Die Kritiker: «Eltern mit Hindernissen»

Wie schafft es ein Film, dass sich am Ende wieder alle Figuren in den Armen liegen? Der Weg ist hier das Ziel.

Cast & Crew

  • Darsteller: Nicolette Krebitz, Hary Prinz, Peter Prager, Daniela Ziegler, Emilie Neumeister, Luis August Kurecki, Sophie Rois, Michael Steinocher, Matthinas Brenner
  • Regie: Anna-Katharina Maier
  • Drehbuch: Sophia Krapoth
  • Produzentin: Ariane Krampe
  • Kamera: Doro Götz
  • Szenenbild: Ingrid Henn
  • Maske: Oliver Ziem-Schwerdt / Lena Wolf
  • Ton: Miroslav Babic
  • Redaktion: Jana Brandt (MDR), Katharina Schnek (ORF)
Eigentlich steht Katrin Wiedemann kurz vor ihrer Berufung zur Schuldirektorin. An sich ist ihre Bewerbung nur noch eine Formalität. Doch Katrin ist schwanger und die Geburt von Töchterchen Isalie steht kurz bevor. Dass das an sich freudige Ereignis dann jedoch zu Komplikationen führt, Katrins Eignung plötzlich in Frage gestellt wird und ausgerechnet ihr Gatte Philipp für den Posten nominiert wird... ist fürs Eheleben nicht förderlich.

Darf man eine Komödie eigentlich niedlich nennen? Niedlich, das klingt nach nett. Und dadurch irgendwie abwertend, ein bisschen nach tätschelnd im Sinne von: Na ja, man hat es ja versucht... Aber warum ist das so? «Eltern mit Hindernissen» ist irgendwie genau das: Niedlich. Kein alles überstrahlendes Meisterwerk. Aber auch kein langweiliges Großstadtdrama. Weder wird der Sinn des Lebens erforscht noch möchte der Film seinen Zuschauern mit einer Moralkeule irgend eine Weltsicht einhämmern. Nein, «Eltern mit Hindernissen» ist die Art von Unterhaltung, die niemanden wehtun möchte, die aber – und das ist entscheidend - in ihrem eigenen, kleinen Erzählkosmos ihre Geschichte vollkommen ernst nimmt. Man weiß von Anfang an, dass sich am Ende alle Parteien in den Armen liegen werden. Die Frage lautet also: Wie kommen die Figuren an diesen Punkt? Der Weg ist das Ziel.

Dritter Film


«Eltern mit Hindernissen» ist der dritte Teil einer Reihe von Filmen, in deren Mittelpunkt die Lehrerin Katrin Wiedemann (Nicolette Krebitz) und ihr Kollege Philipp Esch (Hary Prinz) stehen. Haben sie sich im ersten Teil «Familie mit Hindernissen» (2017) kennengelernt, stand im zweiten Teil (2018) ein verkorkster Heiratsantrag im Mittelpunkt des Geschehens: In «Trauung mit Hindernissen» lehnte Katrin nämlich Philipps höchst romantischen Antrag ab, denn nach einer verkorksten Ehe wollte sie keine zweite Ehe eingehen.

Wie man nun im dritten Teil sehen kann, haben sie zusammengefunden, Philipp hat die beiden Kinder, die Katrin mit in die Ehe brachte, als seine angenommen und nun kommt noch Isalie hinzu, ihr gemeinsames Kind. Weder muss man den ersten noch den zweiten Teil kennen, um «Eltern mit Hindernissen» goutieren zu können. Die Verweise auf die ersten beiden Filme werden in Nebensätzen abgehakt, «Eltern mit Hindernissen» steht für sich. Da ist also Katrin, die von ihrer Direktorin gefragt wird, ob sie sich sicher sei, in ihrem „Zustand“ tatsächlich ihren Posten übernehmen zu wollen. Für Katrin ist das gar keine Frage. Die erwartete Geburt wird keinen Einfluss auf ihre Entscheidung haben. Katrin will Direktorin werden, Philipp wird dafür in den Vaterschaftsurlaub gehen. Und der freut sich. So darf man ihn beim Üben beobachten. Wie er einen Tragegurt umschnallt und er mit einem Känguruhstoffhasen (?) die wichtigsten Handgriffe übt. Oder wie er Katrins Geburtsbecken aufbläst. Ja, so ein guter Ehemann wie Philipp, der auf seine alten Tage noch einmal Vater wird, der überlässt nichts dem Zufall, der sorgt sich, der bereitet sich und seine Frau vor. Und da Katrin eine Wassergeburt wünscht, ist ihr Wunsch sein Befehl.

Jedoch hätte er die Vorbereitungen auch Vorbereitungen bleiben lassen können: Denn die Geburt setzt so plötzlich ein, dass nicht einmal Zeit bleibt, einen Krankenwagen zu rufen. Ein Polizist muss helfen, er bringt die beiden ins Krankenhaus, während Katrin schreit.

