Die wichtigste Lektion dieses Films: Wenn man ein Ensemble mit Armin Rohde, Almila Bagriacik und Edin Hasanovic besetzt, kann auch bei einem mittelmäßigen Drehbuch nicht mehr viel schiefgehen.
Cast & Crew
Vor der Kamera:
Armin Rohde als Fredo Schulz
Edin Hasanovic als Milan Filipovic
Nele Kiper als Lola Karras
Almila Bagriacik als Dakota
Murathan Muslu als Hassan Moussa
Sascha Alexander Gersak als Axel Gondorf
Nadeshda Brennicke als Priscilla Gondorf
Hinter der Kamera:
Produktion: Network Movie Film- und Fernsehproduktion
Drehbuch und Regie: Lars Becker
Kamera: Wedigo von Schultzendorff
Produzenten: Bettina Wente und Wolfgang CimeraAls der „gute Bulle“ Fredo Schulz (Armin Rohde)
vor knapp drei Jahren zum ersten Mal ermittelte, hat er die Valium-Tabletten noch mit Wodka runtergespült. Mittlerweile gibt er an, trocken zu sein, und wird prompt von seinem Dienstvorgesetzten auf einen dubiösen Drogenring angesetzt. Vor kurzem musste ein Hauptkommissar dran glauben, der das Milieu als verdeckter Ermittler auskundschaftete. Mit zwei Schüssen im Gesicht saß er dann auf dem Sofa, wahrscheinlich vom Oberboss Hassan Moussa (Murathan Muslu) zur Strecke gebracht.
Doch Moussa ist der Berliner Polizei immer einen Schritt voraus – dank einer undichten Stelle auf dem Revier, die Fredo Schulz und seinem Adjutanten Milan (Edin Hasanovic) unbekannt ist, uns Zuschauern aber schon in den ersten Minuten als Komplize vorgestellt wird. Glücklicherweise denken Fredo und Milan weiter als ihre Kollegen in anderen deutschen Fernsehkrimis und ziehen zumindest ein paar richtige Konsequenzen aus der brandgefährlichen Situation: Der Kreis der SOKO wird so klein wie möglich gehalten, und die sensibelsten Informationen gibt’s sowieso nur unter vier bis sechs Augen.
Zum Beispiel den Plan, einer verurteilten Drogendealerin (Almila Bagriacik) einen Deal anzubieten: Sie darf den Knast vorzeitig verlassen, ihre Tochter wiedersehen, bekommt ein paar Tausend Euro Unterstützung im Monat, und muss dafür wieder dealen, alte Kontakte pflegen, neue aufbauen und immer schön Informationen zuschanzen. Und während sie durch die Clubs tingelt, auf der Suche nach Mafiakontakten und alten Stammkunden, steigt der Suchtdruck bei Bulle Fredo konstant an. Das alte Trauma um seine tote Familie quält ihn immer noch fürchterlich. So viel hat sich bei ihm also nicht verändert – außer, dass er eine wesentlich komplexere Figur geworden ist.
Denn „Friss oder stirb“ hat erstaunlich viel aus seinem plakativen, aufgesetzten, unterkomplexen Vorgängerfilm gelernt: Das Interesse an den Milieus wirkt aufrichtiger und ehrlicher, Autor und Regisseur Lars Becker nutzt seine Beobachtungsgabe, um sie treffsicherer und realitätsnaher zu skizzieren, und eine tumbe Empörung über Winkeladvokaten und eingeschränkte Polizeibefugnisse im Angesicht von Kapitalverbrechen ist einer psychologisch hintergründigeren Erzählweise gewichen.
Trotzdem bleiben der narrativen Konsequenz enge Grenzen gesetzt: Das Leben der Undercover-Drogendealerin wird bald durch zwei ehemalige Boyfriends verkompliziert, von denen der eine seinen koksinduzierten Retterfetisch ausleben will, während der andere moralisch zwischen allen Stühlen steht. Ihr dramaturgischer Endpunkt wird dann leider nur im Spiegel dieser beiden Männer erzählt und raubt der einzigen relevanten weiblichen Figur in diesem Drama jede Selbstbestimmtheit, nur damit sie möglichst verletzlich und damit sympathisch bleibt.
Das große Glück dieses Films ist dagegen sein Ensemble. Denn Armin Rohde, Almila Bagriacik und Edin Hasanovic kann man auch mit einem mittelmäßigen Drehbuch in einen Verhörraum, an einen Restauranttisch oder zum klandestinen Treffen in einen abgefuckten Waschsalon schicken: Mit ihrem Talent und ihrem spielerischen Können machen sie auch aus Allerweltsszenen sehenswertes Fernsehen – und aus dem „guten Bullen“ mittlerweile eine fast gelungene Reihe.
Das ZDF zeigt «Der Gute Bulle – Friss oder Stirb» am Montag, den 25. Mai um 20.15 Uhr.