Das Axel-Springer-Boulevardblatt will zur TV-Marke werden, und Julian Reichelt wettert bereits in Richtung ARD und ZDF.
Häufig wird die 'Bild' aufgrund ihrer tendenziösen Berichterstattungen und ihren Brüchen mit dem Pressekodex
herbe kritisiert. Dessen ungeachtet verkauft sie sich noch immer massenweise – selbst wenn die Auflagezahlen rückläufig sind. An Selbstbewusstsein mangelt es den Köpfen hinter dem Axel-Springer-Boulevardblatt bekanntermaßen nicht – und daher überrascht es wohl kaum, in welch großen Tönen 'Bild'-Chefredakteur Julian Reichelt die Pläne seiner Zeitung anpreist, sich zur Fernsehmarke auszubauen.
Gegenüber dem 'Spiegel' bläst Reichelt direkt zum Angriff gegen ARD und ZDF: "Wir wollen das Land, die Welt, die Politik und den Alltag der Menschen so zeigen, wie es die Leute erleben, und nicht so steril und weichgespült wie teilweise bei den Öffentlich-Rechtlichen." Bezeichnend ist, dass Reichelt nicht die teils hapernden Versuche der öffentlich-rechtlichen Sender kritisiert, Neutralität zu wahren, oder deren (nicht durchweg fruchtenden) Bemühungen, faktenorientiert abzubilden, wie die Welt ist – stattdessen wettert Reichelt, 'Bild' werde anders als ARD und ZDF zeigen, wie die Leute Politik "erleben".
Damit deutet Reichelt frühzeitig an, dass 'Bild' im TV-Medium genauso sehr auf emotionalisierte bis gefühlte Berichte setzen will, wie schon in Print und Online. Außerdem merkt Reichelt gegenüber dem 'Spiegel' an, dass ihm ein Eiltempo wichtiger ist als hohe Produktionsstandards: "Wenn nötig, schicken wir zehn Leute los, die innerhalb von 24 Stunden vor Ort und sendefähig sind. Die brauchen nicht erst Satellitenschüsseln, Übertragungswagen, Maske und ewige Planungskonferenzen."