20 Jahre und noch kein bisschen schimmelig: Das grantige Kastenbrot Bernd erfreut mit seiner unerfreuten Art Groß und Klein. Aber was hat es mit seinen nächtlichen Einsätzen auf sich?
Es ist ein Brot mit stummeligen Ärmchen. Und in seinen Händen hält es unter anderem den Adolf-Grimme-Preis. Zumindest theoretisch – denn praktisch gesehen hat es den Preis nicht angenommen. "Kein Interesse", so lautete die Begründung. Also nahm sein Bäcker, äh, Erfinder, äh … Karriereberater (?) Tommy Krappweis die Auszeichnung an. Die Rede ist von einem Brot, das mit einem Busch und einem Schaf befreundet ist – auch wenn diese Wegbegleiter seiner frühen Karriere längst in den Hintergrund geraten sind: Bernd das Brot.
Dieses dauerdeprimierte, kastenförmige Ergebnis deutscher Puppenspiel-, äh Backkunst begeht sein zwanzigjähriges Jubiläum und ist eines der bekanntesten Aushängeschilder des KiKA: Mit einem staubtrockenen, grantigen, dennoch kinderfreundlichen, aber auch auf faszinierend-muffelige Weise anarchischen Humor wurde Bernd sehr schnell zum Kult und generierte Fans, weit über die Kernzielgruppe des Kindersenders hinaus. Das bestätigen Gastauftritte in Formaten wie «DAS!», «Pastewka» oder «Hier ab vier!».
Nun, mit 20 Jahren im Einsatz, sind die jüngsten Fans seines Karrierestarts selber erwachsen geworden. Und noch mehr Jugendliche und Erwachsene hatten Zeit, selber mit dem Brot in Kontakt zu kommen, ohne mit ihm aufgewachsen zu sein. Denn seit 2003 ist Bernd das Brot der Testbild-Ersatz im KiKA: Von 21 Uhr nachts bis 6 Uhr morgens beschreitet Bernd das Brot die offiziell-programmfreie Zeit auf dem Kinderkanal von ARD und ZDF – und hat mit seinen dort präsentierten, eigenwilligen Erlebnissen schon unzählige, keine Ruhe findenden Zapperinnen und Zapper fasziniert.
Die erste sogenannte "Nachtschleife" ging im Januar 2003 auf Sendung und dauerte gerade einmal sieben Minuten. Gezeigt wurden Clips aus sieben Episoden «Chili TV», der Sendung, in der das Brot populär wurde. Auch wenn die Länge der Bernd-Nachtschleifen ansteigen sollte, bestehen sie alle grundsätzlich aus bereits produziertem Material.
Der Irrtum, Bernd würde nachts speziell für die KiKA-Sendepause gestaltete Abenteuer erleben, rührt sicherlich daher: Die bekannteste und wohl kultigste Form der KiKA-Nachtschleifen zeigt Bernd, wie er in einer "Weißbox" gefangen ist, also einem gleißend hellen, weißen Raum, in dem er ziellos umherirrt und von einem Roboterarm sowie einer Computerstimme aus dem Off drangsaliert wird. Durch den surrealen Charakter dieser Endlosschleifen, die sich für Bernd wie eine Art Fegefeuer gestalten, in dem er in ständiger Wiederholung gefangen ist, wirken diese «Bernd in Hell» getauften Nachtprogramme wie für das Spätprogramm geschaffen. Zumal 2009, auf der Höhe des Abzockfernsehen-Hypes, sogar eine Nachtschleife rund um nächtliche Call-In-Shows an den Start ging.
Dennoch: Egal ob «Bernd in Hell» über Call-In, Film und Fernsehen oder Social Media – mit Ausnahme vereinzelter Übergangssequenzen feierte der Inhalt der Nachtschleifen stets zuerst während der offiziellen Sendezeit im KiKA Premiere. Manchmal gestaltet sich dieser "Es ist nur eine nächtliche Wiederholung in Dauerschleife"-Charakter auch deutlicher: 2017 debütierte eine Nachtschleife, die sich vom populären «Bernd in Hell»-Rezept löste und Bernd zeigt, wie er mit der Folk-Band Schandmaul erst im Studio und dann auf Tour auftritt – diese Nachtschleife ist ein Zusammenschnitt aus zwei zuvor gezeigten Folgen der Serie «Bernd Channel – Sing das Brot».
Ähnlich verhält es sich mit Bernds neustem Abenteuer: Am 6. Juni zeigte KiKA die achtteilige Serie «Astrobrot» am Stück. Darin will das Kastenbrot allem entkommen, was laut und bunt ist – und daher Astronaut werden, um endgültig die Erde zu verlassen. Ein Zusammenschnitt dieser Folgen schwirrt derzeit durch den Äther namens KiKA-Nachtprogramm.
Bernd-Nostalgikerinnen und -Nostalgiker, die ihre Lieblingsnachtschleife immer wieder erleben wollen, haben übrigens Grund, Bernds Lieblingsspruch auszustoßen: Einige der Nachtschleifen können aufgrund von urheberrechtlichen und rundfunkrechtlichen Vorgaben online nicht zur Verfügung gestellt werden. Und jetzt alle: "Mist!"