Das Franchise in der richtigen Reihenfolge
Nach zehn Staffeln ging vor Kurzem mit «Hawaii-Five-O» eine der beliebtesten US-amerikanischen Crime-Action-Serien der letzten Dekade in Fernsehrente. In 240 Folgen traten Steven „Steve“ McGarrett und Daniel „Danno“ Williams gemeinsam mit wechselnden Teampartnern gegen ihren Erzfeind Wo Fat an, verhinderten terroristische Anschläge oder klärten Mordfälle auf. Die Serie war aber nicht nur überaus erfolgreich, sondern gehört darüber hinaus zu einem der größten Serienuniversen der Welt, das 1995 mit «JAG – Im Auftrag der Ehre» seinen Anfang nahm.
Auch «JAG» brachte es auf zehn Staffeln in 227 Episoden und wurde 2003 von «Navy CIS» abgelöst, die es bislang auf unglaubliche 17 Staffeln und 396 Folgen bringt. 2009 folgte das Spin-off «Navy CIS: LA» und 2010 gesellte sich schließlich das Remake des
Serienklassikers «Hawaii-Five-O» dazu. 2013 startete «Navy CIS: New Orleans» als weiterer Ableger des «JAG»-Universums, wie es eigentlich richtig heißen müsste. 2016 kam mit «MacGyver» ein weiteres Remake dazu, das aus der Feder von Peter M. Lenkov und Lee David Zlotoff stammte und 2017 mittels eines Crossovers mit dem «Hawaii-Five-0»-Universum verbunden wurde. 2018 folgte last but not least ein drittes Serien-Remake eines beliebten Alltime-Klassikers. Lenkov adaptierte «Magnum, P.I.», das wiederum ein Crossover mit «Hawaii Five-0» erhielt und somit das nunmehr sechste Verbindungsglied zum Franchise ist. Für die Zahlenfreaks sei kurz angemerkt, dass das «JAG»-Universum damit nunmehr satte 1.315 Episoden stark ist.
Es kommt zusammen, was zusammengehört
Da ist es selbst als Fan nicht immer leicht, den Überblick zu behalten, zumal CBS ein Universum aus Serien erschaffen hat, die im Original teilweise nur bedingt etwas miteinander zu tun hatten. «Magnum, P.I.» wurde, wie auch «JAG – im Auftrag der Ehre» und «Navy CIS» von dem erfolgreichen Produzenten Donald P. Bellisario entwickelt. Als übergreifendes Franchise hatte er allerdings nur «JAG» und «Navy CIS» geplant. Bellisario selbst hatte zwischen 1955 und 1959 bei den US-Marines gedient, daher griff er dieses Thema immer wieder in seinen Serien auf. Sowohl Thomas Magnum, als auch die Hauptfiguren in «Airwolf» und «Zurück in die Zukunft» sind als (ehemalige) Offiziere des US-Marine-Corps angelegt. Für «Magnum», wie die Serie kurz in Deutschland heißt, war es das aber auch schon fast mit den Gemeinsamkeiten. Thomas Magnum ermittelte grundsätzlich in einer eigenen Welt, in der es allerdings einmal ein Zusammentreffen mit den seinerzeit beliebten «Simon & Simon»-Brüdern gab. Mit «Hawaii Fünf-0», die zwischen 1968 und 1980 in zwölf Staffeln lief und von Leonard Freeman erdacht worden war, gab es aber dennoch kleine Überschneidungen. In der Folge „Der gespielte Tod“ („Skin Deep“) der ersten Staffel gibt sich Magnum beispielsweise während eines Fluges in T.C.s Hubschrauber als „5-0“ aus. Das impliziert zumindest, dass diese beiden Serien irgendwie doch miteinander verbunden waren. Die Wahrheit hinter diesem Schulterschluss ist, wie so oft, wesentlich pragmatischer. Als die letzte Folge «Hawaii-Fünf-0» Ende 1979 abgedreht war, wollte CBS sein Studio auf Hawaii nicht aufgeben. Diese Entscheidung führte unter anderem mit dazu, dass Thomas Magnum überhaupt Sicherheitsberater des wunderschönen Grundstücks Pahonu am Waimanalo Estate auf Ohau wurde.