„Ich habe die Wehen.“
„Bist du sicher?“

Ja, Philip ist etwas unerfahren in der Rolle des Vaters. Aber die Sturzgeburt im Polizeiwagen verläuft glimpflich und im Krankenhaus ist es nur Katrins Sohn, der ihre Laune etwas verhagelt als er mit Blick auf ihren Bauch fragt, ob da noch ein Kind drinsteckt. Jungs...

Legende Aufregung


Die Aufregung legt sich und nun könnte alles seinen Weg gehen. Doch während Katrin im Mutterschutz daheim sitzt, erhält Philipp das Angebot, den Direktorenposten zu übernehmen. Und er stimmt zu, sich zu bewerben. Er sieht, dass die Geburt Katrin, auch wenn sie es nicht zugibt, mitgenommen hat. Dann ist da Katrins Vater, der angeblich nur etwas Zeit mit seiner Enkelin verbringen möchte, in Wahrheit aber mehr oder minder bei Katrin und Philipp – über den Umweg Isalie – eingezogen ist. Er ist einsam, er ist nicht mehr der Jüngste. Ja, Philip glaubt, dass er richtig handelt, wenn er sich bewirbt, denn Katrin ist doch gar nicht in der Lage...

Nach solch einer Entscheidung hängt ein Haussegen schnell schief. Und da dies ein Film ist, darf die Schraube der folgenden Geschehnisse gerne etwas angezogen werden. Bis zu dem Punkt, an dem Isalie – während eines Streits von Katrin und Philipp – versehentlich in der Babyklappe des Krankenhauses landet. Da will man sein Kind nur einmal kurz ablegen und zack: Schon hat man das Jugendamt am Allerwertesten, denn natürlich bleibt die Geschichte nicht ohne Folgen. Als dann auch noch Katrins Ex-Schwiegermutter Diana auftaucht, um ihre Enkeltochter zu sehen, ja, da dreht Katrin doch ein wenig am Rad. Vor allem, da es ihre Ex-Schwiegermutter als Lässlichkeit betrachtet, dass Isalie ja gar nicht mit ihr verwandt ist.

Die Komödie lebt vor allem von ihrer Liebe zu ihren Figuren. Nicolette Krebitz' Katrin steht dabei im Mittelpunkt, denn sie ist in den allermeisten Szenen anwesend, sie muss die Geschichte mit ihren Haupt- und Nebensträngen tragen. Was sie mit leichter Hand bewerkstelligt, ohne über die ernsten Momente hinwegzuspielen. Sie trifft stets den richtigen Ton.

Das Herz der Geschichte ist jedoch Philipp, der eigentlich nur alles richtig machen will, ohne jeden bösen Hintergedanken handelt – und dadurch die folgenden Ereignisse auslöst. Sein Problem: Da er wirklich glaubt, dass es doch das Beste wäre, wenn Katrin sich etwas zurücknähme, versteht er nicht, dass er vollkommen auf der falschen Fahrbahn fährt. Er ist der Geisterfahrer, der sich darüber wundert, dass alle irgendwie auf der falschen Seite fahren...

An sich wäre es der einfacherer Weg gewesen, aus der Geschichte ein Drama zu spinnen. Eine Komödie aus dem Stoff zu machen, ist der härtere Weg. Den Regisseurin Anna-Katharina Maier jedoch so leichtfüßig beschreitet, als könne man eine Geschichte wie diese nur mit Humor erzählen. Dabei kommt ihr ein Drehbuch zugute, dass auf den großen Kampf der Geschlechter verzichtet. Wenn Philipp handelt wie er handelt – dann nicht, weil er der Mann ist und damit der Ernährer, das Familienoberhaupt, das von Gott auserkorene Überwesen, die Familie zu führen. All das geschieht, um dies zu wiederholen, einzig und allein aus Sorge um den Menschen, den er liebt. Damit vermeidet die Inszenierung das Wandeln auf Pfaden der klassischen Geschlechterkomödie. Nein, die Inszenierung konzentriert sich ganz auf den kleinen Kosmos der Familie und entwickelt ihren Humor situativ aus diesem kleinen Kosmos heraus.

Dass sie dann auch auch noch etwas Zeit für die Nebenfiguren findet, den Vater und die Ex-Schwiegermutter, die sich ein bisschen näher kommen, ehrt den Film und öffnet natürlich ganz nebenbei die Türen zu weiteren Fortsetzungen.

All das ist nicht großartig, phänomenal, einzigartig. Es ist unterhaltend, es tut nicht weh, irgendwie ist es halt: niedlich. Weil man die handelnden Figuren mag, weil man ja weiß, dass die Story nicht mit einem Knall enden wird. Es ist Unterhaltung. Nicht mehr. Aber eben auch nicht weniger.

Das Erste zeigt «Eltern mit Hindernissen» am Mittwoch, 3. Juni 2020, um 20.15 Uhr.
02.06.2020 15:05 Uhr  •  Christian Lukas Kurz-URL: qmde.de/118666