«Into the Beat - Dein Herz tanzt» - «Step Up» made in Germany
Mit «Into the Beat - Dein Herz tanzt» wagt sich auch das deutsche Kino in die Genregefilde des Tanzfilms vor und liefert dank der Tanzcombo „The Flying Steps“ ähnlich imposante Eindrücke wie die Konkurrenz aus den USA.
Filmfacts: «Into the Beat»
Kinostart: 16. Juli 2020
FSK: o.Al.
Laufzeit: 98 Min.
Genre: Tanzfilm
Kamera: Martin Schlecht
Musik: Andrej Melita
Buch: Hannah Schweier, Stefan Westerwelle
Regie: Stefan Westerwelle
Darsteller: Alexandra Pfeifer, Yalany Marschner, Trystan Pütter, Helen Schneider
OT: Into the Beat - Dein Herz tanzt (DE 2020)
In den USA lässt sich mit Tanzfilmen gut Kasse machen. Von «StreetDance» über «Step Up» bis «Honey» ziehen all diese dramaturgisch austauschbaren Filme regelmäßig die Massen in die Kinos – und das sind nur die Franchises, natürlich gibt es noch diverse weitere, nur eben ohne Teil zwei, drei, vier bis unendlich. Deutschland hat sich aus diesem Metier bislang zurückhalten. Der letzte große deutsche Tanzfilm war «Pina» von Wim Wenders, ein Porträt der weltberühmten Choreographin Pina Bausch. Stefan Westerwelle («So lange du hier bist») ist der erste deutsche Filmemacher, der einen Tanzfilm nach klassischer (amerikanischer) Dramaturgie und Inszenierung auf die Beine gestellt hat, der sich aus einer vorhersehbaren Handlung, spektakulären Tanzszenen und schönen Menschen zusammensetzt.
Nochmal spezifischer erinnert «Into the Beat – Dein Herz tanzt» am ehesten an das «StreetDance»-Sequel «StreetDance: New York». Auch in diesem Film ging es um die (symbolisch arg penetrante, aber durchaus sympathische) Symbiose aus zwei verschiedenen Tanzstilen zur Veranschaulichung gegensätzlicher Charakterzüge.
Ballett vs. Streetdance
Katya (Alexandra Pfeifer) ist ein herausragendes Balletttalent. Sie trainiert hart fürs Vortanzen bei der New York Ballet Academy und hat gute Chancen auf ein Stipendium. Aber als sie eine Gruppe Streetdancer kennenlernt, eröffnet sich ihr eine völlig neue Welt: Im Gegensatz zum klassischen Ballett ist der Streetdance frei und explosiv, ohne Regeln, die Gesetze der Schwerkraft scheinen außer Kraft gesetzt. Katyas Herz fängt Feuer für den neuen Style, wo sie all ihre Emotionen ausdrücken kann – und für den introvertierten Marlon, einen begnadeten Hip-Hop-Tänzer (Yalany Marschner). Er erkennt ihr tänzerisches Potenzial und fordert sie auf, mit ihm an einer Audition der weltbekannten Street-Dance-Crew Sonic Tigers teilzunehmen. Katya taucht ein in ein bisher unbekanntes Lebensgefühl aus Unbeschwertheit, Community und Spontaneität. Sie ahnt: Sie kann nicht zurück zum Ballett. Doch ihr Vater Victor (Trystan Pütter), ein berühmter Ballett-Star, sieht das anders. Doch Katya folgt dem Tanz ihres Herzens – schafft sie den (Ab-)Sprung?
Erzählerisch hat sich seit einer gefühlten Ewigkeit nichts am Aufbau eines klassischen Tanzfilms geändert. Umso wichtiger ist die Variation im Detail. Wie besagter «StreetDance: New York» nutzt auch «Into the Beat» die Kombination aus verschiedenen Tanzstilen – hier Ballett und Hip-Hop beziehungsweise Breakdance – um Schwung in ein Genre zu bringen, dessen Choreographien sich allem Spektakel zum Trotz mit der Zeit eben doch wiederholen. Zumindest dahingehend macht Regisseur Westerwelle viel richtig; vor allem mit der Verpflichtung der weltberühmten Tanz-Combo „The Flying Steps“. Die 1993 in Berlin gegründete Crew ertanzte sich als eine der besten unzählige Wettkampftitel und erhielt mit «Flying Revolution» sogar eine eigene Kinodokumentation.
