«Watchmen»: Superhelden ohne Umhang

Seit Montag können deutsche Zuschauer die HBO-Serie bei Sky Deutschland sehen. Die Presse ist von dem neuen Werk sehr begeistert.

Seit Oktober 2010 strahlt der amerikanische Pay-TV-Sender Home Box Office (HBO) die erste und womöglich einzige Staffel der auf dem gleichnamigen Comic basierende Fernsehsehserie «Watchmen» aus. Erfolgsproduzent Damon Lindelof kündigte an, dass es unter Umständen keine zweite Staffel geben werde. Die Reichweiten sind in den Vereinigten Staaten von Amerika mit rund 800.000 linearen Zuschauern überschaubar, der Presse gefällt das neue Format, das seit Montag, dem 4. November 2019 bei Sky empfangbar ist, sehr gut.

Troy Patterson vom „The New Yorker“ lobte „die klaren Actionszenen“ und die Spannung der Serie. „Das mag ein wenig weit hergeholt klingen, aber die Serie stellt sich unter ihren desorientierenden Provokationen definitiv in eine kontroverse Auseinandersetzung mit dem amerikanischen Kanon und Fragen des schwarzen Erbes“, so Patterson. Der Reporter des New Yorkers sagt, dass die historischen Szenen die Themen der Serie aufgreift: „Macht und Gerechtigkeit, aggressive Unterdrückung und superheldenhafter Widerstand“ sind die Themen.

Gelobt wird vor allem Hauptdarstellerin Regina King, die mit ihrem Superheldenheldenkostüm durch Tulsa schreitet und eine „subtile und muskulöse Performance“ abliefert. Patterson ist sich sicher, dass es einen epischen Showdown zwischen King und dem zweiten Hauptdarsteller Jeremy Irons geben wird. „«Watchmen» ist für das Superhelden-Genre das, was ein revisionistischer Western für einen grundlegenden Cowboy-Mythos ist, mit John Wayne im Sattel der nationalen Identität“, so Patterson.

„Die Geschichte wechselt geschickt zwischen unserer eigenen Geschichte und der alternativen, die Alan Moore und Dave Gibbons (Die Comic-Autoren und -Illustratoren, Anmerkung der Redaktion) hergestellt haben“, sagte Alan Sepinwall vom „Rolling Stone“. Für ihn sei die Serie kein Auslaufmodell von Peak TV, also dass man die guten Serien in der Schwemme von neuen Formaten nicht mehr findet.

Für Sepinwall ist eine besondere Folge ein Meilenstein: „Die sechste Episode, eine weitgehend schwarz-weiße Reise zurück nach New York in den späten dreißiger Jahren, erschließt die Geheimnisse und Themen der Serie so intelligent und kühn, dass ich den gleichen eindringlichen, ungläubigen Nervenkitzel empfand, den ich seit Kevin Garvey nicht mehr erlebt habe, als er Karaoke sang, um bei «The Leftovers» zu entkommen, wenn nicht gar seit wir herausgefunden haben, dass John Locke bei «Lost» vor dem Flugzeugabsturz im Rollstuhl saß.“

„Lindelofs Interpretation ist keine Dekonstruktion von Superhelden-Serien oder von TV-Dramen im Allgemeinen, so wie der Comic andere Comics auseinander genommen hat“, stellte Sepinwall fest. Laut Sepinwall habe sich das Fernsehen in der Post-«Sopranos»-Zeit vielfach dekonstruiert und die Comics in die „schreckliche Welt, in der wir jetzt leben“ übertragen.



„«Watchmen» ist lobenswertig mutig, wenn die Serie in der Vergangenheit und Gegenwart der USA eintaucht“, sagte Danette Chavez von „AV Club“. Allerdings ist die Autorin skeptisch: „Hoffen wir nur, dass die Serie bei ihrer Suche nach Helden nicht die wahren Monster aus den Augen verliert.“ Sie sagt, dass der Pilotfilm bei der New York Comic Con viel Kritik einstecken musste, aber die weiteren Folgen weitaus besser abschnitten.

„Die Serie, ist eigenwillig, provokant und überaus ambitioniert. Die kreativen Köpfe hinter dieser Produktion wollen permanent mit unseren Erwartungen spielen, Verwirrung stiften und immer wieder die Wissbegierde des Publikums wecken“, fasst Felix Böhme von Serienjunkies zusammen. „Hinsichtlich der Charaktere übt man sich (…) aber in cleverer Zurückhaltung, was sich letztlich auszahlt. Als Außenstehende nehmen wir viel eher Teil an deren Alltag, als dass uns die Inhalte ihrer Leben mundgerecht serviert werden.“
04.11.2019 14:18 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/113385