«Der Spion von nebenan» - Kinderquatsch mit Dave Bautista
Konventionelles Konzept, konventioneller Film: Peter Segals Actioncomedy «Der Spion von nebenan» spielt einmal mehr mit Gegensätzen und einem Team wider Willen. Selbst das gut aufgelegte Hauptdarsteller-Duo reißt da nur noch wenig raus.
Filmfacts: «Der Spion von nebenan»
Start: 12. März 2020
Genre: Komödie/Action
FSK: 12
Laufzeit: 99 Min.
Kamera: Larry Blanford
Musik: Dominic Lewis
Buch: Erich Hoeber, Jon Hoeber
Regie: Peter Segal
Darsteller: Dave Bautista, Chloe Coleman, Parisa Fitz-Henley, Ken Jeong, Kristen Schaal, Greg Bryk
OT: My Spy (DE 2020)
Es gibt die Filmemacher, die mit Blut, Schweiß und Tränen ihre eigenen Kino-Visionen realisieren. Und es gibt die Handwerker, die Studioaufträge annehmen und auf Anweisung Fremdprojekte inszenieren. Das muss nicht automatisch bedeuten, dass bei Letzteren automatisch ein weniger ambitioniertes Endprodukt bei herauskäme. Doch Peter Segals Filmen merkt man in der Regel an, dass hier kein passionierter Visionär am Werk war, sondern ein Auftragsarbeiter, der nach zig mehr als durchschnittlichen Komödien wie «Manhattan Queen», «Zwei vom alten Schlag» und «Get Smart» nun die nächste mehr als durchschnittliche Comedy abliefert. Das sich an bekannten Versatzstücken des Genres Entlanghangeln gerät hier allerdings bisweilen gar nicht mal so ärgerlich, da «Der Spion von nebenan» nie das Potenzial besitzt, besser zu sein als das. Man müsste also nicht einfach nur an kleinen Stellschrauben drehen, um den Gesamteindruck nach oben zu ziehen. Man müsste stattdessen vom Skript über die Darsteller bis hin zu den Action-Performances alles austauschen, um den Film über den Durchschnitt zu hieven.
Denn all das hier ist so abgedroschen, dass man bereits vom Plakat auf den dramaturgischen Verlauf des Films schließen kann. Und so ganz ohne die eingangs erwähnte Leidenschaft ist der einzige, der sich hier zu mehr abmüht, Charmebolzen Dave Bautista («Stuber – 5 Sterne Undercover»), dem die Interaktion mit seiner kleinen Co-Darstellerin sichtlich Freude bereitet.
Harter Kerl trifft kleines Mädchen
Nach einer völlig missglückten Undercover-Mission bekommt CIA-Agent JJ (Dave Bautista) von seinem Boss (Ken Jeong) noch eine letzte Chance: Gemeinsam mit der verschrobenen Bobbi (Kristen Schaal) soll der hünenhafte JJ in Chicago die Wohnung einer jungen Witwe (Parisa Fitz-Henley) überwachen – der wohl langweiligste Job der Welt. Wäre da nicht deren blitzgescheite neunjährige Tochter Sophie (Chloe Coleman), die dem ungeschickten Muskelpaket schnell auf die Schliche kommt und ihn als Spion enttarnt. Doch statt ihn auffliegen zu lassen, bietet sie einen Deal an: ihr Schweigen gegen sein Spionage-Knowhow! Widerwillig lässt sich JJ auf den Handel ein und stellt bald fest, dass er Sophies entwaffnendem Charme nicht gewachsen ist – und von der vorlauten Göre noch eine Menge lernen kann…
Zumindest der Anfang von «Der Spion von nebenan» gerät amüsant, einfach weil Peter Segal den Auftakt seiner knapp 100 Minuten langen Komödie wie einen straighten Actionreißer inszeniert. Hauptfigur JJ bekommt es während eines Auftrags mit brutalen Gangstern zu tun. Und kurze Zeit später kommt es dann auch bereits zu Schießereien, Verfolgungsjagden und Explosionen. Sonderlich brutal wird es im Film zwar nie, doch dadurch, dass Segal derartige Szenen vom Schlag eines gängigen Hochglanz-Actioners inszeniert, legt er der Vermarktung seiner Arbeit sogleich Steine in den Weg: «Der Spion von nebenan» ist hierzulande ab 12 Jahren freigegeben. Und auch, wenn es Kindern ab sechs Jahren dank der sogenannten „Harry-Potter“-Regelung seit einigen Jahren erlaubt ist, in Begleitung eines Erziehungsberechtigten in einen Film ab zwölf zu gehen, so ist es doch arg fraglich, für wen «Der Spion von nebenan» eigentlich gemacht ist.
