Der Fußball läuft weiterhin dem großen Geld hinterher und zeigt damit dem einfachen Fan die Schulter. Das könnte nun nach hinten losgehen. Ein Kommentar.
Gerüchte über eine Superliga
- 16 Mannschaften
- Anstoß: Samstag und Sonntag, je 21 Uhr
- €€€: Einnahmen von 900 Millionen Euro pro Saison (ein x-faches der aktuellen Champions League-Einnahmen)
Wie oft haben Sie beim Ansehen eines Fußballspiels schon gedacht, dass das auf dem Rasen da sowieso nur überbezahlte Multi-Millionäre sind? Oder wie oft haben Sie solche oder vergleichbare Sätze zuletzt zumindest gehört? Der internationale (Spitzen-)Fußball betreibt derzeit ein gefährliches Spiel mit dem Feuer. Geld soll es sein, immer mehr Geld als allen möglichen Töpfen. In Zeiten, in denen sich die TV-Nutzung mehr und mehr in Richtung On Demand verschiebt, ist Live-Fußball für die Fernsehstationen eines der letzten echten Lagerfeuer und dementsprechend bereitwillig zahlen sie auch.
Zur Zeit werden in geheimen Gesprächen offenbar weitere Grenzen ausgelotet. Schon länger macht der Begriff einer “Superliga” die Runde und dieser Tage wird wohl ein neuer Anlauf genommen. Glaubt man Medienberichten, könnte die Champions League ab 2024 vollständig reformiert werden und nicht mehr als klassisches Turnier, sondern als echte Liga gespielt werden. Der Modus jeder gegen jeden erhöht die Anzahl an Spielen, bringt also noch mehr Kohle. Die Tatsache, dass sich für diese Superliga nicht mehr die besten Mannschaften des Landes qualifizieren müssen, sondern dass es feste Starterlisten gibt und nur die schwächsten Teams eines Jahres aus der Superliga absteigen, bringt den ganz großen noch mehr Sicherheit, sich jedes Jahr am mächtigen Geldtopf bedienen zu dürfen.
Für ebenso viel Zündstoff sorgt zudem der Plan, die neue Superliga vor allem am Wochenende auszutragen - für sämtliche nationalen Ligen, die dann vermehrt auf Spiele unter der Woche ausweichen müssten, wäre das ein gewaltiger Rückschlag. Für DFL-Chef Christian Seifert kommen diese Spekulationen zur absoluten Unzeit. Er und seine Kollegen sind in der frühen Vorbereitungsphase für die Ausschreibung der Rechteperiode 21 bis 25. Die TV-Einnahmen in Deutschland noch einmal in dem Maße zu steigern wie vor drei Jahren ist jetzt schon ein Ding der scheinbaren Unmöglichkeit. Mit der neuen Superliga kommt nun eine weitere Unwägbarkeit hinzu, neben der krummen Saison 22/23, in der es eine lange Winterpause wegen der Winter-Pause für die WM in Katar geben wird.
Wie viel wäre denn eine Bundesliga den deutschen Sendern im letzten Jahr des Rechtezyklus noch wert, wenn die Bundesliga auf den Dienstag und Mittwoch abgeschoben wird? Und wie viel ist den Superliga-Mannschaften die heimische Bundesliga, dann wohl eine wirkliche B-Liga, noch wert? Die Schere zwischen den reichen und nicht ganz so reichen Bundesliga-Klubs ist jetzt schon vorhanden - und sie würde sich durch die Superliga noch massiv vergrößern. Die Superliga in der nun gemunkelten Form könnte der Knackpunkt der endgültigen Entfremdung sein. Zu viel Kommerz, zu viel Gier, zu wenig Identifikation mit der nationalen Fanstruktur.
So lange bei den großen Klubs aber das Denken an den rollenden Rubel vorherrscht, Ablösesummen ins aberwitzige steigen, kurzum: So lange die Vernunft nicht endlich in den Spitzenfußball einkehrt, wird sich die Sportart auf lange Sicht gesehen eher auf dünnem Eis bewegen. Es ist jetzt nicht nur an den Fans, Flagge zu zeigen, sondern auch an den TV-Sendern. Sie müssen die Superliga kritisch hinterfragen, wenn sie für die B(undes)-Liga nicht überhöhte Preise zahlen wollen.