Für die großen Privatsender war der Juni ein Monat zum Vergessen, auch ohne Fußball-WM rutschten die Marktanteile deutlich ab. Dass die Öffentlich-Rechtlichen und Kabel Eins leichte Gewinne einfahren, ändert nichts am historisch schwachen Gesamtbild, das die acht „großen“ Sender im Juni abgeben…
Die
«Tatort»-Folge mit dem Titel „Lass den Mond am Himmel stehn“ war im Juni die beliebteste TV-Sendung bei Jung und Alt. Am ersten Sonntag des Monats erreichte sie im Ersten 9,84 Millionen Zuschauer, von denen 2,52 Millionen zwischen 14 und 49 Jahren alt waren. Die daraus resultierenden Marktanteile beliefen sich auf bombastische 28,7 Prozent bei allen und fantastische 25,6 Prozent beim jungen Publikum. Insgesamt landeten in den Top5 des Monats noch zwei weitere «Tatort»-Episoden, dazu eine
«Tagesschau»-Ausgabe sowie ein
«Polizeiruf 110». Beim jungen Publikum sehen die Top5 etwas anders aus, hier schafften es neben besagtem «Tatort» zwei «Tagesschau»-Folgen, ein «Polizeiruf 110» und das
DFB-Pokalspiel zwischen Bayern München und Eintracht Frankfurt in die Hitliste. Eines ist aber sowohl bei den Jüngeren als auch insgesamt zu beobachten: Die zehn jeweils reichweitenstärksten Sendungen liefen allesamt im Ersten.
Man muss schon hinunter bis Rang zwölf gehen, um mit
«Ein starkes Team» die erfolgreichste Sendung auszumachen, die im Juni nicht im Ersten lief. Der Krimi brachte es im ZDF Anfang Juni auf 6,36 Millionen Zuschauer, abseits davon schafften es bei den Mainzern noch einige Krimis,
«heute-journal» und
«Aktenzeichen XY… ungelöst» auf über fünf Millionen Zuschauer. Die beliebteste Sendung eines Privatsenders stellte derweil das Promi-Special von
«Wer wird Millionär?» dar, das 4,89 Millionen Zuschauer und 19,4 Prozent aller Zuschauer zum Einschalten bewegte. Beim jungen Publikum überstrahlte RTL mit einer alten «WWM?»-Folge mit Millionengewinner die private Konkurrenz angesichts von 1,52 Millionen 14- bis 49-Jährigen und 18,5 Prozent ebenfalls. Und trotzdem: Hinter diversen Sendungen des Ersten landete besagte Quizshow-Folge vom 8. Juni erst auf Platz elf der Monatscharts.
ProSiebens größter Erfolg war im Juni die Ausstrahlung von
«Mission: Impossible - Fallout», die am 1. Juni auf 2,64 Millionen Zuschauer insgesamt und 15,4 Prozent der Werberelevanten gelangte. Gefragteste Eigenproduktion war eine Folge von
«Beauty & The Nerd», die es auf 1,59 Millionen Gesamtzuschauer und 14,4 Prozent der Jüngeren brachte. VOX schaffte es im Juli dreimal auf mehr als zwei Millionen Zuschauer, wobei dieses Kunststück in allen drei Fällen donnerstags mit
«James Bond»-Filmen gelang. Beim jungen Publikum punktete in der Primetime sonst noch
«Sing meinen Song», das am Dienstagabend bis zu 10,1 Prozent der Werberelevanten unterhielt.
Für Sat.1 erwies es sich als gute Strategie, sonntags auf Spielfilme zu setzen, immerhin holte sich der Bällchensender so dreimal zweistellige Marktanteile. Am besten schlug sich Mitte des Monats
«Wunder», der mit 2,02 Millionen Zuschauern die höchste senderinterne Reichweite des Junis einfuhr. Beliebtester Kabel-Eins-Film in der Zielgruppe war Anfang Juni
«Miss Undercover» mit neun Prozent, die meisten Gesamtzuschauer holte dagegen vor einigen Tagen die Ausstrahlung von
«The Transporter» mit 1,66 Millionen Zuschauern.
