«Stromberg»-Erfinder Ralf Husmann ist für die Drehbücher verantwortlich, Katrin Bauerfeind spielt die Hauptrolle: Und nicht nur diese Beiden machen die erste Joyn-Serie zu einem Fest.
Cast & Crew
Vor der Kamera:
Katrin Bauerfeind als Eva Margarete Jordan
Natalia Belitski als Yvonne Papadakis
Alexander Khuon als Philip Stenzel
Mira Partecke als Renate Kimmlinger
Adina Vetter als Ingrid Sommerfeld
Ulrich Gebauer als Ludger Brinkmann
Carmen-Maja Antoni als Frau Röwer
Hinter der Kamera:
Produktion: W&B Television GmbH & Co. KG
Drehbuch: Ralf Husmann, Christian Martin und Anneke Janssen
Regie: Felix Stienz und Fabian Möhrke
Kamera: Brendan Uffelmann
Produzentin: Nanni ErbenLaut Madeline Albright ist für Frauen, die anderen Frauen nicht helfen, ein ganz besonderer Platz in der Hölle reserviert. Frau Jordan (Katrin Bauerfeind), Gleichstellungsbeauftragte einer mittelgroßen Provinzstadt irgendwo in Deutschland, könnte sicher so einige Geschlechtsgenossinnen nennen, die dorthin gehören: etwa Ingrid Sommerfeld (Adina Vetter), die Leiterin der Verkehrsabteilung mit überdeutlichen Ambitionen auf das Bürgermeisteramt, die sich angepasst und zugeknöpft gibt und von dem ganzen Gleichstellungsgedöns nichts hält. Ihre Devise: Feminismus muss man selber machen – und wenn man dafür bei der Eheschließung wie selbstverständlich den Namen des Mannes annimmt und an ekelhaften Metzgereiwerbetafeln mit Altherrenanzüglichkeiten – der Slogan „Sie suchen Frischfleisch?“, unterstrichen mit üppigen Brüsten – einfach vorbeiläuft, ist das doch nur pragmatisch.
Frau Jordan, die deutlich weniger zugeknöpft, dafür umso trinkfester und zwischenmenschlich interessierter auftritt, ist da ganz anderer Auffassung: Die Kämpfe sind noch lange nicht ausgefochten, die Diskriminierung alltäglich, die Notwendigkeit entschiedener gesellschaftlicher Arbeit so evident wie eh und je. Dass sie damit recht hat, wird uns Folge für Folge deutlich, wenn eine neue Figur ins Kommunalbüro gestapft kommt und von ihrem jeweiligen Problem erzählt: Etwa eine Floristin, die von ihrem jungen, attraktiven Chef sexuell bedrängt wird – ein Fall, an dem etwas didaktisch, aber doch angenehm nachdrücklich durchexerziert wird, dass sexuelle Belästigung kein Schönheitswettbewerb ist und die Täter nicht immer alt und hässlich sind.
Eine Folge später hat eine ältere Aktivistin die Umbenennung des Hindenburgplatzes zu Ehren einer antifaschistischen Feministin zu ihrem Lebensziel auserkoren. Und anstatt diesen Umstand als Ausgangspunkt für die spöttische Ausschlachtung des Lebens einer in die Jahre gekommenen Eigenbrötlerin zu verwenden, machen die Autoren daraus ein feinfühliges und humoristisch treffsicheres Portrait, das noch dazu nette Lebensreflexionen bei den Mitarbeiterinnen im Gleichstellungsbüro anstoßen darf: Frau Jordan bekommt es etwas mit der Angst, einmal genauso zu enden wie die vereinsamte alte Frontkämpferin, während ihre Kollegin Yvonne (Natalia Belitski), die ihr Leben bisher weitgehend als schürzenjagende Partymaus verbracht hat, ins Grübeln kommt, welcher guten Sache sie ihre nächsten Jahrzehnte auf Erden widmen will.
Wieder ist es Husmann und seinen Co-Autoren gelungen, in ihren Drehbüchern ein Feuerwerk an Pointen und wohlplatzieren komischen Anspielungen mit facettenreichen und klug ausgearbeiteten Figuren zu kombinieren. Während Frau Jordan eindrucksvoll vorführt, dass feministische Ideale und ein pragmatischer Umgang mit den Vorzügen des eigenen Körpers nicht im Widerspruch zueinander stehen müssen, ist ihre Beziehung zum Obersexisten dieses Formats, dem abstoßend säftelnden Bürgermeister (Ulrich Gebauer), nicht nur von selbstverständlicher Abneigung, sondern auch von menschenfreundlicher Zuwendung geprägt, wenn’s drauf ankommt. Denn hinter all den Punchlines, ihren persönlichen Unsicherheiten und ihrer Selbstschutz-Ironie ist sie eine richtig nette, liebevolle Frau. Der Bürgermeister degeneriert derweil trotz aller abstoßender Sexisterei („Die [Jordan] hat die Glocken raushängen lassen heute Morgen; da hab‘ ich mir überlegt, ob ich mich nicht als Glöckner bewerben sollte.“) nicht zum billigen, ethisch einfach besiegbaren Antagonisten, sondern ist als Persönlichkeit reif genug, manche Liebenswürdigkeit achtungsvoll zu erwidern.
Wunderbar komisch und genau in der richtigen Dosierung tiefgründig sind auch die zahlreichen Nebencharaktere, deren sehr talentierte Darsteller(innen) – Natalia Belitski, Alexander Khuon, Mira Partecke und Adina Vetter – konsequent verhindern, dass sie aufgrund des großen Figurenvorrats und der Sendezeitbeschränkungen zu Stichtwortgeber(innen) verkommen, während Katrin Bauerfeind diese Sendung mit erstaunlicher spielerischer Leichtigkeit zu tragen versteht. Selten war #metoo lebensbejahender und zukunftsoptimistischer als in dieser Serie.
Die Serie «Frau Jordan stellt gleich» ist auf Joyn zu finden.