Die TV-Kultsendung wird 40. Doch vor über zwei Jahrzehnten war gar nicht so sicher, ob der Sendung noch eine lange Lebenszeit beschert sein wird. Ein Rückblick von unserem Gastautor Alex Schindler.
1992 – 1995: Harald Schmidt, der „Joko & Klaas“ der 90er?
Man konnte es sich zunächst kaum vorstellen. Da soll ein Jungmoderator mit Mitte 30, der bis dahin eher durch erste Anflüge von amerikanischer Comedy im deutschen Fernsehen auf sich aufmerksam machte Gastgeber einer großen Samstag-Abend-Show werden? Mit Sendungen, wie MAZab, Pssst… und Schmidteinander war Harald Schmidt dem „jüngeren“ Publikum bereits ein Begriff und damit für den Süddeutschen Rundfunk die Idealbesetzung im Kampf gegen das junge und hippe Privatfernsehen. Ab sofort sogar als Eurovisions-Sendung.
Harald Schmidt übernahm die Lockvogeltruppe gab den Filmen mit seiner teils zynischen Art den Filmen sowohl in den Kommentaren als auch als Akteur eine besondere Note.
«Verstehen Sie Spaß?» bestand ab dann nicht mehr nur aus Streichen mit der versteckten Kamera und Musik. Harald Schmidt begründete in «Verstehen Sie Spaß?» Stand Up Comedy mit einem Monolog zu Beginn der Sendung, was dem deutschen Publikum zu dieser Zeit noch völlig unbekannt war. Wichtig für Schmidt war es, das Publikum in der Halle auf sich zu lenken und zu unterhalten. Denn wenn es in der Halle klappt, seien die Zuschauer zu Hause ebenfalls unterhalten. Dies verriet Schmidt einst im Gespräch mit Alfred Biolek.
Im Laufe der Zeit gerieten die Streiche in den Hintergrund, waren nur noch sekundärer Bestandteil der Sendung, die ab 1994 bereits den Untertitel «Die Harald-Schmidt-Show» trug. Beliebte Rubriken, wie das Spaßtelefon und Prominentenfilme fielen weg. 120 Minuten füllten sich immer mehr mit Schmidts Comedy.
Auf den Gipfel trieb es Schmidt, als er minutenlang ein Metronom vor stillem Publikum den Takt angab oder er sich mit einem Helikopter am Imbiss von gegenüber eine Currywurst holte. Das biedere öffentlich-rechtliche Fernsehen wurde von Schmidt aufs extremste vorgeführt. Heute sind diese Ausschnitte legendär.
„Redaktionelle Fehler“, so Kurt Felix, waren der Auslöser dafür, dass 1995 vorerst Schluss sein sollte. Im Nachhinein gab auch Kurt Felix zu, dass das Publikum Mitte der 90er Jahre einfach noch nicht bereit war für einen Harald Schmidt.
1996 – 1997: «Verstehen Sie Spaß?» goes to Kabarett
Harald Schmidt hinterließ ein bröckelndes Haus. Nach einer Pause übergab man einem Komik-Altmeister die versteckte Kamera. Dieter Hallervorden trat als dritter Moderator der Show auf die Bühne. In der Kongresshalle Böblingen, später in den Babelsberger Filmstudios wurde die Bühne etwas kleiner und im Publikum saßen nun bewusst weniger Zuschauer. Hallervorden folgte dem Grundsatz „zurück zum Kabarett“. Die Atmosphäre wurde gemütlicher, jedoch unterzog man sich grundlegenden Veränderungen.
Das erfahrene Spaßteam um den Produzenten und Freund von Kurt Felix Werner Kimmig, welches die Streiche seit den 80er Jahren verantwortete musste weichen. Maurice Remi, der bereits mit «Vorsicht Kamera» Erfahrungen vorweisen konnte, übernahm die inhaltliche und kreative Verantwortung.
Die Filme wurden rarer, jedoch anspruchsvoller produziert. Mit teilweise zehn und mehr Kameras wurden richtige kleine Spielfilme gedreht. Unvergessen die Verlade mit Marcel Reich-Ranicki oder die Pressefallen, die das Team legte. So wurde Funk und Fernsehen hinters Licht geführt, als man vorgab, dass Paul McCartnes „Yesterday“ eine dreiste Kopie von Mozart sein soll oder man das Bernsteinzimmer wiederentdeckte.
Hallervorden präsentierte zudem Comedystars aus aller Welt. Er begrüßte hochkarätige Musiker zusammen mit dem altbekannten «Verstehen Sie Spaß?»-Bandleader Dieter Reith.
Die Streiche mit der versteckten Kamera stellten jedoch nur noch einen gewissen Teil der Show dar. Auch zu dieser Zeit präsentierte sich die Sendung mit dem Untertitel „Die Hallervorden-Show“, was bedeutete, dass Dieter Hallervorden einen guten Teil der Sendung mit vorproduzierten Sketchen füllte.
Mit den Abschiedsworten „es war sicherlich keine Liebeshochzeit“ verabschiedete er sich und gab damit nach nur sieben Ausgaben die Sendung wieder ab.
1998 – 2002: Back to the roots. Cherno Jobatey
Im Sommer 1998 tönte die große Nachricht in Print, Fernsehen und Radio: «Verstehen Sie Spaß?» kehrt zurück. Der SWR plante ein Remake der Felix-Ära und fand in Cherno Jobatey den Moderator, der auch das junge Publikum begeistern sollte.
Das Bühnenbild wurde dem Zeitgeist angepasst und erinnerte an Studioset der alten Tage. Jedes Opening wurde mit großem Feuerwerk zelebriert und mit einer großen Showtreppe schuf man damit das Grundsetting für eine glitzernde glamouröse Samstagabend Show.