Für Kids ist der Film zwischendurch zu sehr Standard-Action-Kost, für Erwachsene dagegen erinnern die zwischenmenschlichen Frotzeleien zwischen JJ und der kleinen Sophie allzu sehr an das Nachmittags-Programm im Disney Channel. Bleibt am Ende also die Frage, wer hier wen zu einem Kinobesuch überreden muss: die Erwachsenen die Kleinen oder die Kleinen die Erwachsenen?
In seinem Genre als Actionkomödie ist «Der Spion von nebenan» also weder Fisch noch Fleisch. Das liegt nicht zuletzt auch an dem einfallslosen Drehbuch des Autorenduos Erich und Jon Hoeber. Von den beiden stammen solch überraschungs- und spannungsarme Skripte wie jene zu «Meg» oder «Battleship»; ein Muster, dass sich bei «Der Spion von nebenan» wiederholt. Das Publikum erlebt JJ in Aktion, der hart durchgreifende Hüne wird für eine Abhöraktion abkommandiert, trifft hier auf die toughe Sophie, die gegen seinen Willen mit JJ zarte Bande knüpft. Dass dieser im weiteren Verlauf natürlich dann doch irgendwann seine familienfreundliche Ader entdeckt, versteht sich von selbst. Erst kürzlich schrieben wir in unserer Kritik zur Familiencomedy «Chaos auf der Feuerwache» Folgendes: „Denn dass raubeinige Erwachsene plötzlich wider Willen in eine Vater- respektive Mutterrolle gedrängt werden, nur um am Ende festzustellen, dass sie sich genau diese Rolle eigentlich im tiefsten Herzen schon immer gewünscht haben, hat man schließlich längst in Filmen wie «Drei Männer und ein Baby», «Old Dogs» oder «Kokowääh» gesehen.“.
Nun ist es in «Der Spion von nebenan» eben ein Spion, der ebendiese Entwicklung durchläuft. Dass der Film in Deutschland auch noch zwei Wochen nach dem letzten Film dieses Musters anläuft, unterstreicht leider nur die Tatsache, wie abgedroschen dieses Motiv längst ist.
Hauptdarsteller Dave Bautista kämpft fast im Alleingang gegen die vorhersehbare Geschichte an. Die Chemie zwischen dem «Guardians of the Galaxy»-Darsteller und Newcomerin Chloe Coleman («Puppy Star Christmas») ist gut, wenngleich Bautista als grantelnder Einzelgänger deutlich mehr in seinem Element scheint als später vom (Familien-)Leben geläuterter Ersatzpapi. In den Actionmomenten kann Bautista ebenfalls nur bedingt brillieren, was allerdings weniger an einem hochmotivierten Darsteller denn an den insgesamt recht austauschbar inszenierten Szenen selbst liegt. Mit Ausnahme einiger überdeutlicher Referenzen an bekannte Actionklassiker – und an «Notting Hill». Der Film ist regelrecht zugeballert mit Querverweisen auf andere Filme, die einen beim Schauen aber auch nur daran erinnern, dass «Der Spion von nebenan» mit all diesen Beiträgen nicht mithalten kann.
Immerhin sind die Explosionen handgemacht und Ken Jeong («Community») überzeugt als exzentrisch-cholerischer Polizeichef. Doch wenn eine in nur wenigen Szenen auftretende Nebenfigur das Beste am Film ist, dann gibt das im Hinblick auf die Gesamtqualität doch arg zu denken. Schade um die talentierte Jungschauspielerin, die nun darauf hoffen muss, bei ihrer Rollenauswahl das nächste Mal ein wenig mehr Glück zu haben.
Fazit
Peter Segal erweist sich einmal mehr als Auftragsregisseur ohne allzu viel Leidenschaft. Seine Action-Buddy-Comedy «Der Spion von nebenan» bietet mit Ausnahme von zwei, drei gelungenen zwischenmenschlichen Momenten lediglich gelangweilt heruntergekurbelte Genreware vom Fließband. Daran ändert auch Charmebolzen Dave Bautista nichts.
«Der Spion von nebenan» ist ab dem 12. März in den deutschen Kinos zu sehen.