Nach zehn Staffeln «Pastewka» ist Schluss: Cristina do Rego verrät, wie es ist, sich von der Serie zu verabschieden, mit der sie groß geworden ist. Zudem spricht sie über die Aktualität ihrer RTL-Serie «Lucie – Geheult wird nicht».
Wie ist es für Sie, nach einer Pause in eine Rolle zurückzufinden? Finden Sie zum Beispiel die Art von Kim in «Pastewka» prompt wieder, oder braucht das doch einen Moment?
Ja, es dauert tatsächlich immer etwas, um mich wieder in eine Figur einzufinden. Und Kim ist eine besondere Herausforderung, weil sie sich schon öfters neu erfunden hat – auch in der letzten «Pastewka»-Staffel wird sie wieder eine andere Farbe bedienen. Daher muss ich doch anfangs etwas länger über den Drehbüchern sitzen, um ein Gespür dafür zu finden, wie ich die "neue" Kim spiele und sie trotzdem als die Figur zu erkennen ist, mit der das Publikum schon vertraut ist.
Waren Sie in den Prozess involviert, der zur "Neuerfindung" Kims geführt hat, oder haben Sie sich überraschen lassen, was mit Kim in der letzten «Pastewka»-Staffel passiert?
Es war ein Bisschen was von Beidem: Wann immer ich Kontakt zu den Autoren hatte, habe ich es mir nicht nehmen lassen, nachzuhaken und zu fragen, woran sie gerade arbeiten. Aber ich habe nie besonders tief gebohrt, sondern habe letztlich die Drehbücher abgewartet. Es war also so ein bisschen wie mit einer Wundertüte: Man weiß grob, was drin sein könnte, aber was genau es denn nun ist, weiß man erst, wenn man sie aufmacht.
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Es war durchaus abzusehen: Bastian hat schon immer gesagt, dass er 100 Folgen machen möchte, und irgendwann fing er auch mit "Zehn Staffeln klingt doch gut!" an. [...] Wir haben jetzt letztlich nur 99 Folgen gemacht. Also, da stimmt doch was nicht.
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Cristina do Rego über das Ende von «Pastewka»
Wie weit im Voraus wussten Sie eigentlich, dass Staffel zehn von «Pastewka» zugleich die letzte Staffel sein wird?
Es war durchaus abzusehen: Bastian hat schon immer gesagt, dass er 100 Folgen machen möchte, und irgendwann fing er auch mit "Zehn Staffeln klingt doch gut!" an. Aber so wirklich klipp und klar war es erst nach der neunten Staffel. Da hieß es dann: "Ja, wir machen Schluss, Staffel zehn wird das große Ende." Was sich aber komisch anfühlt: Wir haben jetzt letztlich nur 99 Folgen gemacht. Also, da stimmt doch was nicht … (lacht)
Ganz einfach: Das ist ein Hintertürchen, um noch Jahre später einen Film zu rechtfertigen, und so die 100 voll zu machen. #tenseasonsandamovie
Ohja! Das werde ich Bastian vorhalten, wenn ich ihn nächstes Mal spreche.
Wann im Verlauf des Drehs von Staffel zehn hat Sie das Gefühl erwischt "Oh, scheiße, es geht zu Ende!"?
Es klingt verrückt, aber ich konnte das lange verdrängen. Der Dreh zur letzten Staffel hat sich über einen großen Zeitraum erstreckt und wir haben das große Finale relativ zu Anfang gedreht. Daher blieb mir dieses "Es geht vorbei"-Gefühl lange fern – nach der vermeintlich letzten Szene ging es ja weiter. Aber gegen Schluss der Dreharbeiten wurde es immer schwieriger, immer mehr Emotionen standen im Raum. Selbst das konnte ich aber noch relativ gut bei Seite schieben – dafür hat es mich dann am letzten Drehtag völlig gekillt. Und dann habe ich auch noch den schönsten Abschied bekommen, den man sich vorstellen kann. Das wurde alles sehr gut dokumentiert, das können alle in einer Begleitdoku zur letzten Staffel sehen.
Ich glaube, ich war dann schlussendlich die Emotionalste. Ich bin ja quasi als Kind da rein und komme nun als Erwachsene aus «Pastewka» raus. Die Anderen waren ja alle schon von Beginn an fertige Menschen. (lacht) Und ich bin hingegen während der Serie und auch wegen der Leute, mit denen ich zu tun hatte, zu dem geworden, was ich heute bin – und das hat mich emotional dann völlig übermannt, als meine letzte Klappe fiel.
War Ihre letzte Szene eine besondere oder war es einfach "irgendeine" Szene, mit der Sie Ihre «Pastewka»-Ära beendet haben?
Es war eine besondere Szene, aber wir haben das so nicht geplant – es hat sich aufgrund der Terminkalender einfach so ergeben. Aber ich war sehr froh darüber: Meine letzte Szene ist mit Bastian, Matthias Matschke und Dietrich Hollinderbäumer, also mit meiner Serien-Familie, mit der ich auch meine erste Szene hatte. Das hat mir sehr viel bedeutet.
