«SOKO Wien» trifft «SOKO Leipzig» – ein bisschen wie: Big Mac trifft Whopper. Kein Wunder, dass einem hinterher ein bisschen schlecht ist.
Cast & Crew
Vor der Kamera:
Melanie Marschke als Hauptkommissarin Ina Zimmermann
Stefan Jürgens als Major Carl Ribarski
Brigitte Kren als Oberst Dr. Henriette Wolf
Marco Girnth als Oberkommissar Jan Maybach
Lilian Klebow als Gruppeninspektorin Penny Lanz
Thorsten Merten als Kurt Lehrmann
Hans-Maria Darnov als Michael Havranek
Hinter der Kamera:
Produktion: Satel Film GmbH
Drehbuch: Max Gruber, Markus Hoffmann und Uwe Kossmann
Regie: Erhard Riedelsperger
Kamera: Kai Longolius
Produzenten: Heinrich Ambrosch, Sonja Hofmann und Henriette LippoldZwei «SOKO»-Teams für eine Prime-Time-Folge zusammenzulegen und das als Special zu promoten, wirkt ein bisschen, als würde man es als große kulinarische Errungenschaft bezeichnen, einen Big Mac mit einem Whopper zu kombinieren – das innovative Crossover ist dann nur eine schnöde Verdoppelung: fettig, klebrig, mit plastikähnlicher Konsistenz, und hat in einem Gourmet-Restaurant in etwa so viel verloren wie, nun ja: eine «SOKO»-Auskoppelung in der Prime-Time. Insbesondere, wenn sie sich für ihren großen Auftritt zur Hauptsendezeit nicht einmal sonderlich herausputzt, sondern unaufgeregt wie immer ihr überschaubar interessantes Alltagsprogramm abspult: hölzerne Figuren, reißerische Inszenierung, inhaltliche Fehler und Logiklücken am laufenden Band, samt einer erzählerischen Erwartbarkeit, die im Lauf der langen Jahre irgendwann zum internen Gütesiegel erhoben worden sein muss.
Alles beginnt – wie bei vielen vergleichsweise einfallslosen öffentlich-rechtlichen Filmen, die in Wien spielen – auf dem Prater. Freizeitparks haben in menschenleerem Zustand ja immer etwas Schauriges an sich (Literaturempfehlung am Rande: „Joyland“ von Stephen King, wo es einen ähnlich gruselt wie beim «Vierten Mann», jedoch aus anderen Gründen), ganz besonders jedoch, wenn ein einfältig dreinblickender Typ (Thorsten Merten) mit einer Eisenstange Jagd auf sein nächstes Opfer macht.
Um zu erfahren, wie es zum Äußersten kommen konnte, werden wir drei Tage zurück nach Leipzig versetzt, wo Hauptkommissarin Ina Zimmermann (Melanie Marschke) beim dienstlichen Durch-die-Stadt-Cruisen gerade ihren Brummschädel verarbeitet, den sie sich bei der Interpol-Sauferei in Wien zugezogen hatte. Doch der Einsatz ruft: Der Irre mit der Eisenstange hat gerade einen Konzertviolinisten entführt und ihm das Instrument entwendet, bevor er wenig später in der österreichischen Hauptstadt auftaucht und dort einen Geigenbauer mit einer Garotte bearbeitet. Also muss auch Ina Zimmermann zurück in die Donaumetropole – und trifft dort wieder auf Major Ribarski (Stefan Jürgens), mit dem sie das Interpolseminar verschnäpselt hatte. Was für ein Zufall.
So geht es dann eineinhalb Stunden lang weiter: langatmig, handlungsarm, unpsychologisch. Der Leipziger auf Rachefeldzug mordet sich durch Heurigenabende und Praterbesuche, während die sächsischen und österreichischen Polizisten Motiv und mögliche Opferlisten zusammenpuzzeln. Wieso sich die gesetzten Herren vom körperlich nun nicht sonderlich imposanten Rache-Ossi ohne jeglichen Widerstand abmurksen lassen, ohne ihm auch nur eine Schramme zu versetzen, bleibt ebenfalls ein abenteuerliches Rätsel. Als Easter Egg für Aufmerksame darf eine Gerichtsmedizinerin vom „Gastrointensitaltrakt“ sprechen, den man nach ein paar Staatsexamina eigentlich als „Gastrointestinaltrakt“ kennen sollte: Auch für Fernsehautoren wäre das sinnvolles Background-Wissen.
Lächerlich fehlerhafte Details sind hier jedoch ein Luxusproblem: Denn egal ob beim Wühlen in alten Tonbandaufnahmen von Erich Mielke, bei denen nicht nur den zuhörenden Figuren ganz anders wird, beim Wo-waren-Sie-damals-Verhör oder dem gebetsmühlenartigen Abklappern der Wiener Touri-Hotspots von Prater bis Heldenplatz – «Der vierte Mann» ist der reinste Vorabend: beliebig, ambitionslos, abwaschbar. Oder um mit einem Bernhard-Drama zu schließen: „Das Ganze war ja eine absurde Idee, nach Wien zurückzukehren, aber die Welt besteht ja nur aus absurden Ideen.“ Zumindest, wenn man die Prime-Time mit den Mitteln des Vorabends bestreiten will.
Das ZDF zeigt «Der vierte Mann» am Freitag, den 8. November um 20.15 Uhr.