Wir stöbern weiter durch das riesige Netflix-Archiv und blicken dieses Mal auf die Finanzbetrug-Satire «Die Geldwäscherei» mit Meryl Streep, Antonio Banderas und Gary Oldman.
Filmfacts «Die Geldwäscherei»
- Regie, Kamera und Schnitt: Steven Soderbergh
- Drehbuch: Scott Z. Burns
- Produktion: Scott Z. Burns, Lawrence Grey, Gregory Jacobs, Steven Soderbergh, Michael Sugar
- Cast: Meryl Streep, Gary Oldman, Antonio Banderas, Jeffrey Wright, Robert Patrick, David Schwimmer, Rosalind Chao, Sharon Stone
- Musik: David Holmes
- Laufzeit: 95 Minuten
«Anchorman»-Regisseur Adam McKay nahm sich 2015 mit seinem Oscar-gekrönten, komödiantisch angehauchten Wirtschaftsdrama «The Big Short» den Ursprüngen der Weltfinanzkrise an, die uns allen in den späten 2000er-Jahren von ebenso übereifrigen wie kurzfristig denkenden, ignoranten Spekulanten eingebrockt wurde. McKay nahm die gleichermaßen trockene wie relevante Materie und vermittelte sie mit beißendem Witz und erschütterter Haltung: Illusionsbrüche, filmische Selbstironie und süffisante Erzählkommentare machten die Finanzblase und ihr Zerplatzen greifbar. Ein paar Jahre später wiederholte McKay diesen Trick mit «Vice – Der zweite Mann» über Dick Cheneys nicht ganz sauberen Aufstieg zu einem der mächtigsten Männer der Welt und über die dramatischen, weltpolitischen Folgen seiner Gier.
«Ocean's 11»-Regisseur Steven Soderbergh hat mit seinem Netflix-Film «Die Geldwäscherei» praktisch seine Antwort auf McKays jüngstes Schaffen abgeliefert: «Die Geldwäscherei» ist eine Reaktion auf die Enthüllungen der Panama Papers und zeigt nicht nur die hinterlistigen Machenschaften auf, mit denen in der Welt der Hochfinanz betrogen wurde (und sicherlich immer noch betrogen wird), sondern auch, welche Menschen davon in Mitleidenschaft gezogen werden. Als Grundlage für «Die Geldwäscherei» diente Jake Bernsteins Sachbuch "Secrecy World".
Im Zentrum des episodenhaft erzählten Films steht (zumeist) Witwe Ellen Martin (Meryl Streep), die sich um eine Versicherungszahlung betrogen fühlt. Weil sich niemand zuständig fühlt, geht sie dem Fall auf eigene Faust nach. Ihre Spur führt zu einer Firma in Panama City, die von Jürgen Mossack (Gary Oldman) und Ramón Fonseca (Antonio Banderas) geführt wird und sich darauf spezialisiert hat, großangelegten Finanzbetrug zu betreiben. Denn die zwei Rechtsverdreher erschleichen ihrer eh schon wohlhabenden Kundschaft mittels Offshore-Finanzplätzen und Briefkastengesellschaften noch mehr Reichtum – ganz egal, wer weiter unten auf der Finanzleiter darunter zu leiden hat …
Schon Adam McKays bissiger, dennoch amüsanter «Vice – Der zweite Mann» bekam einigen kritischen Gegenwind, weil sich der Film sehr wichtig nehmen würde, ohne sonderlich nennenswerte Erkenntnisse zu liefern. Diese Kritikpunkte verblassen aber vollkommen, stellt man McKays Satire direkt neben «Die Geldwäscherei»: Soderbergh bläst die Erkenntnis "Briefkastenfirmen sind eine miese Abzocknummer", die schon unzählige Nachrichtenmagazine, Vorabend-Servicesendungen, Reportagesendungen und Printmedien beschäftigt hat, auf 95 Filmminuten auf – und beendet dies mit einem vor Pathos triefenden Schlussmonolog und einem in seiner Schwerfälligkeit ungewollt überaus komischen Pathos-Schlussbild. Diesem missratenen Ende gehen nur spärliche Erkenntnisse voraus: Einen Großteil von «Die Geldwäscherei» hätte Soderbergh in der Hälfte der Zeit bei gleicher Ergiebigkeit aber gesteigerter Prägnanz übermitteln können.
Denn wo McKays «The Big Short» gewitzt unnötig verschachtelte Finanzmaschen und Spekulationsmethoden erläutert und «Vice – Der zweite Mann» gewiefte politische Schachzüge, die durchaus schon medienwirksam vermeldet wurden, durch Biss, Dramatik und Süffisanz greifbar macht, holt «Die Geldwäscherei» kaum etwas aus den Panama Papers heraus. Vieles in dieser dramatisch-komödiantischen Wirtschaftssatire wäre auch ohne Panama Papers machbar gewesen, dreht sich doch der Großteil allein um die schon länger bekannte Briefkasten-Betrugsmasche. Die erklärt Soderbergh zwar zunächst gekonnt und schnippisch, dann aber reitet sein Film ewig lang auf einem argumentativen Punkt herum, statt ihn zu vertiefen, in Kontext zu setzen oder die realen Konsequenzen emotional greifbar zu machen.
Der Ansatz für eine solche erzählerische Vorgehensweise ist zwar vorhanden, nämlich in Form des Handlungsfadens rund um die Witwe Ellen Martin, aber sie bleibt dafür ein zu künstlich skizzierter Handlungsmotor, dessen Gefühlswelten selbst durch eine routinierte Meryl Streep nicht mitreißend vermittelt werden können. Und anders als McKay findet Soderbergh in «Die Geldwäscherei» auch keinen langfristig greifenden Mittelweg zwischen Ehrlichkeit und Selbstironie – manche selbstironische Anflüge, etwa eine Schimpftirade darüber, dass selbst am Film beteiligte Personen zwecks Steuerflucht gesetzliche Schlupflöcher nutzen würden, schaden sogar der mitleidend-erzürnten Komponente des Films.
All dem zum Trotz gibt es sehr wohl Komponenten an «Die Geldwäscherei», die genügend überzeugen, um Soderberghs Netflix-Titel davor bewahren, sich zu seinen schwächsten Regiearbeiten zu gesellen. Gary Oldman und Antonio Banderas sind überaus vergnüglich als schmierige Rechtsverdreher, die reihenweise Finanzbetrug möglich machen und dem Publikum mehrmals das Fachvokabular dieses Films erläutern. Und die eingeschobenen Grafik-Präsentationen sind pointiert sowie visuell prägnant gestaltet. Vor allem bleibt aber eine erzählerische Abzweigung in Erinnerung, die mit harscherem Tonfall und einer kühleren Thriller-Ästhetik die halbgare Knallbonbon-Stilistik dieses Films aufbricht und eine skurrile, makabere Panama-Papers-Randanekdote veranschaulicht.
Fazit: Steven Soderbergh macht einen auf Trittbrettfahrer: Neben «The Big Short» und «Vice – Der zweite Mann» wirkt diese Meta-Satire-Dramödie wie ein wässriger Neuaufguss. Geht zwar leicht runter, hinterlässt aber kaum Eindruck.
«Die Geldwäscherei» ist auf Netflix abrufbar.