Es geht um Imitieren und Einschätzen. Wer kann wirklich singen – und wer nicht? RTL startet am Dienstagabend eine neue zweiteilige Eventshow, die ihren Ursprung in Südkorea hat. Produzentin Tina Allert spricht mit uns darüber, wie Corona dem Projekt im Frühjahr dazwischen funkte, welche Gemeinsamkeit es mit TikTok hat und welche Unterschiede es zu ProSiebens «FameMaker» gibt.
Zur Person: Tina Allert
Allert ist bei TresorTV Director non-scripted Programs. Zu den TresorTV-Formaten in diesem Bereich gehörten zuletzt «United Voices» und «No Body is perfect», beides für Sat.1. Umgesetzt wird aber auch die Doku «A8 - Abenteuer Autobahn» für DMAX und Joyn.Mit «The Masked Singer» hat uns alle ein südkoreanisches Format jüngst überrascht. Was zeichnet den südkoreanischen Markt allgemein aus?
Natürlich hat «The Masked Singer» in diesem Bereich Türen geöffnet – das deutsche Publikum ist nun bereit für solche Formate. Viele Ideen aus Südkorea sind wilder und echt verrückt. Gleichzeitig bietet der Markt in Südkorea aber auch konservative Stoffe. Ich denke da vor allem an das Dating-Genre. Es ist in jedem Fall ein sehr großer Markt, die Herausforderung ist die Bewertung der Programme, die für eine Adaption in Deutschland infrage kommen. Ich denke bei «I can See Your Voice» haben wir eine gute Wahl getroffen, ein anderes Beispiel ist aber auch «United Voices», das wir zuletzt für Sat.1 umgesetzt haben und an das wir, wie auch an verschiedene Fiction-Formate, über unseren First-Look-Deal mit Koreas größtem Entertainment Konzern CJ ENM gekommen sind.
In Ihrer neuen Show, die RTL am 18. und 19. August um 20.15 Uhr zeigt, geht es um Sänger, die singen, aber von der Jury nicht gehört werden. Nun ist Fernsehen ja ein Medium mit Bild und Ton... Wie setzen Sie das für den Zuschauer um?
Die Show besteht aus vier höchst unterhaltsamen Runden. Wir haben zum Beispiel den Lyp-Sync-Modus. Da müssen die die Kandidaten mit Textsicherheit und Performance-Qualität überzeugen. Die guten Sänger singen möglichst lippensynchron auf ihre eigene Stimme. Die Schwindler singen auf die Stimme eines fremden Profi-Sängers. Unser Ratepanel und natürlich die Zuschauer müssen herausfinden: Kann das die echte Stimme sein? Eine andere Runde heißt „Fakt oder Fake“, da haben wir in Videos Hinweise auf die bisherige Musik-Karriere und das Leben des Sängers platziert – und im Falle der Schwindler natürlich auch viele Finten. Hier arbeiten wir mit verzerrten Stimmen.
Ihr Ratepanel ist bunt gemischt, von Evelyn Burdecki bis hin zu Thomas Herrmanns. Wie kamen Sie auf diese Mischung?
Wir haben diese fünf gemeinsam mit den RTL-Kollegen, also Anja Heinen, Jan Westphal und Unterhaltungschef Kai Sturm, gefunden. Es ist eine sympathische Mischung. Es ging uns darum, dass die fünf Unterhaltungswert haben, Ratefreude ausstrahlen, aber auch analytisch vorgehen. Ich kann eines versprechen: Unsere Zuschauer werden viel zu lachen haben.
Es geht in Ihrem Format um gute Sänger, aber auch um gute Entertainer/Schauspieler – wie sucht und findet man da die passende Mischung?
