Nach knapp 100 Tagen hat Sat.1 seine Reality-Show «Big Brother» abgeschlossen. Cedric hat das Projekt gewonnen und ist um 100.000 Euro reicher Ganz offenbar war Sat.1 mit den Zuschauerzahlen nicht zufrieden. Die Tageszusammenfassungen liefen unter Senderschnitt. Quotenmeter.de sagt: Genau diese Werte waren aber zu erwarten. Und nun?
Quoten Quickie
- «BB13»: 0,85 / 5,7%
- «BB11»: 0,80/ 7,4%
- «BB10»: 1,06/8,6%
- «BB9»: 0,86/7,2%
Zuschauer ab drei, Quote 14-49 («BB12» bei sixx wegen des Sendeplatzes um 22.15 Uhr ausgeklammert) / berücksichtigt jew. Tageszusammenfassungen um 19 Uhr
Die Türen sind zu - «Big Brother» ist beendet. In der Nacht auf Dienstag ging die erste Normalo-Staffel des TV-Knasts in Sat.1 zu Ende. Somit sollte Quotenmeter.de Recht behalten – hier gab es schon nach wenigen Wochen der Endemol Shine Germany-Produktion die Prognose, dass Sender Sat.1 trotz niedriger Quoten durchhalten würde. Die Staffel ging über die angekündigte Distanz von (fast) 100 Tagen. Lediglich die Montagabend-Live-Show wurde in den finalen Wochen nicht mehr um 20.15 Uhr, sondern zu variierenden Zeiten gegen 22 Uhr gezeigt. Das spricht Bände. Ganz offenbar hatte sich Sat.1 viel mehr erhofft. Die Bilanz der von Montag bis Freitag gezeigten Tageszusammenfassungen: Nur zwei Ausstrahlungen wurden im Schnitt von mehr als einer Million Menschen gesehen, 7,7 Prozent Marktanteil waren bei den Umworbenen das Höchste der Gefühle. Im Schnitt kamen die 19-Uhr-Sendungen des großen Bruders auf 0,85 Millionen Zuschauer ab drei Jahren; angemerkt werden muss derweil, dass das Vorprogramm teilweise bei den Umworbenen deutlich niedrigere Zahlen aufwies.
In der klassischen Zielgruppe lag die durchschnittliche Reichweite dieser «Big Brother»-Staffel Nummer 13 bei 0,38 Millionen (5,7%). Die Tatsache, dass letztlich keine Ausgabe den Sprung über den Senderschnitt schaffte, dürfte Sat.1 unter dem Strich unzufrieden gemacht haben. Durchaus erstaunlich: Über die Hälfte des Publikums der Sendung gehört nicht der umworbenen Zielgruppe an. Es ist nicht davon auszugehen, dass sich der Sender alsbald an einer neuen Staffel probiert. Von «Big Brother» dürfte im Programm auf absehbare Zeit nur das erfolgreiche Event-Format «Promi Big Brother» übrig bleiben, die Vorbereitungen auf die Staffel im Spätsommer 2020 laufen bereits.
Kein Wunder!
Doch wie enttäuschend waren die Zahlen letztlich wirklich? Das ist Ansichtssache. Sat.1 hatte offenbar erwartet, dass man die Fanbase wird ausbauen können. Vielleicht auch, weil man sich selbst mehr Strahlkraft zugetraut hatte. Denn die Vergleiche mit einigen Staffeln damals beim Sender RTLZWEI zeigen, dass die letztlich erzielten Werte gar nicht so überraschend sind. «Big Brother» verabschiedete sich einst beim Münchner Sender mit einer Sommerstaffel im Jahr 2011 – diese holte damals 0,8 Millionen Zuschauer im Schnitt. Das Format war damals extrem auf jung getrimmt – etwas mehr als eine halbe Million 14- bis 49-Jährige schauten die Endemol-Shine-Produktion damals. Zweistellige Werte wurden in den rund 130 Tagen Laufzeit nie erreicht, der Bestwert bei den Jungen lag aber bei 9,6 Prozent.
