In «Heimlich verliebt» gestehen Menschen ihrem Schwarm vor laufender Kamera ihre romantischen Gefühle. Das läuft von Person zu Person unterschiedlich ab - geht aber nicht selten mit einer Prise Fremdscham einher. Die TV-Kritik…
Über das Format
«Heimlich verliebt» ist eine Adaption des Fremantle-Formates „Secret Admirer“, das bereits in Schweden, Dänemark, Frankreich, USA und Großbritannien lief. In Schweden war in diesem Jahr bereits die 5. Staffel des Datingformates mit dem lokalen Titel „Hemliga beundrare“ zu sehen. UFA Show & Factual hat die vier Folgen der Sendung für RTL 2019 und 2020 in Köln produziert.
Der Sonntagvorabend gehört zu den reichweitenstärksten Sendeplätzen im deutschen Fernsehen. Umso ärgerlicher ist es für RTL, dass die Kölner hier zuletzt nicht allzu viele Quotenerfolge vorzuweisen hatten. Weil sich
«Schwiegertochter gesucht» in überarbeiteter Form inzwischen in die Primetime verabschiedet hat, war es zuletzt eigentlich nur Martin Rütters Welpen-Sendung, die mit Erstausstrahlungen überzeugen konnte. Da die aber bei weitem nicht ein gesamtes Jahr füllen kann, ist RTL auf der Suche nach weiteren Zuschauermagneten und setzt seine Hoffnungen ab dieser Woche in den Neustart
«Heimlich verliebt».
Das Konzept der Sendung lässt sich mit einem Blick auf den Titel bereits erahnen. In dem Format nehmen mutige Singles ihr Herz in die Hand und gestehen ihrem heimlichen Schwarm, den sie womöglich schon seit Jahren kennen, endlich ihre Liebe. Das Besondere: Der oder die Angebetete weiß nicht, wer sie überrascht. Wie wird er oder sie reagieren? Kommt es zum Happy End und romantischen Momenten? Oder endet die Aktion in einer eher peinlichen Enttäuschung? Zumindest in der ersten Folge von «Heimlich verliebt» bewegt sich die Antwort auf diese Frage leider eher in letztere Richtung.
Als unangenehm lässt sich dabei vor allem das Aufeinandertreffen von Deniz und Melissa bezeichnen (Bild links). Die beiden kennen sich seit einigen Monaten über die Dating-Plattform Tinder, haben sich im echten Leben aber noch nie getroffen. Trotzdem hat Deniz für Melissa Gefühle entwickelt und gesteht ihr diese - warum auch immer - gleich mal in einer Vorabend-Sendung bei Deutschlands größtem Privatsender. Überfordert mit dem Einordnen dieser skurrilen Situation ist dabei nicht nur der Zuschauer, sondern auch Melissa. Sie gibt zu, oft und gerne auf Dates zu gehen und gerade eigentlich an jemand anderem interessiert zu sein. Für Deniz hat sie nur einen Platz auf der Reservebank übrig, wie sie sagt, ihr Kontakt verliert sich nach dem in Ansätzen peinlichen Liebesgeständnis aber komplett.
Besser verläuft das TV-Date des 51-jährigen Dieter mit Nadja, die ihren Schwarm schon vor 30 Jahren gut fand und ihm dies vor laufender Kamera erstmals sagt. Dieter ist sehr überrascht, scheint sich aber sichtlich über die netten Worte zu freuen. Die Tatsache, dass Nadja Dieter ein Lied vorsingt, dürfte zwar eher in die Kategorie Kitsch fallen, aber das sei mal dahingestellt. Etwas zu direkt, aber insgesamt sehr unterhaltsam, gibt sich dafür der 30-jährige Pawel. „Ich hab‘ mich da heimlich in Dir verguckt“, sagt er zu Tanja zu Beginn noch ziemlich charmant. Doch es dauert nicht lange, bis er sich im Ton vergreift. „Als ich mir das überlegt habe, gab es nicht wirklich viele Frauen, wo ich gesagt habe: Die kann man in so eine Auswahl mit einbeziehen. Da waren vielleicht noch so zwei andere“, sagt er mit denkbar wenig Feingefühl und sorgt damit für Irritationen. Immerhin: Unterhaltsam ist das Date von Tanja und Pawel allemal.
Für «Heimlich verliebt» spricht, dass die Sendung ihre Protagonisten nicht unnötig vorführt. Wenn etwas unangenehm oder peinlich wird, dann ist das dem Verhalten der Akteure geschuldet und nicht der Bearbeitung des abgedrehten Materials in der Postproduktion. Ganz im Gegenteil versuchen die Verantwortlichen ein Zweier-Gespräch vor allem zu begleiten und erinnern damit aus handwerklicher Sicht eher an «First Dates» bei VOX als an andere Formate, die vom Bloßstellen ihrer Protagonisten leben.
Auch rein optisch denkt man bei der neuen RTL-Sendung mit ihren gemütlichen Kulissen schnell an «First Dates». Angesichts des Quotenerfolgs der Vorabend-Sendung bei VOX ist es verständlich, dass man hier eine ähnliche Linie fährt und so zumindest versucht, Wohlfühl-Fernsehen zu produzieren. Nicht zuletzt sei hervorgehoben, dass RTL in der Sendung auf eine große Bandbreite an unterschiedlichen Kandidaten setzt. Jüngere und ältere Menschen finden in dem Format genauso einen Platz wie auch Deutsche und Menschen mit Migrationshintergrund. Man beschränkt sich also nicht nur auf Kandidaten, die irgendwelche Klischees bedienen und in eine junge Zielgruppe fallen.
Assoziationen zu «First Dates» werden übrigens auch am Ende der Sendung wach, wenn «Heimlich verliebt» noch kurz darüber aufklärt, wie sich die jeweiligen Verhältnisse in den Wochen nach dem TV-Date entwickelt haben. Der genaue Ausgang sei an dieser Stelle noch nicht verraten, insgesamt ist die vorläufige Bilanz aber ziemlich ernüchternd. Sollten die Einschaltquoten für «Heimlich verliebt» ähnlich bescheiden ausfallen wie die Kuppel-Quote in Folge eins, wäre das für RTL wohl eher als Desaster zu werten.
Vier Folgen von «Heimlich verliebt» zeigt RTL ab diesem Sonntag, 23. August, jeweils wöchentlich um 19.05 Uhr.