Werner Kimmig und sein Team waren wieder mit an Bord und produzierten fortan die Spaßfilme. Die ersten prominenten Opfer: Paola und Kurt Felix, die kurzerhand ihren neuen Schützling Cherno Jobatey zu ihren „offiziellen Nachfolger“ ernannten.
Der Film-Mix erinnerte an das Original. Es gab Urlaubsspäße, Filme auf der Straße, Verladen mit Prominenten und auch das Spaßtelefon war wieder mit dabei. Musikalisch alles umrahmt von Dieter Reiht als Leader der SWR Big Band. Im Beraterstab fanden sich auch die Altmeister Kurt Felix und Frank Elstner, die dazu beitrugen, den Filmen entsprechende Fallhöhe zu geben.
Unter den legendären Späßen zählen das «Tigerenten»-Interview mit Andy Borg und Jürgen Drews als Neandertaler in der Straßenbahn.
Verstärkt setzte man auf Schlager und Volksmusik, zu selten wagte man sich an ein internationales Staraufgebot, sodass Auftritte in der Klasse einer Jennifer Lopez oder einer Anastacia eher die Ausnahme darstellten. Dies lockte sowohl wenig Zuschauer ins Publikum als auch vor den Fernseher.
Nach knapp vier Jahren beendete Cherno Jobatey seine Ära. Mit einem Best Of verabschiedete sich der Turnschuhträger von seinem Publikum im April 2002.
2002 – 2010: Der Altmeister übernimmt
Als der verantwortliche Redakteur Rainer Mattheis und der damalige Intendant des SWR Gerd Voss auf Frank Elstner zukamen und ihm die Nachfolge von „Verstehen Sie Spaß?“ angeboten hatten, erbat er sich einen Tag Bedenkzeit, bevor er schließlich zusagte.
Nahezu nahtlos sollte es zum Saisonauftakt im September 2002 weitergehen. Frank Elstner wagte sich an die Größen des deutschen Boulevards und folgte dem Grundsatz von Kurt Felix: Je prominenter, desto härter könne man zuschlagen.
Frank Elstner war nie ein Showmaster mit Orchester, sondern ein stets höflicher und zuvorkommender Gastgeber. Das Orchester musste zugunsten einer neuen großen Bühne weichen, die komplett auseinanderfahrbar dahinter den Platz für nationale und internationale Musik-Acts bot. Die Showtreppe wurde durch ein kleines Tor in der Mitte der Bühne ersetzt und Sessel dienten als gemütliche Sitzgelegenheit für die prominenten Gäste.
Elstner schaffte es Publikumslieblinge, wie Mike Krüger, Oliver Geissen oder auch Helene Fischer hinters Licht zu führen. Sein Freund Rudi Carrell half bei der Suche nach Deutschlands bestem Witzeerzähler und sucht man bei YouTube nach dem Begriff „Wasserbett“ findet man heute noch einen legendären Streich, der über 4 Millionen mal geklickt wurde.
Frank Elstner verhalf der Show nach einigen redaktionellen Irrwegen auf die Spur und mit regelmäßig über 5 Millionen Zuschauern etablierte sich der Showklassiker wieder als feste Größe im Show-Bereich des deutschen Fernsehens.
Seit 2010: Elstner übergibt erneut an einen Blonden
Kaum jemand beherrscht die Nachwuchsförderung so gut wie Frank Elstner. Bereits in den letzten Jahren hatte er diesen blonden Herren als Lockvogel durch Deutschland geschickt, bis er 2010 die versteckte Kamera an ihn weiterreichte: Guido Cantz betrat 2010 in Halle an der Saale den großen Samstagabend. Als Humorist und Karnevalskünstler ist er als feste Bühnengröße bekannt, doch mit Komiker hatte «Verstehen Sie Spaß?» bisher wenig Glück. Jedoch stellte sich die Verpflichtung von Guido Cantz als wahren Jungbrunnen für die Show heraus.
Der Moderator tritt wie einst Kurt Felix häufig selbst Lockvogel auf beweist damit die volle Identifikation mit dem Format. In der Rolle des Fallenstellers legte er viele seiner Kollegen, wie Ingo Appelt, Sascha Grammel oder Bülent Ceylan live auf deren Bühnen herein. Alle Gäste versammeln sich während der Show auf dem großen neuen Sofa und die Zuschauer zuhause stellen ihre Fragen via Social Media direkt an die Gäste.
Guido Cantz erfand die Sendung sicherlich nicht neu, jedoch nutzte er gekonnt das von Frank Elstner wiederaufgebaute Showgebäude und renovierte es für die Generation Y.
Der mittlerweile vor 10 Jahren gestartete YouTube-Kanal #VSSpass ist der erfolgreichste Channel der ARD und erweist sich als Deutschlands größte Spaßmediathek mit fast 1.000 Videos und 1,2 Mio Abonnenten. Der Marktanteil in den jüngeren Zuschauergruppen konnte stark ausgebaut werden und damit stellt sich «Verstehen Sie Spaß?» erfolgreich gegen die Konkurrenz von RTL und ProSieben.
Guido Cantz hat seinen Vertrag erneut verlängert und ist damit der längste amtierende Gastgeber der traditionsreichen Show, die nun bereits seit 40 Jahren Generationen von Zuschauern regelmäßig zum Lachen bringt. «Verstehen Sie Spaß?» war nie eine Sendung der Schadenfreude, denn niemand möchte sehen, wenn Menschen zu Schaden kommen. Vielmehr schafft es das erfahrene Team die Kandidaten Streich für Streich gekonnt in ungewöhnliche und komische Situationen zu bringen, damit die Opfer keine Opfer, sondern am Ende die eigentlichen Stars im Mittelpunkt einer großen Unterhaltungsshow sind.