«Schlag den Besten»: «Schlag den Raab» ohne Star

Die neue ProSieben-Spielshow «Schlag den Besten» will wieder «Schlag den Raab»-Gefühl aufkommen lassen. Nur kompakter. Unsere Gedanken zur Show ...

Am Donnerstagabend zeigte ProSieben seinen nächsten Neustart in diesem Sommer voller Primetime-Neustarts. Nach dem feschen Wettkampfspaß «Joko und Klaas gegen ProSieben», der sensationell erfolgreichen Maskeraden-Musikshow «The Masked Singer» und dem Jobcastingflop «Der Traumjob bei Jochen Schweizer» folgte nun «Schlag den Besten».

Es ist «Schlag den Raab», «Schlag den Henssler» oder «Schlag den Star». Nur ohne Raab, Henssler oder Stars.

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Herzlichst,
Showkritiker Sidney Schering (im Namen der Quotenmeter.de-Redaktion)

Na gut, na gut: Wenn's denn unbedingt ausführlicher sein muss, bitte sehr! «Schlag den Besten» ist der jüngste Ableger des von 2006 bis 2015 bei ProSieben gezeigten Showepos «Schlag den Raab». 55 Ausgaben lang duellierte sich Entertainer Stefan Raab seinem leichten Übergewicht und seinem Alter zum Trotz mit jüngeren, fitteren Normalsterblichen. Und fegte sie in etwa 70 Prozent der Fälle vom Studioboden. Das machte einen enormen Teil des Reizes aus: Ein Gemüter spaltender Moderator, die Einen feierten ihn für sein augenzwinkerndes Ego, die Anderen waren genervt von ihm, zockte sich durch stundenlange Spieleabende. Und bezwang dabei jede Wahrscheinlichkeit. Ja, Raab war motoraffin und hatte in solchen Spielen einen Vorteil, sonst aber war es oftmals der reine Wille und Kampfgeist, der ihn über die Ziellinie gebracht hat. Daher konnte man mit ihm mitfiebern – oder seinen Gegnern die Daumen drücken. Je nach Vorliebe.

2009 startete als Sommerpausen-Überbrückung des Originals «Schlag den Star». Seither änderte das Format mehrmals sein Konzept und seinen Sendeplatz. Aufgezeichnet oder live. Mit Stefan Raab als Joker, mit Raab als Moderator. Ohne Raab. Mit Promis, die gegen Normalos kämpfen. Mit Promis, die gegen Promis kämpfen. Was sich als roter Faden durch sämtliche Showvarianten gezogen hat: Je verbissener, je engagierter die Promis, desto besser die Show. Viel zu häufig mutierte «Schlag den Star» jedoch zum freundlichen Kollegen-Spieleabend oder zur schlecht kaschierten Wohltätigkeitsshow, in der Promis es ihren normalsterblichen Kontrahenten nicht zu schwer machen wollten – von wegen Imagepflege und so.

2017 und 2018 zeigte ProSieben wiederum acht Folgen des «Schlag den Raab»-Nachfolgers «Schlag den Henssler». Auf dem Papier eine starke Entscheidung: Henssler hat den Ruf, eine ähnliche Kampfsau wie Raab zu sein. Henssler ist eine spaltende Medienpersönlichkeit. Und dennoch wollte der Funke nicht so ganz rüber springen. Zwar gewann Henssler fünf seiner acht Shows, was sich eigentlich sehen lassen kann, aber die öffentliche Wahrnehmung ging in eine andere Richtung:

Oftmals wurde Hensslers Einsatz bemängelt, noch häufiger die geänderte Showdramaturgie. War es unter Raab eine völlige Seltenheit, dass ein Spiel für eine Werbepause unterbrochen wurde, wurde es bei «Schlag den Henssler» zur Gewohnheit. Online beschwerten sich Showfans unentwegt, ProSieben aber wiegelte ab, man müsse sich ja an die Regularien für Werbezeiten halten und könnte genauso wenig auf Werbung verzichten. Und so käme es bei einer Liveshow halt manchmal zu unvorhergesehenen Momenten, in denen ein Spiel für die Werbung unterbrochen werden muss. Die Showgötter allein wissen, wieso das bei «Schlag den Raab» reibungsloser gelaufen ist. Die Show verlor durch die ungelenken Pausen an Dramaturgie – und eben dieses Aufbauen eines epochalen Showkampfes war es doch, die «Schlag den Raab» zum Pflichttermin gemacht hat. Kurzum: Die Quoten bewegten sich dramatisch nach unten, Henssler gab auf.