«Armes Deutschland - Stempeln oder Abrackern» sicherte sich derweil als erfolgreichste Marke bei RTLZWEI bis zu 7,6 Prozent Marktanteil beim jungen Publikum in der Primetime. Beim Gesamtpublikum erwies sich beim Sender nur eine Ausstrahlung von
«Olympus Has Fallen» als beliebter, welche an einem Freitagabend 1,14 Millionen Interessenten zählte.
Alle Zuschauer (Juni 2020)
ALLE ZUSCHAUER (JUNI)
10,8
10,7
13,4
13,0
7,7
8,3
2,6
2,9
5,0
4,9
5,6
5,4
3,8
4,2
3,8
3,7
Marktanteile in % | Juni 2020 gegenüber Mai 2020
Wenig überraschend können die öffentlich-rechtlichen Sender die Spitze verteidigen und im abgelaufenen Monat sogar leicht zulegen. Während das ZDF mit 13,4 Marktführer bleibt und damit um 0,4 Prozentpunkte gegenüber dem Vormonat zulegt, schafft es Das Erste nach 10,7 Prozent im Mai auf jetzt 10,8 Prozent. Das zeigt: Obwohl es dem Ersten am ehesten gelingt, hohe Reichweiten zu generieren, ist das ZDF auf die volle Distanz gesehen sehr viel erfolgreicher unterwegs. Neben den starken Primetime-Krimis profitieren die Mainzer dabei weiterhin von einer starken Daytime, in der «Bares für Rares» und «Die Rosenheim-Cops» am Nachmittag mit Spitzenmarktanteilen von über 25 Prozent in einer eigenen Liga spielen.
RTL entfernt sich derweil weiter von der Zweistelligkeit und rutscht mit 7,7 Prozent auf den schlechtesten Wert seit August. Das Minus im Vergleich zum Vormonat beträgt 0,6 Prozentpunkte. Größte Problemstelle bei RTL war im Juni der Dienstagabend mit «Jenny» und den «Nachtschwestern», doch auch in der Mittwochs- und Donnerstags-Primetime blieb der Sender mit seinen Formaten bei bestenfalls mäßigen Quoten hängen.
Hart trifft es im Juni auch RTLZWEI, das nach 2,9 Prozent im Mai auf 2,6 Prozent im Juni abrutscht. ZDFneo liegt mit 3,1 Prozent weit vor RTLZWEI und offenbart selbst zu ProSieben keinen großen Abstand mehr. Die rote Sieben wiederholt mit 3,8 Prozent den schwachen Jahrestiefstwert auf dem Januar und wird damit kaum zufrieden sein können. Wie schwach ProSieben beim Gesamtpublikum inzwischen aufgestellt ist, beweist die Tatsache, dass Kabel Eins im Juni auf identische 3,8 Prozent (+0,1 Prozentpunkte) verweisen kann und mit dem vermeintlich großen Bruder damit erstmals gleichzieht. Über leichte Zuwächse dürfen sich Sat.1 und VOX freuen, die jeweils 0,1 Prozentpunkte hinzugewinnen und damit jetzt bei 5,5 Prozent (Sat.1) und 5,0 Prozent (VOX) stehen.
Insgesamt fahren die „Big Eight“ im Juni übrigens eine historische Pleite ein. Addiert man die jeweiligen Monatsmarktanteile auf, so vereinen die acht Vollprogramme nur 52,7 Prozent des Gesamtpublikums auf sich - die Dominanz der großen Sender schwindet damit weiterhin. Zum Vergleich: Im Mai hatten 53,1 Prozent zu Buche gestanden, im März und Januar lag man sogar zwischenzeitlich bei über 55 Prozent.
