Mit «Avengers: Endgame» haben die Marvel Studios den Punkt erreicht, auf den sie seit über einem Jahrzehnt hingearbeitet haben. Drei Phasen hat das Mammutprojekt des Macher gebraucht, um letztendlich (fast) alle Helden in einer riesigen Schlacht aufeinander treffen zu lassen. Doch wie schneidet die dritte Phase im Vergleich zu den anderen beiden ab? Quotenmeter.de hat die Phasen noch einmal Revue passieren lassen.
Vier Jahre dauerte die erste Phase, in der Marvel seine größten Helden in Solofilmen vorstellte.
«Iron Man» machte 2008 mit seinem titelgebenden Helden den Anfang, gefolgt von weiteren Filmen, darunter
«Thor» (2011) und
«Captain America: The First Avenger» (2011). Das große Finale der ersten Phase stellte 2012
«The Avengers» dar, der nicht nur an den Kinokassen einen gigantischen Erfolg für sich verbuchen konnte, sondern auch bei Fans und Kritikern gleichermaßen auf ein positives Echo stieß. Mit Phase 1 bewies Marvel also, dass der kontinuierliche Aufbau der Superhelden sowohl filmisch funktionierte und zugleich finanziell massive Erfolg feiern konnte, selbst mit misslungenerer und vernachlässigbaren Ablegern wie
«Iron Man 2» (2011).
Der große Antagonist, der das gesamte Geschehen in dem Superheldenuniserum überschattet, war bereits in Phase 1 Thanos, gespielt von Josh Brolin. Früh wurde bereits klar, dass sich dieser Bösewicht nicht so schnell in das Kampfgeschehen begeben wird. Anstatt sich mehr auf den Gegenspieler zu konzentrieren setzte Marvels zweite Phase, die 2013 mit
«Iron Man 3» eingeläutet wurde, mehr auf die Fortführung bereits bekannter und die Etablierung neuer Charaktere. So erblickten zum ersten Mal die
«Guardians of the Galaxy» 2014 das Licht der Welt, ebenso wie
«Ant-Man», der 2015 sein Debüt feierte. Charaktere wie Thor und Captain America erhielten mit
«Thor: The Dark Kingdom» (2013) und
«The Return of the First Avenger» (2014) ihre erfolgreichen Sequels, wobei besonders letzterer nicht selten als bester Marvel-Film gehandelt wird.
Trotz des wieder einmal großen Erfolgs von Phase 2 hat auch die zweite große Welle Superhelden-Filme einige Makel. So ist «Iron Man 3», der die Phase 2 einleitete, nicht gerade das, was man als rundum gelungenes Sequel bezeichnen würde. Dazu gesellt sich auch der zweite Auftritt von Thor, der leider weit hinter den Erwartungen zurückblieb. Allerings konnte «The Return of the First Avenger» vollends überzeugen und zeigte, dass Marvel auch einen ernsthafteren Superheldenfilm inszenieren kann, der Anleihen am Spionage- und Thrillergenre hatte. Der zweite Auftritt der Avengers hingegen,
«Avengers: Age of Ultron» (2015) sollte natürlich der größte Film der zweiten Phase werden, wurde jedoch nicht so gut aufgenommen wie noch der erste Auftritt der Helden. Verständlich, wenn man überlegt, dass der Antagonist Ultron im Nachhinein keine bedeutende Rolle spielt und viele Geschehnisse konsequenzlos bleiben. Beendet wurde die Phase mit dem humorvollen und erfrischend schnell inszenierten «Ant-Man», der die Fans optimistisch auf Phase 3 einstimmte.
Und mit der dritten Phase wurde die Rolle des Antagonisten Thanos deutlicher hervorgehoben als je zuvor. Wurden im ersten Film der neuen Phase,
«The First Avenger: Civil War» (2016), noch Konflikte unterhalb der Avengers behandelt, verhielt es sich mit
«Guardians of the Galaxy Vol. 2» (2017) schon anders. Obwohl es nicht Teil des Haupthandlung war, wurden in kleineren Handlungssträngen Thanos weiter charakterisiert und ausgebaut, bevor er später seinen großen Auftritt bekam. Es folgten klassische „Origin Stories“, wie man sie von Seiten Marvels schon so oft gesehen hatte. Es werden neue Helden nach ähnlichen Mustern eingeführt, meist mit einem Antagonisten, den es zu besiegen gilt, der nach dem Film jegliche Relevanz verliert. So verhielt es sich auch mit
«Doctor Strange» (2016),
«Spider-Man: Homecoming» (2017) und
«Black Panther» (2018).
Steckbrief
Martin Seng ist seit April 2018 Teil von Quotenmeter. Als Journalist arbeitet er regelmäßig für mehrere Fachmagazine im Film-, Videospiel- und Sportbereich. Neben Quotenmeter.de schreibt er unter anderem für das DEADLINE Filmmagazin, Spieletipps.de und das BOXSPORT Magazin.
Sein Interessensgebiet liegt vornehmlich auf dem frühen deutschen Film der Weimarer Republik und der nationalsozialistischen Filmindustrie, sowie auf den ersten Jahrzehnten des russischen Kinos. Bei Quotenmeter schreibt er neben Film- und Fernsehkritiken auch Kolumnen über die Filmgeschichte oder aktuelle Entwicklungen im Kino.
Würde man ihn nach seinem Lieblingsfilm fragen, würde er wahrscheinlich sehr lange überlegen und sich nicht zwischen dem südkoreanischen «Oldboy» und «M – Eine Stadt sucht einen Mörder» entscheiden können. Bei Fernsehserien hingegen würde er sofort mit «Die Sopranos» und «Twin Peaks» antworten.
Obwohl die Phase 3 mit «Avengers: Endgame» den zweifelsohne größten Superheldenfilm in ihren Reihen hat, beflügelt sie das noch nicht zur besten. Dieses Privileg müsste man nämlich immer noch der zweiten Phase zuschreiben, die mit «Return of the First Avenger» nicht nur den immer noch besten Marvel-Film in ihren Reihen hat, sondern auch die populären Guardians einführte. Zugegeben, manche Sequels der Phase wie etwa «Iron Man 3» sind keine Glanzstücke, aber auch weit entfernt von einem Fehlschlag. Im direkten Vergleich zeigt sich, dass Filme der dritten Phase, wie beispielsweise
«Thor: Tag der Entscheidung» (2017) und
«Captain Marvel» (2019) deutlich unbedeutender sind, als es viele der zweiten Phase sind.
Durch den Mut, den Phase 2 mit der Inszenierung von ungewöhnlichen Helden wie Ant-Man und den Guardians bewies, macht sie sich selbst zur vielseitigsten und zugleich besten Phase. Doch wer weiß, welchen Einfluss der offiziell letzte Teil der dritten Phase,
«Spider-Man: Far From Home» (2019), auf das Marvel-Universum haben wird. Spätestens mit dem Beginn der vierten Phase wird das Universum der Superhelden wieder wild durcheinander gewürfelt, insbesondere, da durch Disneys Rechte-Kaufwahn nun auch die X-Men und Fantastic Four im selben Kosmos mitmischen können.