«Magnum» – mit Charme, Schnauzbart und Ferrari
«Magnum, P.I.» startete seine Ermittlungen in den USA am 11. Dezember 1980 auf CBS und zeichnete sich von Anfang an durch eine gehörige Portion Charme und Witz aus. Es hat schon was, wenn Magnum in fast jeder Folge verschmitzt die Augenbrauen hebt, oder dem Publikum aus dem Off den Ball mit den ikonischen Worten: „Ich weiß, was Sie denken. Und Sie haben Recht.“ zuwirft. Tom Selleck wurde durch seine Darstellung als Thomas Sullivan Magnum endgültig zum Star. Der damals schon erfolgreiche Nebendarsteller war eigentlich als «Indiana Jones» im Gespräch gewesen, was ihm im Nachhinein sicherlich noch mehr Geld und Ruhm eingebracht hätte. Selleck lehnte aber aufgrund seiner neuen Verpflichtung ab. Die ursprüngliche Charakterzeichnung, nach der Thomas Magnum eine Art James-Bond-Verschnitt für das Fernsehen geworden wäre, gefiel Selleck allerdings nicht sonderlich. Also entgegnete er: „Ich bin es müde, immer nur zu spielen, wonach ich aussehe.“ Als ihn die Produzenten fragten, welche Art Figur er denn spielen wolle, erinnerte er sich an seine Drehbarten mit James Garner für «Detektiv Rockford – Anruf genügt», bei denen er viel Spaß gehabt hatte. Magnum sollte also ein lockerer Detektiv-Typ werden, der das Leben nicht so bitter ernst nimmt und immer pleite ist. Diese Idee gefiel wiederum Donald P. Bellissario nicht, so dass der ganze Deal kurz vor dem Platzen stand. Erst als Tom Selleck drohte, doch lieber Indiana Jones zu werden, lenkte der Produktionsstab ein. Also stürzte sich der großgewachsene Selleck erfreut in die Arbeit und legte seine Figur mit viel Selbstironie als herzensguten Vietnam-Veteranen an, der sich als Privatdetektiv immer wieder in die haarsträubendsten Fälle stürzt. Wären da nicht seine Freunde T.C. (Roger E. Mosley) und Rick (Larry Manetti), würde der Private Investigator wohl so manches Mal in die Röhre schauen.
Als ganz besonderer Gag fungiert zudem die ewige Hassliebe zwischen Magnum und Jonathan Quayle Higgins III. (gespielt vom unvergessenen John Hillerman), der als Majordomus auf dem luxuriösen Anwesen des fiktiven Schriftstellers Robin Masters dient. Hier lebt Magnum in einem komfortabel eingerichteten Gästehaus als Langzeitgast und darf auch Masters knallroten Kult-Ferrari 308 GTS (später ein GTSi und GTS QV) benutzen, was er ausgiebig in Anspruch nimmt.
Die zahlreichen Running Gags, zum Beispiel das Gummihuhn, dass Magnum immer mitnimmt, wenn er wieder einmal aus dem Gästehaus ausziehen muss, verleihen der Serie noch einen zusätzlich Kick Humor, der im Remake von 2018 nur sehr mäßig greift. Zum einen nimmt sich Jay Hernández als Magnum ein wenig zu ernst und zum anderen will die Chemie zwischen ihm und Juliet Higgins alias Perdita Weeks einfach nicht greifen und kommt nicht annähernd an die von Tom Selleck und John Hillerman heran. Doch genau aus dieser Chemie zwischen den Hauptdarstellern, die Roger E. Mosley als T.C. und Larry Manetti als Rick ausdrücklich miteinschließt, bezieht «Magnum» auch heute noch seine positive Energie. Viele Folgen wirken auch nach 40 Jahren noch zeitlos unterhaltsam. Der Wortwitz, gepaart mit tollen Aufnahmen auf Hawaii, locker-flockigen aber dennoch interessanten Geschichten, einem genialen Soundtrack und dem spielfreudigen Ensemble ist eben typisch 80er Jahre und so nicht in die Moderne übertragbar.
