«Die Wolf-Gäng» - Ein bisschen wie Harry Potter

Ein Vampir, der kein Blut sehen kann, ein Werwolf mit Tierhaarallergie und eine Elfe mit Höhenangst – diese charmante Prämisse schafft es im Rahmen der ersten «Die Wolf-Gäng»-Verfilmung nun auf die große Leinwand.

Filmfacts: «Die Wolf-Gäng»

  • Start: 23. Januar 2020
  • Genre: Abenteuer/Fantasy
  • FSK: o.Al.
  • Laufzeit: 94 Min.
  • Kamera: Felix Poplawsky
  • Musik: Andreas Weidinger
  • Buch: Marc Hillefeld
  • Regie: Tim Trageser
  • Darsteller: Rick Kavanian, Sonja Gerhardt, Christian Berkel, Axel Stein, Aaron Kissiov, Arsseni Bultmann, Johanna Schraml
  • OT: Die Wolf-Gäng (DE 2020)
Im Jahr 2007 veröffentlichte Schriftsteller Wolfgang Hohlbein („Das schwarze Auge“) seinen ersten Roman der „Wolf-Gäng“-Saga. Die Kinder- und Jugendreihe ist in nur knapp zwei Jahren auf fünf Bücher angewachsen, von denen die Bände zwei bis fünf nicht mehr von Hohlbein selbst, sondern von seiner Tochter Rebecca sowie Schriftsteller-Kollege Dieter Winkler verfasst wurden. Nun hat sich der kinderfilmerprobte Regisseur Tim Trageser («Hilfe, ich habe meine Eltern geschrumpft») der «Harry Potter» ähnlichen Prämisse rund um ein verwunschenes Internat angenommen, auf dem alle möglichen Zauberwesen lernen und in dessen Welt Fabelwesen und Monster ganz normal wenngleich fernab der normalen Menschenwelt leben. Der Vergleich mit J.K. Rowlings weltberühmtem Zauberlehrling macht dabei nicht nur inhaltlich sondern auch inszenatorisch Sinn.

Tim Trageser kreiert unter Zuhilfenahme von gelungenen CGI-Effekten einen ganz eigenen, filmisches Kosmos, der für sehr kleine Zuschauer hier und da aber auch deutlich zu düster ausfallen dürfte. Und auch die Geschichte, die Drehbuchautor Marc Hillefeld («Alarm für Cobra 11») mit einem selbstbewussten Cliffhanger zu Ende führt, ist für die junge Zielgruppe hier und da ganz schön komplex.



In Crailsfelden geht Unheimliches vor sich


Vlad (Aaron Kissiov) und sein Vater Barnabas (Rick Kavanian) ziehen in das geheimnisumwitterte Crailsfelden, dessen ortsansässiges Zauberinternat – die Penner-Akademie – der junge Vampir besuchen soll. Dort angekommen, schließt er schnell mit dem jungen Werwolf Wolf (Arsseni Bultmann) und der schüchternen Elfe Faye (Johanna Schraml) Freundschaft, denn die drei fühlen sich aufgrund gewisser Einschränkungen wie Außenseiter. Vlad kann als Vampir kein Blut sehen, Wolf hat eine Tierhaarallergie und Faye traut sich trotz Feenflügel nicht, zu fliegen, da sie unter Höhenangst leidet. Doch damit nicht genug: In Crailsfelden geht Unheimliches vor sich, als Zaubersprüche plötzlich aus dem Ruder laufen und Barnabas von der pfiffigen Hexe Frau Circemeier (Sonja Gerhardt) dazu genötigt wird, einen im Familienbesitz befindlichen Diamanten an sie zu übergeben, um seine Schulden zu begleichen. Gemeinsam mit dem freundlichen Hausmeister Hannappel (Axel Stein) nimmt es die „Wolf-Gäng“ mit Frau Circemeyer und dem ebenfalls Dunkles im Schilde führenden Bürgermeister Louis Ziffer (Christian Berkel) auf, um Crailsfelden und all seine Bewohner zu beschützen…

Für einen Jugendfantasyfilm aus deutschen Landen, für dessen Inszenierung den Beteiligten in der Regel ein deutlich geringeres Budget zur Verfügung steht als großen Hollywood-Produktionen, sieht «Die Wolf-Gäng» bemerkenswert gut aus. Das liegt zum einen an der detailverliebten Kulisse, die die Penner-Akademie sowie das fiktive Städtchen Crailsfelden zum Leben erweckt, zum anderen aber auch an den wohldosierten Computereffekten, die immer nur dann zum Einsatz kommen, wenn sich das entsprechende Bild auf haptische Weise einfach nicht konstruieren lässt.

Das macht «Die Wolf-Gäng» vor allem aufgrund kleinerer Randnotizen charmant; etwa, wenn der Hausmeister die Arbeit seinem lebendem Besen überlässt oder Vlad und Faye auf der Suche nach des Rätsels Lösung über einen riesigen Felsspalt springen müssen, der von unsichtbaren Plattformen gesäumt ist. «Die Wolf-Gäng» ist anders als viele vergleichbare Jugendfantasyfilme also kein anstrengendes Effektspektakel, sondern besinnt sich vorwiegend auf andere Dinge.

Dazu gehört in erster Linie die Interaktion der Figuren. Getragen wird der Film von den drei Newcomern Aaron Kissiov, Arsseni Bultmann und Johanna Schraml, die sich schon in solch jungem Alter bemerkenswert authentisch in ihre spleenigen Figuren hineinfühlen können. Das gelingt bisweilen sogar etwas zu gut, wenn der junge Wolf einem echten Wolf sein Hinterteil hinhält, damit dieser erst einmal daran schnuppern kann. Eine ziemlich befremdliche, wenngleich inhaltlich konsequente Szene. Die Chemie unter den drei Schauspielern ist vortrefflich und von einem angenehm trockenen Humor, gepaart mit permanent durchschimmernder Abenteuerlust geprägt. In den Nebenrollen bestechen unter anderem Rick Kavanian («Bullyparade – Der Film»), Sonja Gerhardt («Kalte Füße») und Axel Stein («Die Goldfische»). Sie bereichern «Die Wolf-Gäng» mit nicht minder leidenschaftlichen Performances, die den Film auch für ein erwachsenes Publikum sehenswert machen. Diesem dürfte es vor allem leichter fallen, hinter das große erzählerische Gesamtgefüge zu steigen, das sich aus so vielen verschiedenen Erzählfäden zusammensetzt, dass die Kleinen da schon mal überfordert sein dürften. Davon und von den mitunter sehr furchteinflößend aussehenden Monstern und Bösewichten, weshalb wir den Film ab einem Alter von etwa 8 Jahren empfehlen.

Fazit


«Die Wolf-Gäng» ist ein aufwendig produzierter Jugend-Fantasy-Film mit überzeugenden Jung- und altbewährten Altschauspielern, die in dieser komplex gedachten Märchenwelt überzeugen. Aufgrund des Cliffhangers zum Schluss ist das Finale leider weniger befriedigend als es sein könnte.

«Die Wolf-Gäng» ist ab dem 23. Januar in den deutschen Kinos zu sehen.
22.01.2020 10:00 Uhr  •  Antje Wessels Kurz-URL: qmde.de/115239