14- bis 49-Jährige (Juni 2020)
14- BIS 49-JÄHRIGE (JUNI)
6,6
6,4
5,9
6,0
10,4
10,7
4,6
4,9
7,2
7,4
7,3
7,6
8,7
9,5
5,6
5,3
Marktanteile in % | Juni 2020 gegenüber Mai 2020
RTL fällt im Juni erschreckend nah an die Grenze zur Einstelligkeit herab, mit 10,4 Prozent kann der Sender das schlimmste knapp verhindern. Das Minus gegenüber dem ohnehin schwachen Vormonat beträgt dennoch 0,3 Prozentpunkte - schwächer lief es für die Kölner seit der Fußball-WM 2018 nicht mehr. Die Gründe für den schwachen Wert sind vielfältig und liegen nicht nur in der Primetime, sondern auch im Nachmittags- und Frühprogramm, das viel zu häufig einstellige Quoten einfährt.
Noch steiler als für RTL geht es aber für ProSieben bergab, das mit 8,7 Prozent ebenfalls den schwächsten Wert seit zwei Jahren einfährt. Zum Vergleich: Hatten im «The Masked Singer»-Monat April noch 9,7 Prozent zu Buche gestanden, waren es im Mai immerhin noch 9,5 Prozent gewesen - der nun eingefahrene Wert liegt folglich 0,7 Prozentpunkte niedriger als im Monat zuvor. Als größte Sorgenkinder entpuppten sich der Montagabend mit den «Simpsons» und alten «Big Bang»-Folgen sowie der Mittwochabend, der nach einem mäßigen «Grey’s Anatomy» in der Regel gar nichts mehr zu reißen weiß. Wenig bewegt sich bei VOX, das die Sieben-Prozentmarke erfolgreich verteidigt und nach 7,4 Prozent im Mai nun auf 7,2 Prozent gelangt.
Damit landet der Kölner Privatsender nur 0,1 Prozentpunkte hinter Sat.1, das nach 7,6 Prozent im Mai nun auf 7,3 Prozent abrutscht, damit aber immerhin keinen neuen Jahres-Tiefstwert einfährt. Des einen Freud, des anderen Leid: Während Sat.1 0,3 Prozentpunkte verliert, kann Kabel Eins um den gleichen Betrag zulegen. Für den Sender geht es hoch auf 5,6 Prozent und damit auf den besten Wert seit über einem Jahr. Neben vielen quotenstarken Film-Ausstrahlungen konnte sich Kabel Eins zuletzt auch merklich am Samstagabend steigern, wo der «Hawaii Five-0»-Serienmarathon in den vergangenen Wochen durchgehend überdurchschnittliche Marktanteile holte.
Freuen darf sich derweil Das Erste, das nicht zuletzt dank DFB-Pokal, Bundesliga und erfolgreichen Sonntagskrimis um 0,2 Prozentpunkte auf 6,6 Prozent beim jungen Publikum zulegt. Das ZDF kann damit nicht mithalten und fällt mit 5,9 Prozent (-0,1 Prozentpunkte gegenüber dem Vormonat) auf einen Jahrestiefstwert. Schlusslicht beim jungen Publikum ist genauso wie insgesamt RTLZWEI, das mit 4,6 Prozent noch einen Prozentpunkt hinter Kabel Eins landet - noch im Februar hatte RTLZWEI zwischenzeitlich vor dem Konkurrenten gelegen. Während Primetime-Filme zumeist ordentlich bis gut liefen, bereitete die Donnerstags-Primetime mit Eigenproduktionen RTLZWEI zuletzt Probleme. Größtes Sorgenkind des Sender bleibt aber vermutlich die Daytime, in der werktags vor 18 Uhr zuletzt so ziemlich alles schiefgeht.
Betrachtet man den kumulierten Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen, dann fällt die Pleite ähnlich groß wie beim Gesamtpublikum aus. Gemeinsam schaffen die großen Acht im Juni noch 56,3 Prozent, was ebenfalls dem schlechtesten Wert seit jeher entspricht. Zum Vergleich: Zwischen September 2019 und Mai 2020 konnten die Vollprogramme noch deutlich mehr reißen, wie das Season-Mittel von 58,8 Prozent belegt. Die allgemeine Fragmentierung auf dem TV-Markt hält demnach also an.