Wussten Sie, dass es in der Schweiz mehr Schutzräume pro Kopf gibt als in jedem anderen Land? Kurz vor Schluss lässt der Luzerner «Tatort» noch einmal eidgenössische Trivia ab.
Cast & Crew
Vor der Kamera:
Stefan Gubser als Reto Flückiger
Delia Mayer als Liz Ritschard
Jean-Pierre Cornu als Eugen Mattmann
Fabienne Hadorn als Corinna Haas
Peter Jecklin als Heinz Oberholzer
Ingo Ospelt als Ferdi Oberholzer
Tabea Buser als Martina Oberholzer
Hinter der Kamera:
Produktion: SRF und Zodiac Pictures
Drehbuch: Urs Bühler
Regie: Katalin Gödrös
Kamera: Jutta Pohlmann
Produzenten: Reto Schaerli und Lukas HobiAls die junge Boxerin Martina Oberholzer (Tabea Buser) ihrer gleichaltrigen Gegnerin im Ring einen derartigen Schlag versetzt, dass die an Ort und Stelle an einem Herzinfarkt verstirbt, ist sie von ihrer Tat verständlicherweise völlig schockiert. Einzig ihr windiger Box-Promoter (Urs Humbel), der schicke Anzüge trägt, mit Yuppie-Terminologie um sich wirft und sich ein permanentes Lächeln ins Gesicht gemeißelt hat, dass man reinschlagen möchte, findet die Sache super. Mit „Martina, the Killer“ können alle jetzt so richtig abkassieren.
Blöd, dass die Killerin, zerfressen von Schuldgefühlen und Gewissensdruck, sofort mit dem Boxen aufhören will. Um sich vor ihrem psychopathischen Promoter zu schützen, hat sie ein Heftchen angefertigt, in dem seitenweise Namen und Adressen der Mitglieder eines Doping-Rings notiert sind. Natürlich waren auch sie und ihre tote Gegnerin vollgepumpt bis obenhin.
Als Martinas Onkel den gemeingefährlichen Yuppie erschießt, ruft das Reto Flückiger (Stefan Gubser) und Liz Ritschard (Delia Mayer) auf den Plan. Der Umstand, dass der Schütze artig am Tatort auf sie wartet, macht die Sache einfacher. Blöd, dass er sich als polizeilicher Kollege und alter Weggefährte von Ritschard entpuppt, ein ominöses Geheimnis eingeschlossen. Aber alle Drei haben ohnehin erst einmal andere Sorgen: Boxerin Martina ist spurlos verschwunden. Ein Live-Stream zeigt sie eingesperrt in einem Keller irgendwo in Luzern. Nach ein paar simplen Überlegungen gibt das Team ihr 72 Stunden Überlebenszeit. Die Uhr tickt…
„Ausgezählt“ macht sich nun auf zu einer waghalsigen Tour: in Liz Ritschards seltsame Vergangenheit, in einen Knast, wo aus dem mutmaßlichen Mörder ein verdeckter Ermittler wird, der sich an die Hintermänner ranmachen soll, ins Doping-Milieu und in die Welt der überbetonten Nichtsätze. Des Yuppie-Boxpromoters letzte Worte, als der einen Mann mit der Hand am Abzug einer Pump-Gun vor sich sieht? „Oops-y!“ Wie Boxerin Martina ihre Mitschuld am Tod ihrer Gegnerin verarbeitet? „Das ging mir krass unter die Haut. Die ist tot!“ Wenn Flückiger mal wieder nicht aufpasst und die Kontrolle über seine Ermittlungen verliert: „Hey, Stopp! Was läuft hier?“ Wenn der Zuschauer informiert werden muss, wie viele finstere Keller es in der Eidgenossenschaft so gibt: „Kein Land hat mehr Schutzräume pro Kopf als die Schweiz.“ Na sowas.
In „Ausgezählt“ kann man das Reißbrett, an dem dieser Film entstanden ist, nicht nur wegen seiner vorhersehbaren Dramaturgie, seiner schamlos karikaturhaften Figuren und seiner thematischen Oberflächlichkeit erspüren: Man kann es in fast jeder Dialogzeile auch völlig ungeniert hören. Das ist umso erstaunlicher, weil dieser Film ja zahlreiche sehr dramatische Elemente einführt und noch dazu (auch mit billigeren Mitteln) auf die Spitze treibt: Eine sonderbare Familienkonstruktion, in der der Onkel einer Boxerin vermeintlich ihren Peiniger erschießt, während unerbittlich die Uhr runterläuft. Doch „Ausgezählt“ verzettelt sich unentwegt: Liz muss an ihrem Vorgesetzten Dokumente vorbeimogeln, Reto seine Bedenken vortragen, und dann unbedingt noch eine Erklärung gefunden werden, warum eine Kollegin Lippen lesen und deshalb dechiffrieren kann, was Martina so in die Live-Feed-Kellerkamera stottert. Dabei hat der Boxpromoter kurz vor seinem Exitus noch den rettenden Tipp gegeben: „Boxen, Survival! Das wollen die Leute sehen!“
Das Erste zeigt «Tatort – Ausgezählt» am Sonntag, den 16. Juni um 20.15 Uhr.