Während die Kritiker gerade über «Chernobyl» von HBO und Sky jubeln, schickt ZDFneo ab Samstagabend «La Zona» an den Start, eine Serie über die Folgen eines fiktiven Reaktorunfalls.
Die Hauptdarsteller und ihre Rollen
Eduard Fernández als Kommissar Hector Uría
Alvaro Cervantes als Kommissar Martin Garrido
Alba Galocha als Zoe Montero
Alexandra Jiménez als Julia Martos
Marina Salas als Esther Uría
Karlos Sastre als Dani
Josean Bengoetxea als Chefinspektor Carreño Diese deutsch-spanische Ko-Produktion stellt die Frage nach dem Unfassbaren: Drei Jahre nach einer schweren Nuklearkatastrophe sind weite Teile Nordspaniens noch immer unbewohnbar. Ganze Ortschaften waren in Nacht-und-Nebel-Aktionen umgesiedelt worden und erst jetzt dürfen nach und nach die ersten Menschen unter strenger Aufsicht zurück in ihre Heimat. In der Bevölkerung herrscht Missmut über die unzureichenden Hilfen und das vermeintliche Missmanagement der Behörden.
Viele Menschen sind bei oder kurz nach der Havarie gestorben. Unter den Ersthelfern hat nur einer überlebt: Kommissar Hector Uría (Eduard Fernández). Seitdem ist er süchtig nach Tabletten, die ihm seine Ärztin, mit der eine Affäre hat, zuschanzt. Zuvor war seine Ehe am tragischen Tod seines Sohnes zerbrochen. Sein erster Einsatz als Polizist nach der Trauma-bedingten Abwesenheit führt ihn zurück in die Sperrzone, in der Schmuggler und Wölfe ihr Unwesen treiben: In einer Lagerhalle hängt kopfüber die Leiche eines Mannes, die nicht nur die Tiere angefressen haben.
Das klingt nach einer opulenten Basis für eine atmosphärische Serie mit großem dramatischen Potential: Doch die erzählerische Inkonsequenz verhindert leider, dass «La Zona» als packendes Genre-Stück oder als intellektuelle Reflexion über den Zusammenbruch der Zivilisation und das kollektive Trauma eines ganzen Landstrichs funktionieren kann.
Denn schon die Prämisse begnügt sich mit dem Abstrakten: Die eigentliche Katastrophe ist drei Jahre her – und auch wenn der Ausnahmezustand anhält, haben sich die Figuren mit ihrem neuen Leben irgendwie arrangieren müssen. Das Trauma ist nicht mehr akut, die Gefahr zwar noch präsent, aber im Hintergrund, unsichtbar. Die HBO-Sky-Produktion «Chernobyl» sorgt nicht zuletzt wegen ihrer erzählerisch dichten Schilderung des unmittelbaren Desasters gerade für Furore – «La Zona» will sich dagegen damit beschäftigen, wie Menschen einige Zeit danach in einen neuen Ist-Zustand finden.
Das ist ein legitimer Versuch und wäre – richtig umgesetzt – wohl nicht minder ergiebig. Doch ein solcher Stoff kann nur durch starke Figuren funktionieren, und hier hat diese Serie wohl ihr deutlichstes Defizit: Kommissar Uría hat zwar zahlreiche traumatische Ereignisse in seiner Backstory, aber zumindest in den ersten Folgen bleiben sie und ihre emotionalen Konsequenzen bloße Andeutungen. Derweil wird viel Zeit auf einen behelfsmäßigen Kriminalfall und ein ominöses Schmuggler-Netzwerk verwendet, die aber deutlich weniger interessant sind als die Details zu Urías seelischem Ausnahmezustand – und erst recht als der Reaktorunfall, der fast die gesamte spanische Atlantikküste ausgerottet hat!
Leid, Schock und Trauer werden dagegen wie am Fließband abgearbeitet: Eine Bürgerversammlung klagt die unzureichende Reaktion des Staates an, ein älteres Ehepaar zieht aus Heimatverbundenheit zurück in die Nähe des in die Luft geflogenen Kernkraftwerks, eine Ärztin screent die Strahlenbelasteten. Doch anstatt diese Figuren präzise zu führen und sie individuell auszugestalten, wirkt diese Abarbeitung wie das Schaulaufen der schönen neuen Katastrophenwelt. Für eine Serie über das Unfassbare ist «La Zona» schier erschreckend normal.
ZDFneo zeigt acht Folgen von «La Zona» samstags ab dem 1. Juni, jeweils ab ca. 22.00 Uhr in Doppelfolgen.