Sechs Live-Folgen der Chris-Tall-Show zeigte RTL in den vergangenen Wochen immer am späteren Freitagabend. Wie gut war das Format und wie wichtig ist es für den Kölner Privatsender?
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Ich denke, in der Branche hatte man es (als Comedy-Newcomer) vor zehn Jahren noch schwerer. Heute gibt es ja viele Möglichkeiten, sich auch als Neuling zu präsentieren, wenn ich an die vielen ,Open Mics' denke. Und wir haben natürlich auch gute TV-Shows, die auf Newcomer setzen, etwa den «Quatsch Comedy Club» oder «Nightwash».
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Chris Tall im Interview mit Quotenmeter.de
Chris Tall wollte laut eigener Aussage schon früh Comedian werden. "Ich hab Mario Barth gesehen, da war ich 13, und hab gedacht: Genau das will ich machen“, erklärte Chris Tall vor einigen Jahren in einem Interview mit dem
stern. Insofern ist es ziemlich passend, dass in der vorerst letzten Folge seiner Personality-Show bei RTL ausgerechnet Barth zu Gast war. Er reihte sich damit in die RTL-lastige Riege der Gäste ein, die in den vergangenen Wochen sonst
«Darf er das? Live! Die Chris Tall Show» besuchten.
Dauerpräsent war in der abgelaufenen Staffel von «Darf er das?» vor allem Comedian Oliver Pocher. Er spielte einen amerikanischen Nachrichtenmoderator, der Thorsten Legat hereinlegte und half Evelyn Burdecki aus einem Escape-Room heraus. Wüsste man es nicht besser, hätte man zeitweise fast meinen können, Pocher sei so etwas wie Chris Talls Sidekick gewesen.
«Darf er das?» ist zweifelsfrei Kost für die breite Masse, und Chris Tall so etwas wie ein Mario Barth für die junge Generation. Er spricht zwar ohne Akzent, benutzt dafür aber schon mal Slang und macht lieber Witze über sein Gewicht als über Männer- und Frauen-Themen. Damit passt er weiterhin gut an jeden Stammtisch. Das mag nicht allen gefallen, doch kommerziell funktioniert es. Neben RTL zeigte zuletzt auch Amazon Prime Interesse an dem Comedian, für den Streamingdienst setzte er mehrere Folgen der Show «Chris Tall Presents…» um.
Live-Situation als Stärke von «Darf er das?»
Sein «Darf er das?» bei RTL hatte in der letzten Staffel einen besonderen Vorteil gegenüber anderen Comedy-Vertretern: Das Format ist seit dieser Staffel live auf Sendung, was einige neue Möglichkeiten eröffnete. So versuchte sich Chris Tall gleich mehrere Male an Live-Pranks, einmal sogar unter den Augen von Mr. Versteckte-Kamera Guido Cantz. Die Meldungen, die Chris Tall in seinem Stand-up zu Beginn der Show präsentierte, wurden tagesaktuell herausgesucht. Dass man wirklich live ist, unterstrich zusätzlich die digitale Anzeige der Uhrzeit im Hintergrund.
Abgesehen davon, ob man Chris Tall nun lustig findet oder nicht: Eines muss man ihm lassen. Der erst 28-jährige Comedian kommt mit der Live-Situation hervorragend zu recht. Von Nervosität beim Gastgeber war in seinen Sendungen in den vergangenen Wochen keine Spur - falls er es doch war, dann ließ er es sich zumindest nicht anmerken. Chris Tall gelang es, die Fäden zusammenzuhalten, was gerade in einer eng getakteten Live-Show nicht einfach ist.
Ziemlich absurd mutete in den vergangenen Wochen hingegen die Live-Schalte zum «RTL Nachtjournal» im Rahmen der Sendung an - ähnlich wie jener «Tagesthemen»-Teaser, den Das Erste gewöhnlich zum Ende seiner Talkshows bringt. Das «Nachtjournal», das einen gewissen Anspruch an Seriosität an sich selbst stellt, wirkte in Chris Talls Quatsch-Show maximal deplatziert. Immerhin in der letzten Folge verzichtete RTL dankenswerter Weise auf die unpassende Schalte.
Positiver Quotentrend und neue Folgen
«Darf er das? Live!»: Positiver Quotentrend
- F1: 0,87 Mio. (5,8% / 11,1%)
- F2: 0,89 Mio. (5,7% / 11,4%)
- F3: 1,01 Mio. (6,6% / 12,6%)
- F4: 0,94 Mio. (6,0% / 10,6%)
- F5: 1,18 Mio. (7,0% / 15,3%)
- F6: 1,40 Mio. (8,5% / 17,0%)
Beirren ließen sich die Zuschauer davon aber nicht, ganz im Gegenteil legte «Darf er das?» in Staffel zwei eine bemerkenswerte Quotenentwicklung hin. Startete die Show am 13. September mit ausbaufähigen 0,87 Millionen Zuschauern und 11,1 Prozent der 14- bis 49-Jährigen, reichte es 14 Tage später bereits zu ordentlichen 12,6 Prozent. Eine starke Leistung zeigten vor allem die Folgen fünf und sechs, die mit 15,3 Prozent und 17 Prozent der Umworbenen gleich zweimal hintereinander neue Allzeit-Rekorde aufstellten. Auch insgesamt zeigte sich ein positiver Reichweitentrend, im Laufe der Staffel gewann RTL rund eine halbe Million Zuschauer hinzu. Einziger Wermutstropfen: Aufgrund der schwachen Startphase wusste das Format die Durchschnittswerte aus Staffel eins nicht zu toppen.
Und dennoch ist wenig verwunderlich, dass es für die Chris-Tall-Show weitergehen soll. „Wir sehen uns im Januar wieder, es geht weiter mit «Darf er das? Live!»“, kündigte der Gastgeber bereits am Ende der bislang letzten Folge an. Auf Anfrage von Quotenmeter.de hat RTL die Verlängerung inzwischen bestätigt, weitere Details gebe es aber noch nicht. Alles andere als eine Fortsetzung wäre nach dem positiven Quotentrend der letzten Wochen allerdings verwunderlich gewesen. Auch RTL wird sich in der Comedy früher oder später verjüngen müssen, «Willkommen bei Mario Barth» etwa ist schon seit zehn Jahren auf Sendung. Wenngleich Chris Talls Humor nicht für jeden etwas ist: In der Masse funktioniert er. Und für eine größere Karriere bei RTL ist das bekanntlich eine gute Grundvoraussetzung,