Jetzt also tritt «Schlag den Besten» auf den Plan. Als aufgezeichnete Show, entgegen erster, trügerischer Berichte nicht am Samstagabend, sondern am Donnerstagabend. Die grundlegende Änderung gegenüber den bisherigen «Schlag den …»-Versionen bringt uns (die Älteren werden sich erinnern) zurück in eine Showära, als Spielshows mit Promis ein Kuriosum waren und es stets nur um Fernsehende ging, die sich ein Zubrot verdienen: «Schlag den Besten» ist ein Duell zwischen zwei Normalos. Wer den Abend gewinnt, gewinnt nicht nur 50.000 Euro, sondern darf in der nächsten Ausgabe noch einmal um 50.000 Euro spielen. Und so weiter. Und so weiter. Es wird also, nach der Auftaktfolge, zu einem steten Wettstreit gegen den amtierenden Champion.

Daher ist es nicht ganz fair, «Schlag den Besten» bereits anhand der Auftaktfolge zu bewerten. Die Showdynamik wird sich zwangsweise ändern, sobald Kandidaten zurückkehren und das Publikum somit leichter Favoriten bestimmen kann. Gönnt man es dem "Titelverteidiger"? Oder findet man ihn doof und will lieber den Neuling siegen sehen? Diese Fragen beeinflussen die Fallhöhe der Spielshow – und spielen in der Premiere selbstredend noch keine Rolle. Zumindest aber macht ProSieben dezente Hoffnung, doch noch aus der «Schlag den Henssler»-Kritik gelernt zu haben: Das Unterbrechen von Spielen für eine Werbepause wurde wieder stark herunter gefahren. Was aber verwundert: Es wurde noch immer nicht gänzlich aufgegeben – und dabei ist dies eine Aufzeichnung! Wäre es wirklich unmöglich gewesen, die Werbeblöcke so zu positionieren, dass kein einziges Mal einer Spielrunde der Wind aus den dramaturgischen Segeln genommen wird?
Wird «Schlag den Besten» für euch zum Pflichtprogramm?
Ja, ich will jede Folge schauen
38,8%
Nein, ich werde nur gelegentlich reinschauen
31,3%
Nein, ich schau's nie wieder
17,3%
Ich muss Folge eins erst nachholen
12,5%

Trotzdem: Mit elf Runden, zwei Teilnehmern, für die es wirklich um was geht und die sich daher mehr anstrengen als so mancher «Schlag den Star»-Promi, und mit der gewohnten «Schlag den ...»-Mischung aus Quiz, Sport, Geschick und "Moment, was spielen die jetzt?!"-Augenblicken empfiehlt sich «Schlag den Besten» als (relativ) kompakter «Schlag den Raab»-Ableger mit Zukunft.

Für treue «Schlag den ...»-Fans der ersten Stunde ist bloß bedauerlich: In der Post-Raab-Ära hat sich die Innovationslust der Redaktion hinsichtlich der Spiele, die gespielt werden, klar verringert. Etwas seltener auf Bewährtes zu setzen und mal wieder irgendein Gaga-Spiel auszutesten, ein beliebtes Brettspiel zum absurden Studiospiel aufzublähen oder eine Trendsportart anzupassen – das täte dem «Schlag den ...»-Kosmos sicher gut.

«Schlag den Besten» läuft donnerstags ab 20.15 Uhr bei ProSieben.
08.08.2019 23:08 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/111339