Die Sat.1-Thrillerreihe «Julia Durant ermittelt» sieht filmisch aus, und bringt dieses Mal auch durchaus Nervenkitzel mit sich. Die Charakterzeichnung ist aber wieder einmal ein Schwachpunkt.
Cast und Crew
- Regie: Nicolai Rohde
- Drehbuch: Andreas Bareiss, Kai Uwe Hasenheit
- Cast: Sandra Borgmann, Eric Stehfest, Guido Broscheit, Ilknur Boyraz, Sebastian Zimmler, Katharina Schlothauer, Cornelia Ivancan, Bernd Hölscher, Germain Wagner, Peter Milusz
- Kamera: Henner Besuch
- Schnitt: Verena Herzog
- Musik: Thomas Klemm
Im jüngsten Fall der Sat.1-Thrillerreihe «Julia Durant ermittelt» wird die Alte Mainbrücke in Frankfurt zum Schauplatz eines furchtbaren Ereignisses: An einem dünnen Seil baumelt eine Leiche über dem Flusswasser. Der Knoten ist ein säuberlich geknüpfter Schmetterlingsknoten, die Haut des Opfers wurde mit duftendem Rosenöl behandelt. Die Profilerin Julia Durant (Sandra Borgmann) kennt dieses Muster aus einem früheren Fall: Serienmörder Dietmar Gernot (Bernd Hölscher), den sie vor Jahren einbuchten ließ, präparierte seine Opfer ebenfalls so. Der Killer ist aber weiterhin inhaftiert. Handelt es sich also um einen Trittbrettfahrer? Oder dirigierte der Verbrecher diese scheußliche Tat aus dem Gefängnis heraus? Durant beginnt zu ermitteln, doch der Täter scheint ihr immer mehrere Schritte voraus zu sein. Nach und nach wird in Durant eine fürchterliche Sorge wach: Ist die neue Tat nur ein Lockmittel, und ist sie in Wahrheit diejenige, mit der ein Spiel gespielt wird?
Die Sat.1-Montagsfilme der vergangenen Wochen, die allesamt als Thriller beworben wurden, waren teilweise nur auf kosmetischer Ebene Thriller, tonal gehörten sie mitunter eher dem im deutschen Fernsehen allgegenwärtigem Krimigenre an. Der neuste Julia-Durant-Einsatz «Mörderische Tage» lässt sich dagegen wirklich mit gutem Gewissen als Thriller bezeichnen: Wir blicken mehrmals lange und intensiv auf sogenannte "Weiße Folter", also auf perfiden Psychoterror ohne körperliche Attacken. Und erzählerisch liegt der Schwerpunkt weniger auf der Frage "Wer ist der Täter?" (wenngleich sie sehr wohl eine Rolle spielt), sondern mehr auf dem Aspekt, was den Täter antreibt, was seine Taten mit den Bauern in diesem psychischen Schachspiel macht und wie Julia Durant auf dieses durchgedrehte Spielchen eingeht.
Erneut hinkt die psychologische Skizzierung der handelnden Figuren der Klasse der visuellen Präsentation hinterher. Denn während Handlungsmotive und emotionale Reaktionen auf das Geschehene oft situativ-glaubhaft, aber dünn bleiben, zünden Regisseur Nicolai Rohde und Kameramann Henner Besuch, gemessen an den Maßstäben deutscher TV-Eigenproduktionen, durchaus wuchtige bildsprachliche Granaten ab. Die Gestaltung des Folterraums, in dem der Täter seine Opfer geistig malträtiert, mag nicht vor Originalität triefen, dennoch ist der niedrige, betongraue, saubere Raum mit schmerzlich gleißendem, weißem Licht ein starkes Bild, dass Rohde mit Wirkkraft in Szene setzt.
Neben diesem beklemmenden Folterverlies sind auch die Verhörszenen mit Durants Nemesis, die in sattem Schwarz und muffigem Produktionsdesign das visuelle Gegenteil zur Weißen Folter darstellen, und die prägnanten Luftaufnahmen der gläsernen Frankfurter Skyline eindrucksvoll. Dass der vornehmlich von der Bühne bekannte Bernd Hölscher als intelligenter, halbherzig seine übertriebene Begeisterung für alles, was er von sich gibt, versteckender Serienkiller seine Rolle mit Nachdruck spielt, ohne ins Chargieren zu rutschen, hilft dem Film ebenso. Gibt er doch ein löbliches Gegenstück zu Sandra Borgmann ab, die einmal mehr die Titelheldin kohärenter spielt, als sie geschrieben ist. Borgmans Spiel ist erneut die zentrale Stütze des Films, sind Durants Schwankungen zwischen Furcht und Übereifer doch der Dreh- und Angelpunkt vieler Szenen.
© SAT.1 / Christian Lüdeke
Dr. Thomas Holzer (Sebastian Zimmler, l.); Julia Durant (Sandra Borgmann, r.)
Durants Traumata, das sie durch einen jüngst überstandenen Mordversuch mit sich trägt, steht hier wieder im Fokus – und das zerrt den neusten Film und den Reihenauftakt zusammen und gestattet doppelbödige Szenen, in denen sie sich mit einer Psychologin (wirksam: Katharina Schlothauer) austauscht. Diese Sequenzen bereiten auch das spannend eskalierende Finale vor, welches (und auch das wird wohl zu einem ungewollten Markenzeichen dieser Reihe) mit seiner gut orchestrierten Drastik ein Stück weit für den Leerlauf im zweiten Akt entschädigt. Kurzum: «Mörderische Tage – Julia Durant ermittelt» bringt die Verpackung mit, inhaltlich besteht in dieser Filmreihe aber noch immer Optimierungspotential.
«Mörderische Tage – Julia Durant ermittelt» ist am 11. November 2019 ab 20.15 Uhr in Sat.1 zu sehen.