«Tatort», «Black Panther», «Deutschland 86»: Florence Kasumba ist im internationalen Kino, im nationalen Fernsehen und in der Streamingwelt heimisch. Dabei wurde ihr lange gesagt, sie werde nur wenige Rollen erhalten.
Sie sprechen die Hyäne Shenzi in der Originalfassung sowie in der deutschen Version vom neuen «König der Löwen». Wie kann ich mir da die Logistik vorstellen, wurden Sie prompt für beide Fassungen gecastet?
Nein, ich wurde zunächst für die englischsprachige Fassung besetzt. Ich bin schon früh zum Projekt dazugekommen, die Aufnahmen haben 2017 begonnen und fanden in einer Black Box statt, wo dafür eine Art Theater aufgebaut wurde. Ein halbes Jahr später haben wir uns dann noch einmal getroffen und klassisch in einem Tonatelier weitere Aufnahmen gemacht. Bis ich für die deutsche Version angefragt wurde, hat es dann noch einmal etwas gedauert. Es sind ja nicht direkt zwei unterschiedliche Projekte, aber beide Fassungen liegen ja naheliegenderweise in der Verantwortung anderer Personen. Nur, weil man im Original spricht, heißt es ja nicht automatisch, dass man auch in der deutschen Fassung mitspricht, oder der Fassung in sonst einer Sprache, die man spricht.
In meinem Fall ist es halt so, dass ich ja aus Deutschland komme. Deutsch ist meine Muttersprache, und es ist so gesehen rein zufällig, dass ich im Original gelandet bin, da ich fließend Englisch kann. Also hat sich einige Zeit später das Synchronteam bei mir gemeldet, und mich gefragt, ob ich mich selber synchronisieren möchte.
Ich kann mir beide Alternativen gut vorstellen – was also traf zu: Fiel Ihnen die deutsche Version leichter, weil Sie dann schon voll drin im Projekt waren? Oder war die deutsche Fassung schwerer, weil es da halt ums Synchronisieren ging, statt ums Erschaffen der Tonspur, auf die später animiert wurde?
Für mich war es auf jeden Fall schwerer, die deutsche Version einzusprechen. Wir haben die englische in Los Angeles 2017 so erstellt, als sei es ein Theaterstück: Wir durften uns im Raum bewegen und hatten die Mikros am Körper. Wir konnten uns frei bewegen, es wurde nicht erwartet, dass wir die Texte in eine bestimmte Richtung sprechen. Es gab kein Mikro, das fest im Raum stand, an dem wir uns zu orientieren hatten. Ich durfte mich wie in der Savanne oder wo auch immer um meine Kollegen bewegen, mich in meine Rolle einfühlen und an die Anderen heran pirschen oder sie anspringen. Im deutschen Studio fühlte ich mich daher schon eingeschränkt, zumal die Texte nun auf den fertigen Film passen mussten. Und deutsche Sätze sind teilweise viel länger als englische, und das war eine richtige Herausforderung.
Ich denke, Sie würden sich also als sehr physische Schauspielerin bezeichnen?
Ja, zweifelsfrei. Besonders bei diesem Film: Während wir uns unterhalten, gestikuliere ich schon recht viel – aber ich bewege mich nun ja wie ein Mensch. Und ich fand, dass ich, um nicht so wie im Alltag zu klingen, ich mich bei «Der König der Löwen» auch hyänenhaft bewegen musste, um da eine andere Klangwelt zu erschaffen. Daher fühlte ich mich beim Aufnehmen des Originals auch in die Zeit zurückversetzt, in der ich Shenzi auf der Bühne gespielt habe. Das hat mir sehr geholfen, während ich bei den Aufnahmen im Tonstudio schon etwas gehadert habe. Ich konnte mich bewegen, aber nicht derart frei – und das fand ich ehrlich gesagt nicht sehr leicht.
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Ich [..] habe zwar am Anfang meiner Karriere oft gesagt bekommen, ich sei schwer besetzbar, weil ich ein anderer Typ sei, aber ich habe mich davon nie demotivieren oder einschränken lassen. Im Gegenteil: Dadurch habe ich beschlossen, dass ich alles tu, damit ich guten Gewissens sagen kann, dass ich von diesem Beruf leben kann.
