Ein wenig ambitioniertes Drehbuch, dafür aber ein umso stärkerer Cast: Hätte die neue Folge von «Helen Dorn» nicht ganz so "atemlos" erzählt, hätte sie das Zeug zum spannenden Thriller gehabt.
Cast & Crew
Vor der Kamera:
Anna Loos als Helen Dorn
Ernst Stötzner als Richard Dorn
Daniel Friedrich als Falk Mattheisen
Tristan Seith als Weyer
Valerie Stoll als Mona
Johann von Bülow als Ruben Bosch
Arved Birnbaum als Kroisen
Hinter der Kamera:
Produktion: Network Movie Film- und Fernsehproduktion GmbH
Drehbuch: Mathias Schnelting
Regie: Sebastian Ko
Kamera: Andreas Köhler
Produzenten: Jutta Lieck-Klenke und Dietrich KlugeEine Observation von ein paar Sprengstoffschiebern geht schief, dabei kommen drei polnische Kollegen um, und beim LKA drehen ob des Debakels selbstverständlich alle durch. Womit noch niemand rechnet: Wenig später wird Helen Dorn (Anna Loos) mit blutverschmierten Händen in einem ranzigen Asia-Imbiss vor der Leiche ihres Dienstvorgesetzten (Daniel Friedrich) kauern und zügig zur Hauptverdächtigen des Polizistenmordes aufsteigen. Als letzte Amtshandlung vor seinem Ableben hatte der sie nämlich noch mit allerhand Verschwörungsgefasel aufgescheucht: Im LKA gibt es eine undichte Stelle, die „Odins Speer“, einer rechtsradikalen Zelle, am laufenden Band Informationen zuschanzt.
Nachdem Helen eine Tatzeugin, das fünfzehnjährige verschüchterte Heimkind Mona (Valerie Stoll), aufgegabelt hat, ist für Zuschauer, Hauptfigur und ihre Helferin wider Willen zumindest ein Maulwurf schon enttarnt, als er in einer finsteren Ecke des LKA-Gebäudes das Feuer auf sie eröffnet – und von nun an arbeitet jeder gegen jeden: Die Polizei sucht Helen Dorn, die Maulwürfe wollen nicht enttarnt werden, und ein paar loyale Cops helfen der gejagten Kollegin, unter dem Radar zu bleiben und die undichte Stelle aufzuspüren.
Dass der Zuschauer schneller kombinieren darf als eine Vielzahl der Charaktere, dürfte der Hauptgrund sein, weshalb nach dem ersten Akt kein starker Spannungsbogen für den weitgehend vorhersehbaren Plot entsteht – zumindest abgesehen von einer ziemlich waghalsigen Wendung kurz vor Schluss, die trotz ihrer Abenteuerlichkeit allzu leicht antizipiert werden kann.
Doch was der Film an spannungsarmer Dramaturgie und zu offensichtlichen Plantings – ein obskurer Polizisten-Pensionsfonds, der gefühlt in jeder zweiten Szene Erwähnung findet – verliert, gewinnt er an der durchaus feinfühligen Führung seiner beiden Kernfiguren: Helen Dorn robbt sich angeschossen, zermürbt, aber unerbittlich und mit kühlem Kopf durch eine Verschwörung nach der anderen, wie es Jack Bauer nicht schöner zustande brächte, und ihr Schützling aus dem Kinderheim macht die ersten zaghaften Schritte, um sein altes Trauma zu verwinden. Wohl um die typischen Leitlinien des Sendeplatzes zu bedienen, bleiben diese Handlungsabrisse und Betrachtungen psychologisch oberflächlicher, als es die behutsam austarierten Charaktere erlauben würden, und oft scheinen die interessante Differenzierung und Ambivalenz eher durch Anna Loos‘ und Valerie Stolls unprätentiöses und vergleichsweise lebensnahes Spiel in den Film Einzug zu halten als durch das mäßig ambitionierte Drehbuch.
Wirklich komplex geraten ist die neue Folge von «Helen Dorn» leider nur, wenn man den diffusen Motiven und Anschlagsplänen der finsteren Hintermänner auf der Spur bleiben und den sonderbaren Verwicklungen folgen will, wie ein Pensionsfonds-Finanzhai und seine Männer für’s Grobe mit osteuropäischen Waffenschiebern gemeinsame Sache machen, und warum das alles mal wieder in einem schummerig beleuchteten U-Bahn-Schacht enden muss. Dass die erschreckende Schnittmenge aus Polizisten und rechtsradikalen Mördern eine oberflächlich angerissene Randnotiz bleibt, ist wohl der atemlosen Dramaturgie geschuldet – was leider schwerer wiegt als ein fehlgebauter Spannungsbogen.
Das ZDF zeigt «Helen Dorn – Atemlos» am Samstag, den 25. Januar um 20.15 Uhr.