In «Drei Schritte zu dir» verlieben sich zwei Teenager ineinander, die Mukoviszidose haben und sich daher nicht nähern dürfen …
Filmfacts «Drei Schritte zu dir»
- Regie: Justin Baldoni
- Produktion: Cathy Schulman, Justin Baldoni
- Drehbuch: Mikki Daughtry, Tobias Iaconis
- Darsteller: Haley Lu Richardson, Cole Sprouse, Moisés Arias
- Musik: Brian Tyler, Breton Vivian
- Kamera: Frank G. DeMarco
- Schnitt: Angela M. Catanzaro
- Laufzeit: 116 Minuten
- FSK: ab 6 Jahren
Tragikomische Teenagergeschichten sind spätestens seit des Kinoerfolgs von «Das Schicksal ist ein mieser Verräter» groß im Kommen. Zumeist handelt es sich dabei, wie schon bei der Krebsgeschichte mit Shailene Woodley und Ansel Elgort, um Bestselleradaptionen. «Drei Schritte zu dir» fällt insofern aus dem Rahmen, denn diese Krankengeschichte hat keine literarische Vorlage – selbst wenn das Drehbuch von Tobias Iaconis und Mikki Daughtry noch vor dem regulären «Drei Schritte zu dir»-Kinostart eine Romanadaption erhielt. Und dennoch ist die Nähe zu «Das Schicksal ist ein mieser Verräter» gegeben: Iaconis und Daughtry wurden vom Schicksal der Mukoviszidose-Patientin Katie Prager inspiriert, die zusammen mit ihrem Partner Dalton Prager in der US-Presse als "Das «Schicksal ist ein mieser Verräter»-Paar in echt" bezeichnet wurde.
Regisseur Justin Baldoni derweil lernte im Rahmen eines Dokumentarfilms die YouTuberin Claire Wineland kennen, die es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, die Videoplattform zu nutzen, um über ihre Mukoviszidose-Erkrankung aufzuklären. Von Wineland nachhaltig beeindruckt, wollte er unbedingt das «Drei Schritte zu dir»-Drehbuch adaptieren und holte sie sich als Beraterin ins Boot. Dieser Einfluss ist dieser rührenden, warmherzigen sowie tragikomischen Teenagerromanze durchaus anzumerken: «Drei Schritte zu dir» ist kein betrüblicher Tränenzieher, sondern strahlt dank seiner weiblichen Hauptfigur eine flippige, mitreißende Energie aus. Die dient als emotionales Fundament, um mit dieser neuen, filmischen "Liebe, die nicht sein soll" mitzufiebern – auch dann, wenn Baldoni sowie Iaconis & Mikki Daughtry gegen Schluss überkonstruierte Wege gehen, um zum emotionalen Höhepunkt zu gelangen.
Für die 17-jährige Stella (Haley Lu Richardson) ist das Krankenhaus das zweite Zuhause: Die an Mukoviszidose erkrankte Frohnatur verbringt einen Großteil ihres Lebens dort, weshalb sie auch das Personal bestens kennt. Wenn sie nicht gerade untersucht wird, Übungen macht oder Pillen schlucken muss, dreht Stella YouTube-Videos, in denen sie ihren Followern ihre Krankheit erklärt, über das Leben im Krankenhaus spricht und sie an ihrer Therapie teilhaben lässt. Egal vor der Kamera oder im "normalen" Leben: Zwar gibt es kurze Augenblicke des Trübsinns, doch gemeinhin geht Stella mit einem Lächeln auf den Lippen durch den Tag und versucht, das Amüsanteste aus der Sache zu machen. Im ebenfalls unheilbar kranken Poe (Moises Arias) hat sie auch schon längst einen besten Freund gefunden.
Eines Tages kommt mit dem sarkastischen, vom Leben enttäuschten Will (Cole Sprouse) ein neuer Mukoviszidosepatient ins Krankenhaus. Rasch entsteht zwischen dem Neuling und Stella eine komplizierte Dynamik: Sie bekommt beim Anblick, wie nachlässig er mit seiner Behandlung umgeht, die Krise. Andererseits kann sie sich seinem unter der rauen Schale so verletzlichem Charme nicht entziehen. Sie machen einen Deal ab: Er darf sie zeichnen, wenn sie ihm dabei helfen darf, seine Therapie auf die Reihe zu kriegen, statt sich das Elend weiter anschauen zu müssen. Ein Deal, der nicht leicht über die Bühne zu kriegen ist. Denn aufgrund ihres Krankheitsbildes müssen Will und Stella (entgegen des Titels) stets vier Schritte voneinander entfernt sein …
Einen sehr großen Anteil am Gelingen von «Drei Schritte zu dir» trägt Hauptdarstellerin Haley Lu Richardson: Die unter anderem aus «Split» und «The Edge of Seventeen – Das Jahr der Entscheidung» bekannte Mimin spielt Stella mit einer packenden Begeisterungsfähigkeit und umwerfendem Charisma. Dabei gelingt es Richardson, ihr Spiel so zu verankern, dass Stella nicht als Wolkentänzerin dasteht – durch gelegentliche ernste Blicke und eine zuweilen Bedauern durchschimmern lassende Intonation legt sie Stella viel mehr als Energiebündel an, das dem Unverbesserbaren entgegnet, indem sie so viel Freude hat, wie ihr in ihrer Situation möglich.
Bei dieser Darstellung kann sich Richardson auch auf die herrlichen Texte verlassen, die das Skript liefert: Stellas YouTube-Videos klingen authentisch, ebenso wie ihr neckischer Verbalschlagabtausch mit ihrem schwulen besten Freund. Etwas filmisch-überhöhter, aber niemals verkitscht, ist der schleichende Prozess, wie aus der ununterbrochenen Kabbelei zwischen Stella und Will nach und nach Zuneigung wird. Schade derweil, dass Ex-Disney-Star Cole Sprouse sich als Will etwas zu sehr auf seinen (zweifelsohne überzeugenden) Schmachtblick verlässt, während er bei kleinen Scherzlein etwas steif bleibt. Aber wie Richardson, macht auch er das Aufweichen seiner Rolle glaubhaft.
Baldoni beginnt den Film mit kuschelig-warmherzigem Spaß und übersteigert die Tonalität im Mittelpunkt sukzessive sowie dezent ins hollywoodeske-verträumte, indem er in wärmeren Farben (so weit es das Krankenhaussetting zulässt) einen romantischen Abend schildert. Im Schlussakt springt Baldonis Regieführung und Musikauswahl dann übereifrig zu größeren Gesten, ähnlich wie auch das Skript von "Wir lassen das Publikum Gefühle entwickeln" leicht forcierte Maße annimmt. Doch die liebenswerten Figuren und das allgemeine Fingerspitzengefühl, mit dem «Drei Schritte zu dir» das bittersüße Thema "Schwer verliebt, aber man darf sich aus Krankheitsgründen nicht näher kommen" anpackt, haben bis zum Ende Bestand.
«Drei Schritte zu dir» ist ab sofort in vielen deutschen Kinos zu sehen.