Einiges sollte anders, vieles sogar besser werden im zweiten Jahr der Serie. Die Querelen hinter den Kulissen hielten jedoch an und obwohl man erfreulich ins Abenteuer startete, verfiel das ganze Konstrukt in der zweiten Hälfte wieder in alte Muster. Eine Analyse.
Schon im ersten Jahr der neusten Trek-Serie galt: Es hätte alles so schön sein können. Mit Bryan Fuller war ein Showrunner gefunden worden, der Trek ebenso sehr liebte wie die Fans. Doch endete die Verbindung zwischen ihm und CBS bereits vor Drehstart. Was dann folgte, war eine Staffel, der man die verschiedenen Visionen und Köche an jeder Ecke ansah und spürte, dass hier etwas auf den Fernsehschirm gelangt war, das eher Puzzle denn Kunstwerk darstellte.
Auch wenn die Serie ihre Fans fand und selbst bei inhaltlich kritischer Auseinandersetzung fast durchweg Spaß machte, unterhielt und mit einer starken Umsetzung und guten Darstellern punkten konnte, waren die Schwächen nie wirklich zu übersehen. Da man jedoch nicht annehmen konnte, dass sich eine chaotische Geschichte wie zum Start wiederholen würde, dominierte in Hinblick auf die zweite Staffel eindeutig die Hoffnung.
Alles wird besser
Unter dieser Maxime stand dann auch der erneute Anlauf, den Netflix hierzulande in den vergangenen vierzehn Wochen auf die Fernsehschirme brachte.
Gretchen Berg und Aaron Harberts hatten das von Bryan Fuller aufgesetzte erste Jahr halbwegs unfallfrei zu einem Ende gebracht und konnten nun endlich ihre eigene Vision der Serie leben. Oder vielleicht doch nicht? Schnell kamen erste Zweifel auf, ob die Einbeziehung der USS Enterprise im Staffelfinale wirklich auf ihrem Mist gewachsen war. Und tatsächlich: Inzwischen geht man davon aus, dass es vielmehr Akiva Goldsman war, der diese Idee in Absprache mit CBS verfügt hatte.
Doch machten Berg & Harberts zunächst das beste aus der Situation. Die Enterprise spielte keine große Rolle und mit dem aus der Originalserie bekannten Captain Pike als Interimsanführer der Discovery und der Suche nach Mr. Spock nahm man zwei spannende Elemente in die Handlung auf. Dem Flair der Serie halfen diese Kniffe ohne Frage. Zunächst spürte man sogar mehr Forschergeist, Humor und Freude, als das noch in der ersten Staffel der Fall gewesen war. Episoden wie "Bruder", "New Eden" und insbesondere "Charonspfennig" und "Soweit die Erinnerung reicht" machten wirklich Freude.
Mitten in der Produktion zogen jedoch abermals schwarze Wolken am Horizont auf.
Die Fassade bröckelt …
Somit muss man feststellen, dass nach der Hälfte der Staffel ein erneuter Richtungswechsel stattfand. Die Geschichte rund um die sieben Signale und den Roten Engel wurde zurechtgebogen und mit Sektion 31 und dem Kampf gegen Control angereichert. Das Ergebnis: Ein ähnliches Drama wie in der ersten Staffel mit dem Wechsel vom Kriegsszenario auf den Trip ins Spiegeluniversum. Nichts wurde in der Folgezeit mehr ausreichend ausgearbeitet, die inhaltlichen Sprünge wurden immer größer, die Logiklöcher nahmen schnell überhand.
Während die Geschichte immer unübersichtlicher wurde, fehlte der Staffel aber auch ein klarer Antagonist. Die Agenden der Beteiligten wurden nicht durchgezeichnet. Man war in alte Verhaltensmuster verfallen und hatte das gelungene Setup ohne Not auf den Kopf gestellt. Was folgte, war viel Drama, eine Menge Action und teils hanebüchene Wendungen. Popcorn-Trek für den ganz kleinen Hunger. Schade.
Alles wird besser?
Die gute Nachricht lautet jedoch: «Star Trek: Discovery» wurde für eine dritte Staffel verlängert und wird bereits im Juli wieder in Produktion gehen, auch wenn nicht vor Frühsommer 2020 mit einer Ausstrahlung zu rechnen ist. Zuvor hat CBS All Access mit der neuen (und immer noch titellosen) Picard-Serie nämlich noch ein anderes, dickes Ass im Ärmel, das hierzulande (offiziell) noch keinen Sender oder Streamingdienst gefunden hat. Netflix scheint aber raus zu sein.
In der neuen Staffel mit der USS Discovery und ihrer Crew wird derweil Alex Kurtzman die Position des Showrunners weiterführen, verstärkt durch Michelle Paradise, die in der zweiten Staffel zur Produktion gestoßen war. In der Realität dürfte Paradise allerdings das Gros der Entscheidungen treffen, da Kurtzman als Trek-Boss in zu viele Projekte eingebunden ist und langfristig kaum die Zeit für Alltagsarbeiten an einer Serie haben dürfte.
Ob das dann zu ruhigerem Fahrwasser führt oder der Serie die Probleme treu bleiben werden, muss man abwarten. Das offene Ende der zweiten Staffel lässt vermuten, dass zum Zeitpunkt des Drehs noch kein finaler Plan bestand, wie es weitergehen soll. Der Zeitrahmen, in dem die Serie spielt, die Besetzung und auch Fragen nach dem neuen Captain belegte man sicher bewusst mit Fragezeichen und wird seitdem vermutlich intensiv zu Lösungen gekommen sein.
Der Serie wäre es zu wünschen, dass nun wenigstens einmal eine Staffel folgen darf, die einer einzelnen Vision entspringt und dann auch konsequent durchgezogen wird. Auch darf es gerne einmal nicht um das Ende allen Lebens in der Galaxie gehen. Ein paar intelligente Geschichten und gute Entwicklungen rund um die fraglos sympathischen Figuren würden vielen Fans sicher schon reichen. In Sachen Optik und Score bietet das Format ohnehin perfekte Serienunterhaltung. Drama bis zum Abwinken ist aber einfach nicht alles – und kann auch nicht jede Schwäche übertünchen. Oder anders gesagt: Weniger ist mehr.