Die Nebenfiguren – schräg ist noch geschönt
Was auf die Hauptdarsteller und Running Gags zutrifft, lässt sich genauso über die, manchmal wundervoll schrägen, Nebenfiguren sagen. Da ist beispielsweise Luther H. Gillis, ein alternder Privatdetektiv, der glatt einem der alten «Dick Tracy»-Filme entsprungen sein könnte. Gleich fünfmal kommt er Magnum in die Quere und zwingt ihn mehr oder weniger zur Zusammenarbeit. Der altmodische Schnüffler ist zwar eine unzuverlässige, großmäulige Plage, aber auch scharfsinnig und trägt irgendwie immer zur Lösung des gerade aktuellen Falles bei. Wie Thomas Magnum auch, kommentiert er seine Taten gerne aus dem Off, nur mehr im 40er Jahre Stil. Das erste Mal laufen sich Luther H. Gillis und Thomas Magnum übrigens in der Folge „Luther Gillis: File #521“ über den Weg, die von den deutschen Titelgebern allerdings wohl gründlich missverstanden wurde und hierzulande den langweiligen Namen „Die Ausreißerin“ erhielt.
Aus den recht häufig wiederkehrenden Nebenfiguren sticht neben Lieutenant Yoshi Tanaka (Kwan Hi Lim), Lieutenant McReynolds (Jeff MacKay) und Carol Baldwin (Kathleen Lloyd), noch besonders die der Agatha Chumley hervor. Gespielt wurde die leicht skurril anmutende Dame von der 1929 in London geborenen Gillian Dobb (gest. 31.03.2001). Als weibliches Pendant zum überkandidelten Higgins verkörperte sie das stark übertriebene Klischee einer typischen Britin in 32 Folgen ebenso gekonnt, wie der Texaner Hillerman seinen Higgins. Deshalb unterstützt sie ihn auch regelmäßig bei seinen Charity-Bemühungen, zu denen unter anderem die Mitarbeit beim Botanikverein der Sandwich-Inseln, oder der Vorsitz im Verein zur Rettung des dreiteiligen Palolowurmes gehört.
Kult, Kult, Kult: Der Soundtrack
Als weiteres unvergessliches Standbein der Kult-Serie etablierte sich das Intro mitsamt seinem Soundtrack. Im 90-minütigen Pilotfilm war allerdings weder die ikonische Musik, noch der hervorragend zusammengeschnittene Einspieler zu sehen, den Fans heute kennen und lieben. Stattdessen sieht man im Intro des ersten Teils einige Szenen, die in die Silhouette des bekannten Doppelkreuzrings von Magnums Einheit hineinprojiziert wurden. Das Intro wirkt auch im Nachhinein wenig ansprechend und hat dank des dominanten Schwarz‘ auf dem Bildschirm mehr etwas von einer Serie über einen Bestatter. Das änderte sich mit der in der Serienreihenfolge als Nummer drei geführten Folge „Der Fluch des letzten Kaisers“ („China Doll“). Zwar behielt man die nervige, jazzig-poppige Titelmusik von Ian Freebaim-Smith noch bis zur zwölften Episode bei, doch der Zusammenschnitt des Intros stand soweit fest und wurde später nur noch leicht verändert. Ab Folge acht konnte der aufmerksame Zuschauer dann bereits im Abspann eine Musik vernehmen, die wesentlich eingängiger und fröhlicher daherkam und ab Episode 12 zur Titelmusik wurde. Das Intro war von Mike Post komponiert worden. Die Ähnlichkeiten, die man vielleicht beim Hören der Titelsongs von Kult-Serien wie «Das A-Team» oder «Trio mit vier Fäusten» rauszuhören glaubt, sind übrigens nicht zufälliger Natur. Post war einer der erfolgreichsten Serienkomponisten der 80er und 90er Jahre und war Haus- und Hofkomponist von Donald P. Bellissario. Neben «Magnum» schuf er für ihn auch die Musiken zu «Pazifikgeschwader 214», «Die Himmelhunde von Boragora», «Zurück in die Zukunft» und «Tequila und Bonetti».