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Florence Kasumba
Gibt es Ihrer Erfahrung nach Unterschiede, wie mit Schauspielerinnen und Schauspielern international und national, bei Serien und bei Filmen, bei Streaming- und bei TV-Projekten umgegangen wird?
Ich glaube, da kann man nichts verallgemeinern, zumal mir da auch tatsächlich noch Erfahrungspunkte fehlen – so habe ich in Amerika noch keine Low-Budget-Produktion gemacht. Da habe ich nur Blockbuster gemacht, worüber ich aber sagen kann, dass man da am Set, egal wie groß deine Rolle ist, extrem verwöhnt wird. Da wird sich sehr um dein Befinden gesorgt, was wohl dem geschuldet ist, dass da mehr auf dem Spiel steht und sich viel mehr gleichzeitig bewegt, weshalb man halt sofort funktionieren muss, wenn man dran ist. Diese Produktionen geben dir alles, was du brauchst, um dich auf deine Figur vorzubereiten. Aber die haben halt auch das Budget, um das zu gewährleisten. Eine Low-Budget-Produktion könnte das nicht, und daher finde ich es teilweise schwerer, für solche Projekte zu spielen, weil die Arbeit zwar dieselbe ist, ich aber weniger Vorbereitungsmöglichkeiten und Vorbereitungszeit habe.
Dennoch: Mir ist es wichtig, mich als Schauspielerin nicht einzuschränken. Ich mache gerne Marvel-Filme
und deutsche Serien, ich würde mich nie zum Beispiel allein aufs Kino festlegen und in dem Medium auch noch auf eine Gattung Film. Ich hatte Kollegen, die mir schon im Studium geraten haben, nur diese oder jene Art Rolle anzunehmen, nur in bestimmten Ländern zu drehen … Und oft ist es so, dass diese Kollegen irgendwann keine Arbeit mehr bekommen haben, weil sie sich zu sehr festgelegt haben.
Ich hingegen habe zwar am Anfang meiner Karriere oft gesagt bekommen, ich sei schwer besetzbar, weil ich ein anderer Typ sei, aber ich habe mich davon nie demotivieren oder einschränken lassen. Im Gegenteil: Dadurch habe ich beschlossen, dass ich alles tu, damit ich guten Gewissens sagen kann, dass ich von diesem Beruf leben kann. Und das Ziel habe ich erreicht: Ich kann das nun schon seit gut 20 Jahren von mir behaupten.
Thema Gleichberechtigung: Hat sich die Auswahl an Rollen über die Jahre verbessert?
Also, ich finde, dass sich national und international vieles zum Positiven entwickelt. Ich schätze, dass ich da einen guten Überblick über die Entwicklung von Rollenangeboten habe, weil ich halt international sowie national arbeite. Was ich aber bemerkt habe: Die Anfragen, die ich aus Amerika erhalte, sind oft dominante, starke Frauen während ich solche Rollen im Action-Bereich nicht aus Deutschland angeboten bekomme. Nicht, weil es diese Rollen nicht gibt, sondern weil diese Rollen so schwer zu besetzen sind. Ich habe zum Beispiel erst sehr spät gesagt, dass ich Kampfsport kann – und wenn niemand weiß, dass ich, so weit es die Versicherung erlaubt, meine eigenen Stunts mache, kann mich niemand für diese Rollen besetzen.
Es gibt so viele Faktoren, die entscheiden, ob man eine Rolle angeboten bekommt oder nicht, und da stecken wir als Schauspieler nicht immer drin. «Der König der Löwen» zum Beispiel: Ich freue mich, dass ich Shenzi spielen darf, aber ich weiß genau, dass es so viele andere Frauen gibt, die das genauso gut könnten. Allein in Hamburg haben so viele Frauen die Rolle wunderbar auf der Bühne dargeboten. Es ist immer auch eine Frage des Glücks und des Timings und anderer Faktoren, weshalb man diese oder jene Filmrolle erhält. Da lohnt sich wieder, Ausdauer zu zeigen, statt direkt zu sagen: Schade, ich kriege nicht die Rollen, die ich gerne hätte.
Vielen Dank für das Gespräch.
«Der König der Löwen» startet am 18. Juli 2019 in vielen deutschen Kinos.