Der Sportreporter begleitet am Dienstag für Sport1 das Pokalspiel zwischen Leipzig und Frankfurt. Mit uns spricht der Routinier über die „jungen Wilden“ seiner Zunft, den neuen TV-Vertrag der Champions League und neue Möglichkeiten der Informationsgewinnung für Kommentatoren.
Zur Person: Markus Höhner
Der Ulmer Markus Höhner kommentiert zur Zeit für Sport1, DAZN und MagentaSport. Sein Volo machte er einst bei RTLplus in Köln, wechselte danach zur «ran»-Redaktion von Sat.1 und begleitete dort viele Jahre lang die Bundesliga.Herr Höhner, Sie sind jetzt seit 17 Jahren bei Sport1, waren zuvor feste «ran»-Stimme bei der Bundesliga in Sat.1. Wie hat sich die Arbeit des Kommentators in den 30 Jahren verändert?
Früher waren wir sicher in der Vorbereitung noch näher dran an Spielern und Trainern, die heute von Medienabteilungen abgeschirmt werden. Dafür waren natürlich die technischen Möglichkeiten zur Informationsgewinnung deutlich schlechter. Darüber hinaus hat sich für mich persönlich aber gar nicht so viel verändert, weil ich meinen Stil zu wesentlichen Teilen beibehalten habe. Eine eigene Art ist gradlinig und macht authentisch. Und dabei war immer mein Credo: Ich inszeniere nicht mich, sondern das Spiel.
Es drängen die jungen Wilden in den Markt – die Hebels und Hunkes. Unterscheidet die junge Riege etwas von den Erfahrenen?
Ja, die Erfahrung
(schmunzelt). Es ist doch wie in allen Berufen: Die Erfahrung ist der Vorteil der Erfahrenen, das eher Unverbrauchte, Neue der Vorteil der Jüngeren. Aber darüber hinaus, hat es weniger mit älter und jünger zu tun sondern mehr mit Kompetenz und Qualität. Und zu einem grundlegenden Anteil ist es danach auch einfach individuelle Geschmacksache, inhaltlich und stimmlich.
Für Sport1 begleiten Sie jetzt das Pokal-Spiel zwischen Frankfurt und Leipzig (Anpfiff 18.30 Uhr); wie hilfreich ist es da, dass Sie Wochenende für Wochenende ohnehin die Bundesliga-Highlights für Sport1 und DAZN vertonen?
Die Highlights sind nach wie vor ein Highlight. Es macht einfach riesigen Spaß, unter massivem Zeitdruck ein Spiel und seine Geschichten so schnell und gut es geht als Beitrag zu strukturieren, zu erzählen und emotional zu transportieren. Für das Pokalspiel hat das jetzt weniger Relevanz. Ich verfolge Frankfurt und Leipzig natürlich unabhängig davon, ob ich sie aktuell als Zusammenfassung kommentiere. Dann schaue ich halt die Highlights der Kollegen
(schmunzelt).
Sport1 wählt ja immer besonders lange Vorläufe; wie intensiv haben Sie vor Ihrem Einsatz dann Zeit, diese exakt zu verfolgen?
Ich versuche so viel wie möglich mitzubekommen, bin aber in der Tat in dieser Phase vor dem Spiel teilweise anderweitig konzentriert, zum Beispiel auf die Aufstellung und taktische Ausrichtung. Aber ich schaue und höre immer wieder rein, so gut es geht.
Die Sport-Branche wird manchmal als Wanderzirkus bezeichnet. Rechte kommen und Rechte gehen. In zwei, drei Monaten gehen die Bundesliga-Rechte für den Zyklus 21-25 über den Tisch. Wie entspannt verfolgen Sie dies? Hilft da auch die jahrelange Routine?
Rechte kommen und gehen. Wie erwähnt, ich bin seit 17 Jahren bei Sport1 und fühle mich damit sehr wohl. „In guten, wie in schlechteren Zeiten“ steht man zu seinem Partner und das tue ich in diesem Fall sehr gerne genau wie der Sender zu mir. Seit vielen Jahren arbeiten wir gut zusammen, zuletzt durfte ich alle 45 Live-Spiele der UEFA-Europa-League kommentieren und jetzt wieder den DFB-Pokal. Ich sehe Sport1 seit Jahren als exklusive Plattform und starken Sender: Wir haben auch über die Bundesliga-Rechte hinaus jede Menge sehr attraktive Wettbewerbe, in meinem Tätigkeitsbereich zum Beispiel alle wichtigen Entscheidungen im U19-Junioren-Fußball. Die Talente von heute als Top-Stars von morgen, das finde ich seit Jahren megaspannend. Es ist keine fünf Jahre her, dass wir Schalke mit Leroy Sane im Meisterschaftsendspiel übertragen haben. Mit MagentaSport habe ich zudem seit nun mehreren Jahren einen zweiten, sehr starken Partner als fest gesetzter Kommentator für die Spiele der 3. Liga. Hinzu kommt der Podcast „Audiobeweis“ zur 3. Liga, den ich mit Thomas Wagner, Tobias Schäfer und Yannick Bakic bestreite. Also, in der Summe ein sehr attraktives Portfolio.
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Wie in vielen Bereichen unserer modernen Gesellschaft, verändern sich Abläufe und Gewohnheiten. Das kann man gut finden und mitgehen, oder eben nicht.
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Markus Höhner, Fußballkommentator, über den neuen TV-Vertrag der Champions League ab Sommer 2021
Wie bewerten Sie es als Fußballfreund und Medienmann, dass die Champions League bald im Stream „verschwindet“? Ist das schade für den Fan oder muss dieser „Neuem“ einfach eine Chance geben?
Sie verschwindet ja eben nicht, sie läuft nur woanders. Und wie in vielen Bereichen unserer modernen Gesellschaft, verändern sich Abläufe und Gewohnheiten. Das kann man gut finden und mitgehen, oder eben nicht. Letztlich wird die Mehrheit als Markt entscheiden, welche Produkte funktionieren.
Und, Herr Höhner, wenn wir jetzt schon vor einem Leipzig-Spiel miteinander sprechen: Wird Leipzig Meister in der Bundesliga oder letztlich doch wieder Bayern München?
Und wo wir gerade vor dem Pokalspiel drüber sprechen: Vielleicht wird’s ja sogar das Double? Aber wenn man sieht, wie die Bayern ins Jahr 2020 reingerauscht sind und Leipzig ein wenig wackelt, erscheint das dann doch eher unwahrscheinlich. Nach dem 0:2 im Liga-Spiel bei der Eintracht hat Nagelsmann seine Spieler ja verbal als Bergwanderer gekitzelt von wegen „will man zum Gipfelkreuz, oder gemütlich essen und trinken“. Ich bin mal gespannt, wie seine Mannschaft in den nächsten Wochen reagiert, beim Wiedersehen mit Frankfurt im DFB-Pokal und dem „Gipfeltreffen“ mit den Bayern nur fünf Tage später.
Danke für das Gespräch.