Sie sprechen es an: Das ist wirklich eine Herausforderung. Wir brauchen ja starke Sänger, bei denen schon der erste Ton wirklich sitzt. Genauso brauchen wir aber auch Schwindler, die sich trauen, nach ihrer Enttarnung auf der großen Bühne zu stehen und ein ganzes Lied voller Inbrunst mit ihrer grausligen Stimme darzubieten. Es war eine lange Suche, eine aufwändige Arbeit. Wir haben über sämtliche mediale Kanäle nach Kandidaten gesucht, aber auch durch gezielte Recherche im gesangsaffinen Bereich und mit Unterstützung einer Agentur. Und ich kann sagen: Obwohl alle Castings online stattfanden, haben wir Leute gefunden, die uns vom Hocker hauen. Unser Panel musste beim Hören der Stimmen schon mal die ein oder andere Träne verdrücken. Hut ab!
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Vanessa Mai und ihr Superfan "Picco" in der zweiten Folge am Mittwoch.
TVNOW / Frank W. Hempel2 / 2
Nicole Schmurr, Sänger Sasha und Morderator Daniel Hartwich in der Premierenfolge am Dienstag.
I Can See Your Voice
Thomas Hermanns sagte in einem Interview, das Format sei perfekt für die junge "TikTok"-Generation - Stichwort: Imitation. Das ist aktuell ein großer Trend?!
Um TikTok kommt man als junger Mensch genauso wie als Erwachsener heute einfach nicht mehr herum. Unsere Show lebt da von einem ganz ähnlichen Reiz. Auch bei uns wird etwas nachgemacht, auch bei uns gibt es schlechte Sänger. Bei «I Can See Your Voice» kommt eben noch der große Spaß durch die Auflösung, wer ein guter oder ein schlechter Sänger ist, hinzu. Ich würde also sagen: TikTok ist ein gutes Trainingscamp für «I can See Your Voice», nicht zuletzt weil es sowohl bei uns als auch auf der Plattform um viel Humor und Augenzwinkern geht.
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Wir finden, dass wir diese Show wirklich nur mit Studiopublikum umsetzen können.
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Produzentin Tina Allert
ProSieben kündigt mit «FameMaker» ein recht ähnliches Format an; bei genauem Hinsehen gibt es aber schon ziemliche Unterschiede...
Wir haben natürlich ganz genau hingeschaut, als ProSieben dieses Format im Sommer angekündigt hat, denn «I Can See Your Voice » ist ja weltweit das erste Format dieser Art gewesen. Wissen Sie: «I can See Your Voice» planen wir ganz konkret schon seit Anfang dieses Jahres. Dann aber kam Corona und hat alle Pläne zunichte gemacht. Wir finden, dass wir diese Show wirklich nur mit Studiopublikum umsetzen können. Daher mussten wir warten, bis die Einschränkungen in diesem Bereich gelockert wurden. Sie sprechen die Unterschiede an, die aus meiner Sicht schon eindeutig sind. «I can See your Voice» ist keine Casting-Show und jede Folge ist abgeschlossen.
Bei uns geht es darum, dass ein Super-Fan gemeinsam mit seinem Star versucht, die „Schwindler“ zu eliminieren. Der Super-Fan gewinnt letztlich aber nur, wenn sein Star am Ende mit einem echten Sänger auf der Bühne steht und ein Duett singt. Steht da ein Schwindler, geht der mit dem Geld nachhause. Bei uns gibt es also zum Beispiel keinerlei Coaching-Elemente.
Sie haben jetzt zunächst einmal zwei Ausgaben des Formats gemacht – denken Sie, die Show würde sich auch für eine längere Strecke eignen?
Sehen Sie: Wir hatten Anfang 2020 in der Tat an einer längere Staffel gearbeitet. Jetzt bin ich RTL sehr dankbar, dass der Sender mit uns diese zwei Folgen sehr rasch umgesetzt hat. Ihre Frage beantwortet sich, wenn Sie zum Beispiel nach Korea blicken, wo bereits sieben Staffeln gelaufen sind. Adaptionen sind auch in Europa, etwa bei der BBC in Produktion. Mit den Kollegen sind wir natürlich immer wieder im Austausch. Ich sehe echtes Potential, dass diese Sendung ein Langläufer werden kann.
Danke für das Gespräch!