«Outer Banks»: Der neue heiße Shit oder doch nur heiße Luft?

Im Marketing und von Fans gerne «OBX» abgekürzt, schickte sich «Outer Banks» angeblich an, «Riverdale» die Teenieserien-Krone vom Kopf zu reißen. Doch was ist über einen Monat nach Serienstart vom Hype geblieben?

Worum geht es?


Hinter den Kulissen

  • Idee: Josh Pate, Jonas Pate, Shannon Burke
  • Cast: Chase Stokes, Madelyn Cline, Madison Bailey, Jonathan Daviss, Rudy Pankow, Austin North, Charles Esten, Drew Starkey
  • Executive Producers: Josh Pate, Jonas Pate, Shannon Burke
  • Producers: Aaron Miller, Sunny Hodge
  • Produktionsfirmen: Rock Fish, Red Canoe Productions
John B (Chase Stokes) und seine Clique leben ein hedonistisches Leben: Für ihn, JJ (Rudy Pankow), Pope (Jonathan Daviss) und Kiara (Madison Bailey) gibt es nichts, das wichtiger wäre, als in der Sonne rumzulungern, zu surfen oder auf Booten rumzucruisen, ausgelassen zu feiern und es einfach auszukosten, noch keinerlei Verantwortung im Leben zu haben. Dass sie alle, außer Kiara ,eigentlich Arbeiterkinder sind, spielt in dieser Truppe keine Rolle – wenn sie draußen Spaß haben, haben sie alle denselben Stand!

Doch als ein Hurrikan ihr heimatliches Küstengebiet auf den Kopf stellt, und die Freunde bei einer ihrer Bootstouren ein Wrack finden, stürzt sie ihre Neugier in ein gigantisches Abenteuer: Sie entwenden einer Wasserleiche ihren Motelschlüssel und kurven zum dazugehörigen Zimmer. Einen Waffen- und Geldfund sowie dem knappen Entkommen der Polizei später, haben die Partykids Blut geleckt und werden zu abenteuerlustigen Hobby-Schnüfflern: Wo hat der Tote, der ganz eindeutig ein armer Schlucker war, so viel Geld her?

Parallel dazu, dass sich das Quartett immer tiefer in dieses Rätsel gräbt und somit unversehens die Spur von Johns vor Monaten spurlos verschwundenen Vater aufnimmt, treten sie durch eine brutale Impulshandlung auf einer Party eine Art Klassenkampf zwischen den örtlichen Kindern der Reichen und der Arbeiterklasse los. Nebenher werden zudem Liebeleien und Zukunftssorgen aufgegriffen …

Die Stärken und Schwächen von «Outer Banks»


Als Serie, die zwischen "Freunde wollen einfach nur abhängen"-Entspannung, Coming-of-Age-Drama und Thrillerelementen pendelt, ist «Outer Banks» konzeptbedingt innerlich zerrissen – eine Zerrissenheit, die sich jedoch auch auf die qualitative Ebene überträgt. Während die lockeren, leichten Gespräche zwischen den zentralen Figuren überhöht, aber zugleich in ihrem Kern authentisch sind, sind die bedeutungsschwangeren Monologe in den nachdenklichen Passagen aufgesetzt, verkrampft und hohl. Daher funktioniert die Serie am besten, wenn es szenenweise mal um nichts größeres geht – dann macht «Outer Banks» durchaus Spaß.

Und während das sonnengegerbte Bild stylisch gerät und «Outer Banks» zu einer Netflix-Serie macht, die halt einfach im besten Sinne hübsch anzuschauen ist, sind die Spannungspassagen oftmals spröde in Szene gesetzt sowie träge erzählt (und dabei umfasst die erste Staffel bloß zehn Folgen – paradox!) … Der weitestgehend unverbrauchte Cast hat zudem so seine Probleme, mit diesen tonalen Brüchen mitzuhalten: Die zentralen Figuren sind per se ordentlich gespielt (die Antagonisten hingegen sind dick aufgetragen), aber auf Dauer fehlt einfach der besondere Funke, der die Rollen zum Leben erweckt. Vor allem Madison Bailey ist als Kiara sträflich unterfordert und darf kaum mehr sein als ein wandelndes Objekt der Begierde, das zudem die Aufgabe hat, die hitzköpfigen Jungs zu beruhigen.

Das neue «Riverdale»?


Ein durchaus auffälliges Maß an Style, jugendliche Hauptfiguren und eine Prise mörderische Knobelei: «Outer Banks» hat durchaus die Grundzutaten, um ein neues «Riverdale» zu werden. Und vorübergehend sah es auch danach aus, als könnte «Outer Banks» diesen Titel erringen: Kurz nach Veröffentlichung stieg die Serie in die von Netflix selbst veröffentlichten Top Ten der meistgestreamten Inhalte ein und euphorisierte Fans sowie Branchenportale fachten das spekulative Feuer weiter an, dass der nächste, gigantische Serienhit geboren ist.

Doch wie ist nun, rund eineinhalb Monate nach Veröffentlichung der ersten «Outer Banks»-Staffel, der Wasserstand? Nun, laut den Marktforschungsergebnissen von Goldmedia: Gar nicht mal so gut. «Riverdale» ist mit hoher Frequenz Gast in den wöchentlichen Top Ten der am häufigsten gestreamten VOD-Inhalte Deutschlands, während die Produktion der Rock Fish und aus dem Hause Red Canoe Productions nach einem sehr kurzen Aufflammen sehr drastisch wieder auf die Nase gefallen ist.

«Outer Banks» kann in Sachen Abrufreichweite hierzulande nicht einmal ansatzweise mit «Riverdale» oder auch mit dem spanischen Jugendserien-Hit «Élite» mithalten. Und auch hinsichtlich der Social-Media-Liebe liegen noch Welten zwischen «Outer Banks» und dem Genreprimus «Riverdale»: Auf Instagram hat der offizielle «Outer Banks»-Kanal 2,1 Millionen Abonnentinnen und Abonnenten – «Riverdale» dagegen 12,2 Millionen. «Élite» macht es sich zwischen den beiden Formaten bequem und bringt es auf 6,9 Millionen.

Das alles könnte sich natürlich noch verändern: Die Serienschöpfer haben schon längst bekannt gegeben, Ideen für vier oder fünf Staffeln im Kopf zu haben. Sollten die noch folgen, hätte «Outer Banks» natürlich noch Möglichkeit, an Zugkraft zu gewinnen. Der «Haus des Geldes»-Hype nahm immerhin auch nicht über Nacht derartige Ausmaße an, wie er sie jetzt aufweisen kann. Aber: Dazu muss Netflix «Outer Banks» erst einmal eine zweite Staffel geben – und diesbezüglich ist die Video-on-Demand-Plattform bislang auffallend still … '

Netflix ist die Heimat von «Outer Banks».
06.06.2020 13:41 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/118780