Corona beschert Hörfunk einen Webradio-Boom

Zahlreiche Stationen legten in den ersten drei Monaten 2020 kräftig zu. Größte Gewinner: Antenne Bayern, Deutschlandfunk, SWR3 und WDR2.

Die Coronakrise hat das deutsche Radio während des Lockdowns deutlich verändert – die Bundesbürger suchten vermehrt nach zuverlässigen Informationen. Die steigende Nutzung lässt sich nun in den Ergebnissen der neuen ma 2020 IP Audio ablesen – in dieser Erhebung werden ausschließlich die Webstreams gezählt. Die jetzige Erhebung betrachtet das erste Quartal 2020, in das auch die ersten Showdown-Wochen fielen. Welche Auswirkungen diese Situation letztlich auf die große Radio-MA hat, die in eineinhalb Monaten veröffentlicht wird, ist aber unklar. Für die richtigen Radio-Quoten wurden zwischen September und Ende März Menschen am Telefon befragt – die Coronakrise fiel hier erst ganz ans Ende des Befragungszeitraums.

Die Webradiozahlen sehen für viele Sender derweil sehr hübsch aus. Am meisten hinzugewonnen hat das zuletzt bei der klassischen MA sehr gebeutelte Antenne Bayern aus Ismaning. 11,27 Millionen Sessions des Simulcast-Streams wurden abgerufen, gegenüber dem Schlussquartal 2019 war dies ein Plus von 2,04 Millionen oder 22 Prozent. Mit 1,79 und 1,65 Millionen Sessions im Plus lagen zudem die öffentlich-rechtlichen Programme SWR3 und WDR2, die auf 11,53 und 9,70 Millionen Sessions in den drei Monaten kamen. Um knapp eineinhalb Millionen Sessions legte der Livestream des Deutschlandfunk zu; auf 7,22 Millionen, was sogar einem Zuwachs um 26 Prozent entsprach.

Wie wichtig den Menschen „klassische Programme“ in dieser Zeit waren, lässt sich auch an der Spotify-Nutzung ablesen – diese war ansonsten immer gestiegen, stagnierte nun aber. Sie lag nur mit einem Prozent im Plus. Dennoch: Die Zahl der abgerufenen Sessions blieb auch bis März 2020 hoch; nämlich bei 135 Millionen.

Welche Stationen lagen im Webradio noch extrem im Plus? Das vergleichsweise kleine Radio Salü aus dem Saarland verbesserte sich um 85 Prozent (auf rund 355.000 Abrufe), ansonsten lagen auch die öffentlich-rechtlichen Inforadios gut im Trend. SWR Aktuell etwa steigerte seine Ergebnisse um 59 Prozent (auf etwa 322.000 Abrufe), auf nun 1,54 Millionen Sessions kam der Livestream von B5 Aktuell des Bayerischen Rundfunks (+38%). Mit plus 36 Prozent stand hr-INFO dem in kaum etwas nach. RMS Digitalchef Frank Bachér sagte: „Dass sich der Trend zur intensivierten häuslichen Nutzung im März aus der ma IP Audio Sonderauswertung verfestigt hat, freut uns sehr. Die neuesten Zahlen belegen klar, dass die Online-Audio-Reichweite mit einem Anstieg von 10 Prozent im Gesamtmarkt weiterhin dynamisch wächst. Die steigende Nutzung von Simulcasts um 20 Prozent zeigt eindrucksvoll, welchen Anteil die Radioprogramme daran haben.“

Interessant ist auch: Radio ist weiterhin kein Medium, dass nur mal ganz kurz läuft. Insgesamt wurden im Betrachtungszeitraum 398 Millionen Sessions gezählt; die durchschnittliche Session dauerte dabei 62 Minuten.

„Die positiven Ergebnisse der ma IP Audio 2020 II sind ein Meilenstein für uns und die gesamte Privatradiobranche. Erstmals konnte ein deutsches Audio-Unternehmen, das nicht dem öffentlich-rechtlichen Bereich angehört, die Schallmauer von 30 Millionen Sessions im Monat durchbrechen. Dieses Wachstum ermutigt uns, weiter konsequent in digitalen Content und digitale Kanäle zu investieren“, freute sich Felix Kovac, Chef von Antenne Bayern. „In der Coronakrise suchen die Menschen nach Information, Orientierung und Sicherheit. Wir als lokales Radiomedium hatten deshalb sehr früh unser Programm radikal auf die neuen Begebenheiten angepasst: regelmäßige, fundierte Informationen rund um die regionalen Auswirkungen der Pandemie und das Verbreiten von Zuversicht in unsicheren Zeiten“, erklärte Die neue Welle-Geschäftsführer Robin Schuster.
04.06.2020 08:10 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/118835