Dass sie in «Into the Beat» zwar diverse Gelegenheiten bekommt, ihr phänomenales Talent, mit dem sie sich übrigens noch einmal deutlich von der Qualität der Tänzer in jüngeren Filmen der «Step Up»- oder «StreetDance»-Reihe abhebt, unter Beweis zu stellen, letztlich aber trotzdem nicht genug Raum erhalten, ist schade. Aber «Into the Beat» ist ja leider kein Musical, sondern eben eine Romanze mit einer Handvoll ausladender Tanzsequenzen.
Herausragender Tanz, maues Schauspiel
Dazwischen wird «Into the Beat» jedoch wie jeder andere Film von den Schauspielern getragen – und die wurden in diesem Fall sichtbar nach ihren Tanz- und weniger nach ihren Schauspielkünsten gecastet. Das ist erst einmal kein allzu großer Makel, schließlich geben die Hauptdarsteller Alexandra Pfeifer und Yalany Marschner hier ihr Leinwanddebüt. Da verzeiht man ihnen gern die ein oder andere Holprigkeit – erstrecht im Anbetracht dessen, was die beiden hier körperlich zustande bringen. Leider reicht das Zudrücken beider Augen irgendwann nicht mehr aus; Vor allem die Dialoge einiger Nebendarsteller wirken wie auswendig aufgesagt. Erst, wenn sie sich wieder voll und ganz in ihrem Element – dem Tanzen – befinden, können sie wieder glänzen.
Katya (Alexandra Pfeifer) möchte keine Balletttänzerin mehr sein.
Das ist natürlich einerseits dem Hauptgrund dienlich, weshalb es Filme wie «Into the Beat» überhaupt gibt: Wer hierfür ein Kinoticket löst, der erwartet schließlich kein Weltklasseschauspiel, sondern im besten Fall Weltklassetanz. Doch letztlich ändert das nichts daran, dass man die darstellerischen Versäumnisse wahrnimmt, die auch aufgrund der arg holprigen (und nur selten wirklich der Zielgruppe entsprechenden) Dialogzeilen an Authentizität verlieren. Ob man sich davon mehr oder weniger aus dem Filmerlebnis reißen lässt, ist am Ende auch eine Geschmacksfrage.
Glücklicherweise gibt es gleich zwei Dinge, die den Fokus von den schwachen Schauspielleistungen sowie der austauschbaren Selbstfindungsstory reißen, die letztlich nur die Blaupause eines x-beliebigen Tanzfilms ist und sie hier und da mit einigen pädagogischen Ratschlägen und Botschaften anreichert. Dahingehend gibt es in «Into the Beat» auch ein paar wirklich gelungene Szenen – etwa, wenn sich Katya ganz offen dazu äußert, dass sie Angst davor hat, dass ihr Vater sie nicht mehr liebhat, sollte sie mit dem Ballett aufhören. Aber es geht im Film eben primär um den Tanz – und der ist hier derart atemberaubend, dass er mit den Genregefährten aus den USA nicht bloß gleichzieht, sondern sie in einigen Choreographien sogar übertrifft. Dass die „Flying Steps“ zu den beste Tanzcrews der Welt gehören, stellt man nach dem Film nicht mehr infrage, sofern man das vorher überhaupt getan hat. Es gibt aber auch noch einen zweiten Grund, sich «Into the Beat» anzuschauen. Und dieser ist rein lokalpatriotischer Natur.
Stefan Westerwelle hat sich als Kulisse für seinen Film die Hansestadt Hamburg ausgesucht und findet darin fantastische, ortsbezogen immer in sich logische Setpieces (eine Tanzszene findet sogar auf dem Museumsschiff Cap San Diego statt!), die Kameramann Martin Schlecht («Traumfabrik») in wunderschöne Bilder kleidet, die die norddeutsche Metropole in einem lebensechten Licht dastehen lässt. Auch sonst zeichnet die Kameraarbeit eine angenehme Übersicht über die Ereignisse aus; Selbst das wildeste Tanzgetümmel erschließt sich dem Zuschauer im Ganzen.
Fazit
Strukturell ist der deutsche Tanzfilm „Into the Beat – Dein Herz tanzt“ wie jeder andere Tanzfilm auch. Seine besonderen Highlights liegen jedoch mehr noch als in anderen Genrevertretern in den spektakulären Tanzsequenzen sowie der Stadt Hamburg als Kulisse. Leider schmälern die Darstellerleistungen zwischendrin arg das Sehvergnügen.
«Into the Beat – Dein Herz tanzt» ist ab dem 16. Juli in den deutschen Kinos zu sehen.