Für Sie gibt es dieses Frühjahr ja so gesehen einen fließenden Übergang: «Pastewka» endet, aber mit «Lucie - geheult wird nicht» folgt quasi nahtlose Ihre erste Serien-Titelrolle.
Ja, das war ein großes Glück, dass das so zusammenfiel. Ich konnte mich die letzten Jahre ja nicht beschweren, ich hatte auch abseits «Pastewka» gut zu tun. Dennoch ist «Lucie» jetzt das i-Tüpfelchen, für das ich sehr dankbar bin.
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Es wäre schön, wenn die Serie einen Teil dazu beitragen kann, denn es ist absolut an der Zeit, dass diese sehr wichtige Arbeit mehr gewürdigt wird. «Lucie» ist jetzt eher eine leicht zugängliche Serie, aber sie hat auch Tiefgang und will mit Passion, aber auch einem Augenzwinkern auf ihre Themen hinweisen.
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Cristina do Rego über ihre neue Serie
Als Serie über eine Jugendbetreuerin scheint «Lucie» einen kulturellen Nerv zu treffen, so fand ja auch der Film «Systemsprenger» große Beachtung, der ja ebenfalls von der Bedeutung guter Jugendarbeit handelt. Es sei denn natürlich, das ist reiner Zufall und das Thema verschwindet wieder aus dem Fokus der Öffentlichkeit …
Ich hoffe doch sehr, dass das kein Zufall ist, sondern das Thema wirklich endlich an Aufmerksamkeit gewinnt. Es wäre schön, wenn die Serie einen Teil dazu beitragen kann, denn es ist absolut an der Zeit, dass diese sehr wichtige Arbeit mehr gewürdigt wird. «Lucie» ist jetzt eher eine leicht zugängliche Serie, aber sie hat auch Tiefgang und will mit Passion, aber auch einem Augenzwinkern auf ihre Themen hinweisen. Das wird sicher manchen Leuten zu locker sein, aber ich denke: Gerade so lassen sich Leute dafür sensibilisieren, die sonst nicht einschalten würden.
Die Figur der Lucie ist ziemlich impulsiv und aufbrausend, sie kriegt vieles in ihrem Leben partout nicht gebacken. Aber wenn es um ihre Jugendarbeit geht, ist sie auf einmal sehr geordnet und kontrolliert. Wie spielt man so eine Rolle, damit sie sich in ihren Widersprüchen kohärent anfühlt?
Ich bin keine technische Schauspielerin, sondern verfolge einen sehr intuitiven Ansatz, daher fürchte ich, dass meine Antwort Ihnen jetzt nicht weiterhelfen wird … (lacht) Für mich gilt: Wenn ich das Drehbuch lese und das Gefühl habe, meine Rolle zu begreifen, auch wenn sie einige abrupte Änderungen durch macht, dann bin ich auch zuversichtlich, dass das Publikum es ebenfalls nachfühlen kann. Wenn ich hingegen das Drehbuch hinterfrage, besteht die Gefahr, dass ich mich nicht derart in die Rolle einfühlen kann – und da kann ich dann verstehen, wenn das Publikum es mir anmerkt und somit auch den Faden für diese Rolle verliert.
Wie gehen Sie vor, wenn so etwas passiert und sie im Drehbuch kein Gefühl für ihre Figur oder jedenfalls für eine ihrer Entscheidungen bekommen?
Das passiert zum Glück selten. Da muss man dann auf die Regie vertrauen. Im Austausch lässt sich dann im Normalfall oft eine Lösung finden. Vielleicht habe ich etwas nicht bedacht, oder aber im Gespräch findet sich eine Idee für eine nuancierte, kleine Änderung, die mir aber das Gefühl für die Figur wiedergibt. Ich habe da Vertrauen in die Kompetenzen meiner Kollegen und der Crew. Schließlich ist ein Film immer Teamwork!
Und nun lastet ja mehr denn je die Verantwortung, dass der restliche Cast und die Crew zufrieden sind, auf Ihren Schultern. So als Titelheldin …
Absolut! Aber ich hatte mit Bastian Pastewka ein sehr löbliches Vorbild – ohne Wenn und Aber. Die Hauptfigur zu spielen, bedeutet tatsächlich mehr Stress, mehr Verantwortung, mehr Nervosität. Man will die Anderen nicht enttäuschen und hat noch mehr den Eindruck, dass der reibungslose Ablauf von einem selbst abhängt. Aber es ist auch ein schönes Gefühl, eine Ehre, dass einem so sehr vertraut wird, die Hauptrolle einer Serie zu spielen. Da mich die Bücher aber so begeistert haben, stand es für mich außer Frage, dass ich mich da rein stürze.
Vielen Dank für das Gespräch!