«The Order» – Von Kritikern zerfetzt, vom Publikum geliebt?
Nach den vernichtenden Kritiken, die die Netflix-Mysteryserie «The Order» erhalten hat, war es an der Zeit, sich nach zwei Staffeln endlich ein eigenes Urteil zu bilden. Und das fällt bei Weitem nicht so schlecht aus, wie gedacht.
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«The Order» erreicht ein imdb-Ranking von 6,8/10 und einen Audience Score bei rottentomatoes von 75 Prozent.
Jack Morton (Jack Menley) ist ein zorniger junger Mann. Sein Vater, Edward Coventry (Max Martini), verließ ihn vor seiner Geburt und seine Mutter hat sich deshalb umgebracht. Zusammen mit seinem Grandpa „Pops“ (Matt Frewer) lebt er nur für das eine Ziel, Edward zu finden und für seine Tat zur Verantwortung zu ziehen. Um das erreichen zu können, schreibt sich der rachsüchtige junge Mann an der renommierten Belgrave University ein, in dessen Katakomben ein mächtiger Geheimbund beheimatet sein soll. Vom „Hermetischen Orden der blauen Rose“ verspricht sich Jack genug Macht, um seinen superreichen Vater endlich zur Strecke zu bringen. Was er nicht ahnt ist, dass die Mitglieder der blauen Rose nicht nur finanziell mächtig, sondern darüber hinaus auch noch Magier sind. Jack gelingt es, als Akolyth aufgenommen zu werden und wird in eine fremde Welt der Magie und Zauber gezogen.
Doch die Freude über den Erfolg verraucht schnell, denn bald erfährt Jack, dass der Großmagus ausgerechnet sein Vater ist. Als würde das die Sache nicht schon genug komplizieren, verliebt er sich auch noch in seine Tutorin Alyssa (Sarah Grey). Die Lage gerät vollends außer Kontrolle, als Jack auch noch von der Seele eines Werwolfs erwählt wird, einer der ihren zu werden und fortan den „Rittern des heiligen Christopherus“ zu dienen. Das erklärte Ziel der Geheimorganisation ist aber die Zerschlagung des Zaubererordens. Von nun an steht Jack zwischen den Fronten. Er fühlt sich zu Alyssa hingezogen, aber auch den Rittern verpflichtet und darf darüber hinaus sein großes Ziel nicht aus den Augen verlieren.
Es gibt Serien, die dazu bestimmt scheinen, die Gemüter zu erhitzen. «The Order» ist ohne Zweifel so ein Kandidat. Woran das liegt, wird erst offensichtlich, wenn man selbst einen Blick riskiert und sich des Themas unvoreingenommen widmet. Eins ist klar, «The Order» ist nicht der ganz große Wurf. Die Welt der Zauberei, in die der Zuschauer eingeführt wird, bietet keine wirklichen Innovationen. Der Plot ist simpel strukturiert und die schauspielerischen Leistungen sind zwar solide, liegen aber andererseits auch nicht auf einem Oscar verdächtigen Niveau. So ablehnend diese Worte nun auf den ersten Blick auch klingen mögen, bergen genau diese Aspekte allerdings doch das Potential in sich, dem Zielpublikum ein Menü aus schlichter, aber doch wohlschmeckender Hausmannskost zu servieren. Denn die aus allen möglichen anderen Serien und Filmen zusammengeklaubten Fantasy- und Mysteryversatzstücke sorgen dafür, dass man sich sofort und ohne Probleme in eine Welt voller Zauberei und Fabelwesen mit Young Adults stürzen kann, die jeder unterhaltsamen Disney-Jugendserie entsprungen sein könnten.
Ein Snack für Zwischendurch
Ähnlich wie der Mäuseohren-Konzern erschaffen die Serienmacher Dennis Heaton («Ghost Wars») und Shelly Eriksen («Continuum») ein locker-flockiges Umfeld, in dem sich der von Zauberern geführte „Hermetische Orden der blauen Rose“ und der Werwolf-Geheimbund „Ritter vom heiligen Christopherus“ erst gegenseitig auslöschen wollen, nur um einige Folgen später schicksalhaft miteinander verwoben zu sein. Dabei fließt zwar wesentlich mehr Blut, als in vergleichbaren Disneyshows, allzu heftig wird es aber nie, so dass sich das vornehmlich jüngere Zielpublikum auf zwei oder drei Binge-Watching-Sessions ohne großen Ekelfaktor und Gruselgarantie einstellen darf. Werwölfe, Ghuls und schlafende Leichen, oder in mehr oder weniger korrektem Latein heruntergerasselte Zauber aller Art werden dabei naturgemäß inklusive, sozusagen frei Haus, gleich mitgeliefert.
Man muss sich zudem weder in eine Story mit unzähligen, undurchsichtigen Figuren hineinfuchsen, die einen Twist nach dem anderen heraushaut, noch an allzu dysfunktionale Charakterzeichnungen heranwagen. Entgegen aller Gewohnheiten, die die Erzählstruktur moderner Mystery in Serien wie «Stranger Things» so mit sich bringt, präsentiert sich «The Order» auffallend gradlinig und konzeptionell auf Zuschauer ausgerichtet, die einen zwar nicht sonderlich pfiffigen, aber doch vom Geschmack her angenehmen Snack für Zwischendurch suchen, um im oben eingeführten Bild zu bleiben.
Why not?
Derartige Unterhaltungsformen darf man natürlich ablehnen, muss es aber nicht. Denn obwohl «The Order» nichts wirklich Neues bietet und die Figurenzeichnung schlicht gerät, wurde der Autor dieser Zeilen doch mit einem Bannzauber belegt und hat die zwanzig bislang produzierten Folgen in drei größeren Happen verschlungen. Am Ende fühlte er sich aller Skepsis zum Trotz doch gut unterhalten. Die Geschichte schreitet rasch voran, bietet einiges an Action, eindimensionale aber irgendwie doch sympathische Figuren und eine sehr ansehnliche Maskenbildnerarbeit. Lediglich der ein oder andere Spezialeffekt hätte, ähnlich wie beispielsweise in «Warrior Nun», (Link zur Kritik), etwas hochwertiger ausfallen dürfen.
Fazit: Es ist durchaus ersichtlich, warum die ersten beiden Staffeln beim Publikum wesentlich besser abschneiden, als bei den Kritikern. Denn obwohl «The Order» nicht gerade vor Innovationen strotzt und an der ein oder anderen Stelle auch mal patzt, kann man sich in dieser Welt doch schnell wohlfühlen. Ein Gros des Publikums ist nun einmal eher bereit, über die ein oder andere Schwäche hinwegzublicken, wenn dafür das Gesamtpaket unterhält. Und warum eigentlich auch nicht? Die Klickzahlen scheinen Netflix jedenfalls Recht zu geben. Nach der zweiten Season, die inzwischen übrigens fertig synchronisiert wurde, hat Netflix bereits bekannt gegeben, dass es eine dritte Staffel geben wird.