Die Synchronisation – besser als das Original
Die Synchronisation von Serien ist vor allem zwischen den frühen 70er bis in die frühen 2000er hinein ein schweres Thema. Als die ARD ab 1984 mit der Ausstrahlung der zuvor 139 (von 162) eingekauften Episoden begann, steckte der Sendeplan der Öffentlich-Rechtlichen in einem starren Zwangskorsett. Eine Folge durfte nicht länger als 45 Minuten sein. Zudem fühlte man sich verpflichtet, dem Zuschauer allzu unerfreuliche Szenen zu ersparen. Das führte dazu, dass vor allem der Vietnam-Superplot und allzu brutal wirkende Sequenzen geschnitten wurden. Außerdem nahm man es damals mit den Dialogen nicht so genau. Wortwitz und typisch deutsche Redewendungen waren wichtiger, als die Dialoge möglichst detailgetreu zu übersetzen.
Das war solange kein Problem, bis RTL die Serie 1996 kaufte und sie ungeschnitten – und neu synchronisiert – zeigte. Das bedeutete auch, dass RTL fast den gesamten Sprecher-Cast austauschte. Higgins wurde statt von Wolfram Schaerf nun von Lothar Blumhagen gesprochen. Jürgen Kluckert übernahm von Rolf Jülich die Rolle des T.C. und Michael Nowka ersetzte Joachim Richert als Rick. Zur Freude der Fans gelang es, Norbert Langer, der bis heute Tom Sellecks Stammsprecher geblieben ist, erneut zu gewinnen. Die bei Studio Hamburg Synchron entstandene Erst-Synchronisation kennt heute kaum noch jemand. Sie ist weder noch einmal im deutschen Fernsehen ausgestrahlt worden, noch auf den DVD-Boxen enthalten. Allerdings ist die neuere Fassung der Hermes Synchron in Potsdam so gut gelungen, dass sie sogar besser herüber kommt, als das Original. Vor allem Norbert Langer und Lothar Blumhagen legen sich kräftig ins Zeug. Blumhagen verleiht Higgins ein affektiert wirkendes Näseln, dass auch heute noch sehr humorig wirkt, während Langer der Stimme von Thomas Magnum sogar noch mehr Ironie verlieh, als Tom Selleck selbst.
Und doch – Eine kleine Lanze für das Remake
«Magnum P.I.» ist Kult und es war in einer Zeit, in der wir mit Reboots und Remakes geradezu überschwemmt werden, eine rein rhetorische Frage, ob CBS irgendwann ein Remake starten würde. Dass man den Charme der 80er Jahre auf keinen Fall einfangen konnte, war wohl auch Peter M. Lenkov und seinem Partner Eric Guggenheim klar. Also versucht man sich in der neuen Serie in einem Mittelweg, der zwar grundsätzlich an einigen Kernelementen des Klassikers festhält, aber auch neue Aspekte in die Serie einführt. So wird Jonathan Higgins beispielsweise zu Juliet, eine Entscheidung, die beim Publikum allgemein nicht sehr gut ankommt. Wie oben bereits erwähnt, führt diese Konstellation leider dazu, dass einige Running Gags nicht mehr greifen, auch wenn die neuen T.C.- und Rick-Darsteller mit Stephen Hill und Zachary Knighton passend besetzt sind. Natürlich ist die Serie an moderne Sehgewohnheiten angepasst, was zu mehr Actioneinlagen und etwas weniger Humor führt. Das alles macht den neuen Thomas Sullivan Magnum aber nicht unsympathischer, sondern nur eben anders. Und daran ist ja nichts falsch, oder?
Die zweite Staffel des «Magnum»-Remakes zeigt VOX ab Mittwoch, 13. Mai 2020 um 20.15 Uhr. Das Original ist vormittags (gegen halb elf) bei Nitro beheimatet.