. Zudem wird in allen neuen Deals das eigene OTT-Produkt inkludiert. Der zweite Geldtopf ist das Sponsoring, der dritte die Einnahmen von den Rennstrecken. Damit die Formel1 an eine Strecke oder in ein Land kommt, müssen die lokalen Betreiber Geld zahlen. „Unter Bernie Ecclestone waren die Einnahmen von den Streckenbetreibern am Ende extrem hoch", berichtet Menath. Das brachte Probleme mit sich. Zahlreiche Traditionsstrecken, etwa der Hockenheimring, konnte die hohen Preise nicht mehr erwirtschaften. „In Ländern wie China, Russland, Bahrain oder Aserbaidschan gibt es andere Mittel, solche hohen Antrittsgelder aufzubringen“, berichtet Menath. Dies gehe aber zulasten der Tradition. Geändert hat sich bislang auch unter Liberty nichts, man spricht nur gerne davon.
„Einige in der Formel1 sind inzwischen etwas desillusioniert“, berichtet Menath. Und einige sollen auch gar nicht mehr so große Bedenken haben, wenn jetzt der Name Bernie Ecclestone als möglicher Interessent in Bezug auf den Erwerb von Formel1-Anteilen wieder auftaucht. „Man sagt inzwischen, dass unter Bernie gar nicht alles schlecht war“, erklärt der Motorsport-Experte.
In Deutschland könnte der Stellenwert der Rennklasse schon bald enorm steigen. Der Name Mick Schumacher, Sohn von Rennsportlegende Michael Schumacher, sorgt jetzt schon für Gänsehaut. Mick wird ab diesem Jahr in der Formel2 starten, der Rahmenserie der Formel1. RTL hat seinen Fokus jetzt schon in Teilen auf Mick gerichtet. Zu Testfahrten in Abu Dhabi schickte der Kölner Sender nach Informationen von
Motorsport-Magazin.com extra einen eigenen Redakteur, um Mick zu beobachten. Die Verhandlungen über die Live-Übertragungen der neuen Formel2-Saison laufen, angeblich mit mehreren Interessenten. Die Formel1 ist noch bis Ende 2020 komplett im Free-TV. Bei Sender RTL, der die Rennklasse seit Anfang der 90er ununterbrochen zeigt. „Der Vertrag mit RTL ist der vielleicht wertvollste der Formel1“, sagt Menath. Hinter Sky aus England betreibt RTL weltweit den größten Produktionsaufwand rund um die Formel1.
Und RTL überzeugt mit den hohen Reichweiten, die die Übertragungen des Senders an jedem Formel1-Wochenende erzielen. „Ich gehe daher schwer davon aus, dass RTL alles, aber auch wirklich alles dafür tun wird, um die Formel1 mit Mick Schumacher in seinem Programm zu behalten“, sagt Menath. Und damit auch den Herstellern in die Karten spielt. Diese sähen die hohen Reichweiten natürlich sehr gern. Nur ob RTL 2020 mit Liberty Media oder doch wieder einem anderen Formel1-Eigentümer verhandeln muss, das ist unklar. Genau wie die Frage nach dem genauen Regelwerk, für das in den kommenden Monaten wohl noch einige Kompromisse gesucht werden müssen. Fest steht somit nur: Die Formel1, sie bleibt auch außerhalb des Asphalts ziemlich spannend.