Ein Jahr zuvor war die fast 200 Tage andauernde zehnte Staffel in der Tat noch einen Tick erfolgreicher. Sie kaperte hin und wieder noch die Marke von zehn Prozent, im Schnitt sahen damals 8,6 Prozent der Umworbenen zu. 1,06 Millionen wurden insgesamt gemessen. Also rund 250.000 mehr als aktuell. Nicht zu vergessen ist aber, dass es damals noch kein «Berlin – Tag & Nacht» gab, das RTLZWEI erst im Herbst 2011 erfand, um die Grundidee des großen Bruders quasi fiktional weiter zu spinnen.
Dass «Big Brother» kein Selbstläufer ist, merkte selbst RTLZWEI in seiner drittletzten Staffel, also bei Staffel neun. Diese begann am 9. Dezember 2008 – und wurde nur einen Monat später unter dem Reloaded-Label komplett umgekrempelt. Warum? Der erste Monat funktionierte überhaupt nicht, teils sackten die Zielgruppen-Quoten auf vier Prozent ab. Das waren mit Abstand die schwächsten Ergebnisse aller RTLZWEI-Staffeln. Im Schnitt kam dieser erste Monat auf fünfeinhalb Prozent Marktanteil bei den Umworbenen. Die damalige Durchschnitts-Reichweite auf dem Sendeplatz um 19 Uhr: 0,7 Millionen – also klar weniger als aktuell in Sat.1. Der am 13. Januar 2009 durchgeführte Neustart brachte die Zahlen dann (langsam, aber stetig) zum Steigen. Nach dem Relaunch lagen die Werte durchschnittlich bei 7,6 Prozent (zeitweise waren sie gar zweistellig). In Gänze betrachtet holte diese «Big Brother»-Runde, die über ein halbes Jahr dauerte, 0,86 Millionen Zuschauer ab drei Jahren. Nur minimal mehr als die Sat.1-Staffel.
Selbst die heute im Rückblick gefeierte siebte Staffel, die eine Art Neustart bedeutete (unter anderem sprach «Big Brother» in dieser Staffel erstmals selbst) war mit 0,88 Millionen Gesamtzuschauern nicht sonderlich erfolgreicher als das Format heute. Größter Unterschied war nur, dass es RTLZWEI verstand, mehr junge Menschen an sich zu binden. Damals wurden bei den 14- bis 49-Jährigen im Staffelschnitt über 0,6 Millionen Fans verbucht. Die durchschnittliche Quote im Jahr 2007 lag allerdings bei gerade einmal 7,7 Prozent. Somit war die Endemol-Produktion damals nur leicht stärker unterwegs als das Format heute.
Seit 2005/2006 kein Millionenpublikum
Letztlich gilt es zu konstatieren: Die Sendung erreichte zuletzt in der auf ein Jahr angelegten Dorf-Staffel Nummer sechs (gestartet im Märt 2005 und geendet im Februar 2006) im Schnitt mehr als eine Million Zuschauer. Damals kamen die Tageszusammenfassungen am Vorabend auf 1,07 Millionen Menschen, teilweise sahen bis zu 1,4 Millionen Menschen zu. Allerdings fielen auch schon damals einige Sendungen ziemlich ab; unter anderem auf 0,68 Millionen Zuschauer.
Möglicherweise ging Sat.1 also – verwöhnt von der Promi-Version – mit gänzlich anderen Erwartungen in das Projekt. Die Tatsache, dass die Staffel vom Cast her zudem deutlich erwachsener ausgelegt war als einst bei RTLZWEI und der Sender bewusst versuchte, auf künstlich konstruierte Skandale zu verzichten und sich vergleichsweise seriös gab, dürfte dazu beigetragen haben, dass die Reichweite speziell bei den jungen Leuten abgenommen hat. Hinzu kam, dass genau diese Zielgruppe dank der Reality-Offensive diverser Anbieter, darunter Netflix, inzwischen schlicht viel mehr Auswahl an Formaten dieser Programmfarbe hat als noch vor zehn Jahren.