Popcorn und Rollenwechsel: Die sind doch wohl blöd! (2020)
Seit mehr als zehn Jahren schreibt Sidney Schering schon seine Kolumne "Popcorn und Rollenwechsel". Irgendwann musste es doch zu einem Remake kommen!
Im Elektronikmarkt kann man sich herrlich aufregen. Ein schockierender Bericht über Medienregale beim Markt der Medien, dem Nachbarn des Jupiters und deren weniger namhafte Konkurrenz muss da her. Oder sogar ein zweiter! Denn als riesiger Filmfan, der Filme immer wieder erleben will, in seiner Wohnung stolz ausstellen möchte und den Streamingdiensten nicht traut, dass sie Titel wirklich dauerhaft im Programm behalten, und obendrein keine Lust darauf hat, dass Filme im Streaming von heute auf morgen zensiert werden …
Als solcher Filmfan fühlt sich dieser Kinokritiker und Kolumnist hier geradezu gezwungen, regelmäßig in Elektronikmärkte zu gehen und dort unerhörte Mengen an haptischen Medien zu kaufen. Netflix kann einen Film aus seinem Programm löschen, aber nicht nachts bei mir einbrechen, sich in meiner Filmsortierung zurecht finden, die Blu-ray-Hülle von «The LEGO Movie» öffnen und die Disc rausnehmen, ohne dass ich das bemerke und von meinem bürgerlichen Recht Gebrauch mache, Netflix wütend anzubrüllen.
Doch so toll und wichtig Elektronikmärkte auch sein mögen, weil sie Filme in schmucker, zumeist wetterfester Verpackung feilbieten. So sind sie zugleich Quell des Frustes. Innerhalb eines Jahrzehntes hat wirklich jeder Elektronikmarkt mindestens fünf Mal umgeräumt. Erst wurden Filme breit und stolz ausgestellt, nah am Eingang. Dann wurden sie in die hinterste Ecke verbannt und die Regale gestutzt, die Sonderausstellflächen gar abgeschafft. Klar, so bekämpft ihr die Übermacht des Onlinehandels und der Streamingdienste: Indem ihr euch selber winselnd auf den Boden schmeißt und jammert "Wir sind irrelevant!" Stöhn! Aber wenigstens haben die Elektronikmärkte später geschnallt, wie saudumm das ist. Und seither bauen sie die Filmregale wieder aus. Oh, und sie finden mehr und mehr Fläche für nerdige, geekige Fanartikel von Filmen, Serien und Videospielen, Angriff der Funkos!
Aber zurück zu den Filmausstellungsflächen. Denn sowohl das Stöbern als auch das gezielte Suchen eines bestimmten Films ist zu einem wahren Abenteuer geworden. Finde ich den Film an der Wand mit der alphabetischen Sortierung? Bei den aktuellen Angeboten (die eher "aktuelle" Angebote sind, weil diese Flächen nur alle paar Wochen umgestaltet werden)? Bei den Sonderangeboten? Oder auf diesem einen, langgezogenen Teil, auf dem DVDs und Blu-rays liegen, das keinerlei Ordnung erkennen lässt und auf dem einige Preise zu hoch sind, als dass dies eine dritte "Angebote"-Fläche sein kann?
Natürlich sind weiterhin in vielen Läden "Kinderfilme" gesondert ausgewiesen. Es sei denn, es handelt sich um Kinderfilme (oder "Kinderfilme") eines Studios, das seine eigene Fläche hat – und das sind mittlerweile immer mehr! Und die schönsten Läden mit dem größten Sortiment sind immer die Komiker, die ihre Filme nach Genres sortieren. Ja, vielen Dank auch, JörgÄn, da kann ich die neue «Zurück in die Zukunft»-Box bei "Komödie", "Fantasy", "Abenteuer", "Science-Fiction", "Western" und "KULT!" suchen. Schnaub! Wäre es doch nur ein Film aus Deutschland, dann wäre er vielleicht im "Deutsche Filme"-Regal. Aber auch nur, wenn es eines gibt. Japan hat fast immer eines!
Eines Tages drehe ich in Japan einen Film, in dem 20 Prozent der Dialoge in deutscher Sprache sind, 50 Prozent in englischer Sprache und 30 Prozent in einem sehr spezifischen französischen Dialekt. Ich werde es auf eine FSK-Freigabe "ab 0 Jahren" abzielen und es geht um Cowgirls aus dem Jahr 1818, die auf einem Einhorn in die ferne Zukunft des Jahres 2323 reisen. Es ist ein Kinderfilm über Verständigung und Freundlichkeit. Das Cover ist in Pastelltönen und gemalt. Als Bonusmaterial gibt es auf der Blu-ray aber ein derart brutales und sexuell explizites Horror-Musikvideo, das keinerlei Zusammenhang mit dem Film hat, aber dafür sorgt, dass die Disc ab 18 freigegeben wird. Sortiere das, Elektronikmarkt!